Die Top-Logistikstandorte in Deutschland

Man kann das Unwohlsein von Uwe Verres-Homm förmlich spüren: Die Frage nach dem besten Logistikstandort in Deutschland, die würde er am liebsten umschiffen wie ein Manager eines erfolglosen Fußballvereins die Frage nach der Trainerentlassung. Aber der Verantwortliche für die Studie "Logistikimmobilienstudie 2015" weiß, dass diese Frage unweigerlich kommt. Daher geht Verres-Homm in die Offensive und spricht dieses Thema bei der Präsentation der ersten Ergebnisse der Untersuchung während der Messe Expo-Real letzte Woche in München lieber gleich selber an. Jede Region hat ihre eigene Stärken Das hat den Vorteil, dass er zunächst mal vorausschicken kann: Ein solches Ranking ist mit großer Vorsicht zu genießen. Denn je nach Bedürfnis der Ansiedler, je nach Funktion des Logistikstandortes punkten die Regionen unterschiedlich: Wer eine gute Luftfrachtanbindung benötigt, wird den Rhein-Main-Raum bevorzugen. Für wen eine gute Hafenanbindung unverzichtbar ist, der wird lieber nach Hamburg oder Bremerhaven gehen, vielleicht noch nach Duisburg/Niederrhein. Die Fraunhofer-Wissenschaftler erstellen die Standort-Studie alle zwei Jahre. In diesem Jahr erscheint die vierte Auflage. Um die Top-Logistikregionen zu ermitteln, werden die Logistikattraktivität und die Logistikintensität bewertet. Bei der Attraktivität werden auf Stadt- und Landkreisebene anhand von 23 Bewertungskriterien die Rahmenbedingungen für Logistikansiedlungen geprüft. Dazu gehören Fragen wie die zur Verkehrswegeanbindung oder zu welchen finanziellen Konditionen man sich vor Ort niederlassen kann. Zudem wird die Logistikintensität geprüft, also was in der Region bereits in Sachen Logistik passiert: Wie viele Logistikflächen stehen zur Verfügung, wie viele Logistikdienstleister haben sich niedergelassen und wie viele Beschäftigte sind im Logistiksektor tätig? In die Kategorie "Champions" haben es demnach die Standorte Duisburg/Niederrhein, Hamburg und Rhein-Main geschafft. Als "Klassiker" folgen Berlin, Bremen, Hannover, Kölner Bucht, München, Nürnberg, östliches Ruhrgebiet, Rhein-Neckar, Stuttgart sowie Münster/Osnabrück. Zu den "Etablierten" zählen Leipzig/ Halle, Mitte D (um Kassel und Bad Hersfeld) sowie Schwaben. Die letzte Kategorie trägt den Namen "Verfolger". Verres-Homm legt Wert auf die Feststellung, dass auch diese Regionen überdurchschnittlich gut abschneiden und es keinesfalls ein Makel ist, wenn sie unter den Top-Logistikregionen das Schlusslicht bilden. In der Studie werden die einzelnen Standorte nach Funktionen unterteilt. "Jede Logistikregion hat ihre eigenen Stärken. Damit sind auch entsprechende Funktionen verbunden, weshalb ein Vergleich aller Regionen untereinander schwierig ist", betont Verres-Homm. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich der Markt für Logistikimmobilien weiter auf hohem Niveau entwickeln wird. "Die letzten Jahre haben wir pro Jahr ein Neubauvolumen in Höhe von etwa 3,5 Millionen Quadratmeter beobachtet. Mit diesem Volumen rechnen wir auch für 2015", sagt Verres-Homm. Bestätigt wurde er von Uwe Brackmann, Geschäftsführer des Bauunternehmens Goldbeck. Laut Brackmann verbaut Goldbeck pro Jahr etwa eine Million Quadratmeter Logistikfläche. Brackmann spricht von einem konstant hohen Volumen seit 2010: "In diesem Jahr sieht es sogar etwas besser aus." "Ein Treiber der Entwicklung ist ohne Frage das Wachstum im E-Commerce", sagt Verres-Homm. Für 2015 rechnet er mit knapp 600.000 Quadratmeter Neuflächenbedarf nach 500.000 Quadratmeter im Jahr 2014. Die Wissenschaftler haben unterschiedliche Szenarien erstellt, wie sich der Flächenbedarf je nach Umsatzverlauf im E-Commerce weiterentwickelt. Beim mittleren Szenario würde der Flächenbedarf bis 2020 auf knapp unter 800.000 Quadratmeter pro Jahr zulegen. Ein Problem, mit dem die Logistikbranche bei der Suche nach neuen Flächen zu kämpfen hat: In vielen Kommunen sind Logistikansiedlungen nicht sehr beliebt. Das bestätigt Andreas Fleischer vom Flächenentwickler Segro. "Die Gemeinden versprechen sich von anderen Gewerbeflächen höhere Steuereinnahmen und Beschäftigungseffekte", sagt Fleischer. Der schlechte Ruf von Logistikflächen Aber Kommunen profitieren laut der Studie durchaus von Logistikansiedlungen. "Eine durchschnittliche Logistikansiedlung schafft pro Hektar Grundstücksfläche 42 Arbeitsplätze und erwirtschaftet darauf eine jährliche Wertschöpfung in Höhe von 1,8 Millionen Euro", sagt Verres-Homm, wobei es je nach Ansiedlungstyp große Unterschiede gäbe. Brackmann warnt davor, Logistikflächen nicht gleichwertig zu anderen Gewerbeflächen zu betrachten. "Industrie und Handel und die Logistik gehen Hand in Hand", sagt der Manager, "ohne Logistikanlagen werden sich auch keine Industrie- und Handelsunternehmen ansiedeln." Wer genauer wissen will, in welcher Region welche Bedingungen herrschen, was deren Stärken und Schwächen sind, der findet in der Studie zu jeder Region ein sechsseitiges Detailprofil. Erhältlich ist die Studie Ende Oktober beim Fraunhofer Verlag (E-Mail: verlag@fraunhofer.de) zum Preis von 235 Euro (inklusive Mehrwertsteuer zuzüglich Versand). Mehr zum Thema im Dossier "Logistik-Immobilien" www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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