Ein chaotisches Jahr im Alpentransit

Der Transport durch die Schweiz von und nach Italien ist für Lkw-Fuhrunternehmen nicht so einfach. Zollpapiere müssen vorgelegt werden, es gibt eine hohe Maut und ein Nachtfahrverbot. Aber der Umweg beispielsweise über den Brenner ist häufig auch keine Alternative, da zu weit und zu teuer. Deshalb verschicken immer mehr Speditionen ihre Waren im Transit mit der Bahn (siehe VR 6/2018, Seite 16 bis 18). Aber auch bei der Bahn läuft es nicht rund. Das zeigen neue Zahlen zum alpenquerenden Güterverkehr durch die Schweiz, die das eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) veröffentlicht hat. Einbruch der Mengen auf der Schiene Trotz guter Konjunktur hat sich das Transportaufkommen im Schweiz-Transit 2017 auf der Straße wie auch auf der Schiene verringert. 2016 wurden 40,39 Millionen Tonnen durch die Schweiz befördert. Ein Jahr später waren es 38,8 Millionen Tonnen (- 3,9 Prozent). Auf der Schiene war der Rückgang mit 5,3 Prozent deutlich höher als auf der Straße (-0,6 Prozent). Damit ist der Anteil der Straße am Aufkommen im Transit leicht von 29,0 auf 30,0 Prozent gestiegen. Eine Entwicklung, die die Schweizer Politik mit Unbehagen sehen dürfte. Denn laut Güterverkehrsverlagerungsgesetz aus dem Jahr 2008 ist das Ziel von höchstens 650.000 Fahrten pro Jahr im alpenquerenden Güterschwerverkehr auf der Straße festgeschrieben - und zwar für 2018. Ein Jahr davor war die Zahl der Fahrten immerhin rückläufig, von 877.000 auf 859.000. Aber von der Zielmarke für dieses Jahr sind die Schweizer mit mehr als 200.000 Fahrten weit entfernt. Das geringere Aufkommen im Straßengüterverkehr hat seine Gründe. So ist der Tunnel am Großen St. Bernhard zwischen dem 21. September und dem 24. Dezember 2017 baustellenbedingt voll gesperrt gewesen. Aber auch bei anderen Übergängen kam es immer wieder zu unfall-, baustellen- und witterungsbedingten Sperrungen. Womöglich haben dann doch einige Spediteure den Weg über Österreich vorgezogen angesichts der Widrigkeiten in der Schweiz. Darauf deutet zumindest die Zahl der Lkw hin, die 2017 im Brenner-Transit gezählt wurden. Die liegt bei 2,256 Millionen nach 2,089 Millionen im Vorjahr: ein Anstieg um 8,0 Prozent. Auch an den beiden französischen Alpenübergängen wurde mehr Lkw registriert. Am Fréjus stieg die Zahl der Fahrten 2017 um 5,0 Prozent, am Mont Blanc um 2,3 Prozent. Rastatt-Sperre sorgt für Einbußen Einen herben Rückschlag mussten 2017 die Bahnen im Alpentransit durch die Schweiz hinnehmen. Das Aufkommen sank um 1,51 Millionen Tonnen (5,3 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr. Auch wenn dazu die 50-tägige Sperrung der Oberrheinstrecke bei Rastatt und damit die Blockade der wichtigsten nördlichen Zulaufstrecke zu den schweizerischen alpenquerenden Schienenachsen beigetragen hat, war das nicht die einzige Ursache. Das lässt sich an den Zahlen zum ersten Halbjahr 2017 ablesen, als das Aufkommen bereits um 1,5 Prozent gesunken war im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Im zweiten Halbjahr gab es mit minus 9,2 Prozent noch einen deutlich höheren Verlust. Und es gab weitere Beeinträchtigungen im Netz: So war die Luino-Route vom 11. Juni bis 8. Dezember durch Baumaßnahmen infolge der Realisierung des Vier-Meter-Korridors vollständig gesperrt. Weitere Bauarbeiten auf anderen Strecken führten immer wieder mal zu Sperrungen. Doch nicht nur Probleme mit der Infrastruktur sind die Ursache für den Rückgang der Mengen. Die Zahlen des UVEK lassen vermuten, dass auch die Nachfrage nachgegeben hat. Denn im Wagenladungsverkehr gab es 2017 einen Mengenrückgang von 20,5 Prozent. Als einen Grund dafür sehen viele die Verschiebung aufkommensstarker Papiertransporte zwischen Skandinavien und Italien auf die Brenner-Achse. Anders hingegen die Entwicklung im unbegleiteten Kombinierten Verkehr (KV): Dort stieg das Aufkommen 2017 um 1,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im ersten Halbjahr betrug das Plus sogar 6,7 Prozent. Die Bauarbeiten und Sperrungen im zweiten Halbjahr bescherten den Bahnen dann allerdings ein Minus in Höhe von 4,1 Prozent. Die Entwicklung in den letzten 20 Jahren zeigt, dass es trotz diverser Maßnahmen zugunsten der Bahn wie der Einführung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) 2001 nicht gelungen ist, den Anteil der Schiene am Alpentransitverkehr zu erhöhen. Er betrug im Jahr 1997 72 Prozent und 20 Jahre später 70 Prozent (siehe Grafik oben). Pünktlichkeit nicht zufriedenstellend Das UVEK hat für 2016 und 2017 auch die Pünktlichkeit der Züge im KV gemessen. Doch 2017 war kein gutes Jahr. Im ersten Halbjahr 2017 erreichten nur etwas mehr als die Hälfte (55 Prozent) aller Züge ihr Ziel pünktlich (Verspätung zwischen 0 und 30 Minuten). Der Anteil der Züge mit großer Verspätung (mehr als drei Stunden) betrug im Durchschnitt über 24 Prozent. (Vorjahr: etwa 22 Prozent). Das UVEK stellt dann den Bahnen auch kein gutes Zeugnis aus: "Insgesamt betrachtet bleibt die Qualität ... durch den Kombinierten Verkehr allerdings weiterhin nicht zufriedenstellend", heißt es. Mehr zum Thema im Dossier "Alpenquerender Verkehr" www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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