Die Kühne-Strategie

Seit 1. August 2022 ist Stefan Paul neuer CEO von Kühne + Nagel (K+N). Sein Start war perfekt: Pünktlich zum 1. März konnte der 54-Jährige glänzende Unternehmenszahlen präsentieren. So erwirtschaftete der Schweizer Speditions- und Logistikkonzern im Geschäftsjahr 2022 umgerechnet 39,45 Milliarden Euro Netto-Umsatz (+ 20 Prozent) und 2,8 Milliarden Euro Gewinn (+ 30 Prozent). Oder um es mit den Worten von Paul zu sagen: "So stark war Kühne + Nagel noch nie." Dass das Unternehmen so erfolgreich dasteht, hat viele Gründe, ist aber auch den pandemiebedingten Turbulenzen der Lieferketten in 2021 und 2022 geschuldet. Diese haben vielerorts die Frachtraten, insbesondere in der See- und Luftfracht, in die Höhe schießen lassen. Doch mittlerweile entspannt sich die Lage, die Weltwirtschaft schwächelt und die Kosten explodieren. Hinzu kommt, dass K+N mit neuen Wettbewerbern kämpft, die in das angestammte Geschäftsfeld des Konzern streben, etwa Reedereien und digitale Logistik-Start-ups. Neue Roadmap 2026 Als Antwort darauf hat das Unternehmen nun eine neue strategische Roadmap 2026 beschlossen, mit der - das ist das wichtigste Ziel - die Ertragskraft von K+N auch künftig erhalten bleiben soll. Die neue Strategie ist auf die nächsten vier Jahre ausgelegt und besteht aus vier Eckpfeilern: Qualität, Kundenzufriedenheit und Mitarbeitermotivation; Daten und Technologie als Wettbewerbsvorteil; Konkrete Lösungen zur Nachhaltigkeit mit dem Ziel, Kunden dabei zu unterstützen, ihren CO2-Footprint zu reduzieren; Erschließung von Marktpotentialen: geografische Wachstumspläne und hochmargige Service-Angebote Ziel ist Qualitätsführerschaft Wichtig hierbei: "Ziel von Kühne + Nagel ist es nicht, der günstigste Anbieter zu sein", betonte CEO Paul. "Wir wollen auch nicht die Preisführerschaft haben. Wir wollen (über einen weltweiten Qualitätsstandard - Anm. d. Red.) der vertrauenswürdigste Logistikpartner in 2030 werden." Die Einhaltung dieses Leistungsversprechens werde das Unternehmen auch nachhaltig mittels eines bestimmten "Scores" messen lassen. Gleichzeitig bekennt sich K+N klar zu seinen Mitarbeitern. Paul wörtlich: "Ohne Logistikexperten im Hintergrund hilft auch das beste IT-System nichts. Fracht kann man auch heute noch nicht beamen." Auch an seinem bisherigen Asset-Light-Ansatz hält K+N fest. "Wir werden nicht in Assets einsteigen", erklärte Paul, "nur fallweise, um für gewisse Großkunden Kapazitäten abzusichern." So verfüge das Unternehmen etwa in Frankreich mittlerweile über 1500 bis 2000 eigene ziehende Einheiten und habe auch vor wenigen Monaten zwei Boeing 747-8 Frachtflugzeuge übernommen. Einstieg in neue Geschäftsfelder Investieren will das Unternehmen dagegen gezielt in neue Geschäftsfelder und Märkte. Dazu sagte der CEO: "Wir suchen uns Märkte oder auch Industrien aus, für die die Eintrittsbarriere relativ hoch ist." Wichtige Wachstumspotenziale sieht er zum Beispiel im Sektor "Erneuerbare Energien", den das Unternehmen nun erschließen will. "Das ist für uns ein völlig neuer vertikaler Sektor, den wir bislang relativ wenig im Fokus hatten." K+N sei hier zwar in der Seefracht in der Projektlogistik fallweise schon tätig. Zusätzlich werde man nun aber auch die Kontraktlogistik (etwa kleine Kontraktlogistik-Satellitenlager für Ersatzteile), den Landverkehr und die Luftfracht entsprechend aufschalten. Zudem will sich das Unternehmen im Bereich "Semiconductors" (Chips & Equipment) mit seiner Luftfrachtsparte neu positionieren. Strategisches Ziel sind rund 500 Millionen Euro Umsatz in 2026 allein in diesem Segment. Unabhängig davon bleiben E-Commerce, Healthcare und Customs (Verzollung) weiterhin maßgebliche Wachstumsfelder, die Paul über noch mehr Qualität und Leistungseffizienz weiter strategisch ausbauen will. Gezielte Zukäufe mit Fokus Asien Auch geografisch will das Unternehmen weiter wachsen. "Asien ist absoluter Fokus", kündigte Paul an. "Denn Asien ist nach wie vor der Wachstumsmotor der Welt." Potenziale sehe er da sowohl im Domestic-Geschäft, der Kontraktlogistik, aber auch in der Erschließung neuer See- und Luftfracht-Verbindungen. Zudem werde sich K+N stärker um Afrika kümmern. "Afrika ist der Kontinent der Zukunft". Außerdem bleiben Zukäufe weiterhin ein Thema. K+N strebe da allerdings weniger Game-Changer-Akquisitionen an, präzisierte K+N-CFO Markus Blanka-Graff. Interessiert sei das Unternehmen eher an Firmen, die über eine "verdaubare Größe" verfügen und die Geschäftsfelder entsprechend ergänzen. Im Fokus stünden klar die Themen E-Commerce, Pharma und Asien. Kühne + Nagel: Glänzendes Geschäftsjahr 2022 Das Schweizer Speditions- und Logistikunternehmen Kühne + Nagel hat im Geschäftsjahr 2022 umgerechnet 39,45 Milliarden Euro Netto-Umsatz (+ 20 Prozent) und 2,8 Milliarden Euro Gewinn (+ 30 Prozent) erwirtschaftet. Die Conversion Rate, die das Verhältnis von EBIT zu Rohertrag der Gruppe beschreibt, lag laut Unternehmensangaben bei 33,9 Prozent. Größter Umsatzbringer war erneut der Geschäftsbereich Seefracht, der umgerechnet 19 Milliarden Euro Nettoumsatz und einen EBIT von 2,01 Milliarden Euro erwirtschaftete. Für das größte EBIT-Plus (+ 55 Prozent) sorgte bei K+N der Landverkehr. Konkret erwirtschaftete das Unternehmen hier ein EBIT von 146,8 Millionen Euro und einen Nettoumsatz von 4,02 Milliarden Euro (+ 8 Prozent). Im Geschäftsbereich Luftfracht erzielte K+N im Geschäftsjahr 2022 dagegen einen Nettoumsatz von 11,77 Milliarden Euro (+ 8 Prozent) und ein EBIT von 1,4 Milliarden Euro (+ 21 Prozent). Mehr zur K+N-Strategie auf www.verkehrsrundschau.de.

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