Die Fahrwerke kommen schwer in Fahrt!

Es war die Meldung des Jahres 2014: Jost wird Daimler TrailerAxleSystems übernehmen. Damit ging Jost den umgekehrten Weg wie SAF-Holland: Während Achsprofi SAF durch den Zusammenschluss mit Holland auch ins Sattelkupplungs- und Stützwindengeschäft einstieg, kam bei Jost durch die Übernahme das Geschäft mit "Neun-Tonnen-Standard-Trailerachsen" hinzu. Damit wurden aus einst reinen Trailerachsherstellern Systemanbieter, die für "alle Produkte unterhalb des Rahmens" verantwortlich sind. Ein weiterer Trend: Die großen Anhängerhersteller fertigen ihre Achsen selbst. Nachdem Schmitz Cargobull mittlerweile einen Großteil der Fahrzeuge mit den eigenen Rotos-Aggregaten bestückt, zog Krone zur IAA nach. Dazu übernahm man Gigant Achsen in Dinklage und modifizierte die Neun-Tonnen-Euro-Achse kurzerhand zur Krone-Achse. Den traditionellen Achsherstellern brechen so die beiden volumenmäßig größten Trailerhersteller weg. Entsprechend rüsten die Achshersteller software- und servicetechnisch weiter auf, was übrigens auch für die Bremshersteller gilt: Vor allem BPW, Knorr und Wabco investierten hier zuletzt viel Know-how, denn besonders bei den Vermietern sind exakte Datenerhebungen populärer denn je, wie Kim Raun, Geschäftsführer von Krone Fleet erklärt: "Die Nachfrage nach Dokumentation wird für uns als Vermieter deutlich steigen". Entsprechend legt er großen Wert auf die Auslesemöglichkeit von Balg-und Reifendrücken, denn der Aufwand für Reifen stellt laut Raun einen der größten Kostenblöcke im Verschleißbereich des Krone-Mietgeschäftes dar. Vermieter lesen gern aus der Telematik "Eine stetige Überwachung des Reifendruckes mit entsprechendem kurzfristigen Angleich an den Sollwert erhöht deutlich die Laufleistung und minimiert somit auch im Sinne unseres Kunden die Kosten", erklärt Raun, zumal Reifenpannen nicht selten der Grund für Stillstandszeiten sind. Entsprechend eröffnet die Dokumentation von Reifendrücken laut Raun die Möglichkeit, "präventiv Ausfallzeiten und Kosten deutlich zu minimieren." Ähnliches praktizieren verstärkt auch die Lkw-Hersteller, die via Telematik ermittelte präventive Reparatur- und Servicetermine bündeln. Die Dokumentation von Balgdrücken interessiert Raun, um Überladungen oder falsche Einsatzspektren nachzuweisen. In die Telematik integriert, können so Aussagen über den Beladungszustand des Aufliegers getroffen werden, wodurch sich sowohl für den Vermieter als auch für den Kunden verbesserte "Steuerungsmöglichkeiten" ergeben sollen. Mit der Dokumentation von Fahr- und Standzeiten möchte Krone Produkte entwickeln, die individuell auf das Einsatzprofil des Kunden ausgerichtet sind. Als Beispiel nennt Raun die Möglichkeit, Wartungsarbeiten an Aggregaten während einer erkannten wiederkehrenden Standzeit des Trailers beim Kunden auszuführen. Insofern liegen BPW, Knorr und Wabco mit der Weiterentwicklung ihrer Softwareaktivitäten goldrichtig. Aber auch hardwareseitig werden Achsen und Bremsen weiterentwickelt: So ging es Wabco bei der neuen Maxx 22 T genannten Druckluftscheibenbremse für Trailer ums Abspecken: Mit 32 Kilogramm soll sie bis zu vier Kilo leichter sein als Konkurrenzund Vorgängermodelle und laut Pressesprecherin Nina Friedmann "die leichteste Bremse mit Einstempeltechnologie der Branche" sein. Macht im Idealfall bis zu 24 Kilo Gewicht, was sich auch auf Fahreigenschaften und Verbrauch positiv auswirkt. Dass Wabco der Einstempeltechnologie treu bleibt, begründet Friedmann ebenfalls in erster Linie mit dem Gewicht: "Damit können gegenüber der Doppelstempeltechnologie mehr als 50 Prozent der Teile eingespart werden. Entsprechend ist auch das Fehlerrisiko bei der Einstempeltechnologie geringer. Zudem haben alle Wabco-Bremsen eine bi-direktionale Nachstelleinheit, was das Risiko von Heißläufern mindert." Um das Gewicht der neuen Maxx 2T gegenüber dem Vorläufer (Pan 22) auf die aktuellen 32 Kilogramm erreichen zu können, gestaltete Wabco Bremssattel und Bremsenträger auf Basis aktuellster Computermodelle komplett neu. Außerdem optimierte man das Finite-Elemente-Methode-Berechnungsmodell auf Basis der zehnjährigen Erfahrung mit Pan 22. Des Weiteren stimmte man das Bremsendesign auf den Gieß- und Fertigungsprozess ab. Und aus dem geteilten wurde ein Monoblock-Bremssattel. Auch SAF optimierte die Gewichte: Seit Februar kommt bei den SAF-Intra-Aggregaten eine neue Stahl-Haltebockserie zum Einsatz. Dabei wurde am Haltebock die Anlage für die Exzenterscheibe ins Basisbauteil integriert, was das angeschweißte Anlageblech hinfällig machte. So konnte man laut Marketing-Manager Stephan Kleinschnitz ein Kilo pro Achse holen. Serviceseitig legte man mit dem Safe-andeasy-Paket nach, das eine Kilometerpauschale berücksichtigt. Wie heiß das Thema Gewicht bleibt, kann man auch an der jüngsten BPW-Übernahme erkennen: Die Wiehler Achsenprofis übernahmen am 1. Januar 2015 die Kaiserslauterner Firma Adete, was für die Advanced Engineering & Technologies GmbH steht. Adete ist Spezialist für die Entwicklung und Umsetzung innovativer Kunststoff- und Faserverbund-Leichtbaulösungen. Die Übernahme erklärt Bert Brauers, Mitglied der Geschäftsleitung Konstruktion, Entwicklung und Versuch bei BPW, so: "Kunststofflösungen erlangen immer größere Bedeutung in der Nutzfahrzeugbranche, gerade weil die Anforderungen an geringen Energieverbrauch und hohe Wirtschaftlichkeit beständig steigen. Durch den Einsatz von Kunststoffen können wir zusammen mit den Fahrzeugherstellern noch leichtere Fahrzeuge realisieren." Was den Kunden wiederum helfen soll, die Kosten weiter zu optimieren. Als bereits umgesetztes Beispiel nennt Brauers den Eco Air Lufttank der dänischen BPW-Tochtergesellschaft HBN Teknik. Dass BPW Kunststoff durchaus als Material für komplette Achsen sieht, demonstrierte man auf der IAA, wo man den gemeinsam weiterentwickelten Prototyp einer Leichtbauachse aus faserverstärktem Kunststoff zeigte. Außerdem erschließt sich BPW mit Adete weitere Märkte: Denn die bisherigen Projekte im klassischen Maschinenbau, die Marinetechnik, der Energiesektor oder die Medizintechnik, laufen unabhängig von der BPW-Übernahme weiter. Der erste Januar war dann auch für die Jost-Gruppe der entscheidende Termin: Mit der Übernahme von Mercedes-Benz TrailerAxleSystems kehrt die Daimlersche Achsfertigung als Überbleibsel der Henschel-Fahrzeugwerke nach gut vier Jahrzehnten wieder in hessische Hände zurück. Die Kunden von Mercedes-Benz TrailerAxleSystems werden nach der Übernahme durch Jost alle aktuellen Produkte in gewohnter Qualität erhalten. Die Verwaltung von Mercedes-Benz TrailerAxleSystems wird neu strukturiert und in die Jost-Organisation integriert. Insider erwarten sich davon wieder einen Schub bei den Neuentwicklungen, nachdem Daimler in Sachen Trailerachsen eher zurückhaltend unterwegs war. Letzter Neuzugang war die "Pavemaster", speziell für den Baustellen- respektive Fertigerbetrieb, die vor allem mit geringem Gewicht bei hoher Robustheit glänzen soll. Das Gewicht will man gegenüber den vorherigen Varianten um bis zu zehn Kilo gesenkt haben. Außerdem achtete man darauf, die Luftbälge so zu verlegen, dass diese wenig Hitze des Fertigers abbekommen. Zur IAA präsentierte Jost außerdem zahlreiche Tridec-Neuheiten. Mit der DL-S genannten Einzelradaufhängung für Tieflader will man von der stark anziehenden Nachfrage nach Einzelradaufhängungen im diesem Segment profitieren. Auch die DL-S soll mit höheren Nutzlasten, größeren Bauräumen und besseren Fahreigenschaften punkten. Tridec setzt auf eine geteilte Aufhängung, die eine zulässige Achslast von bis zu zwölf Tonnen pro Achslinie ermöglichen soll. Mit nur 675 Kilogramm Eigengewicht soll die DL-S laut Tridec deutlich leichter ausfallen als vergleichbare Systeme. Geführt wird die DL-S an Dreieckslenkern, die mit wartungsfreien Gummilagern am Fahrzeugrahmen befestigt sind. Doppelt wirkende Hydraulikzylinder mit abgedeckten Kolbenstangen übernehmen die Federung. Für die Wankstabilität bietet Tridec große Federwege von 200 Millimetern beim Ausund 100 Millimetern beim Einfedern sowie das integrierte Stabilisierungssystem. Die hydraulische Federung bietet zudem die Möglichkeit eines Achslifts an einer oder mehreren Achsen. Ein weiterer Vorteil der Einzelradaufhängungen sind die hohen Lenkeinschlagwinkel, die bei der DL-S abhängig von der Breite des Zentralrahmens bis zu 57 Grad betragen sollen. Die DL-S lässt sich auch mit einem Tridec-Lenksystem kombinieren: Optional auch mit der elektronisch-hydraulischen Steuerung Tritronic mit automatischer Höhenregulierung, manueller Nachlenkung und automatischer Nachspurung. Die Ladehöhe gibt Tridec bei 17,5-Zoll-Bereifung mit nur 890 Millimetern an. Als Bauraumbreite zwischen den Rädern nennt Tridec bis zu 650 Millimeter. Die Wartungszeiten sinken weiter Dass der Druck auch hinsichtlich der Reparatur- und Wartungskosten stieg, sieht man an der Konstruktion, die Tridec so wartungsarm wie möglich ausführte: So sind laut Pressesprecherin Monika Smilovic alle Lager an den Dreieckslenkern sowie an den Hydraulikzylindern aus hochwertigen Materialien wartungsarm ausgeführt. Die Bremstrommel sitzt vor der Nabe, wodurch sich die Trommeln abnehmen und die Bremsbeläge wechseln lassen, ohne das Radlager öffnen zu müssen. Bei der neuen, HF-E genannten hydraulischen Lenkung für Tieflader überträgt ein Lenkkeil, der in die Sattelkupplung greift, die Lenkbewegungen des Zugfahrzeugs auf das Hydrauliksystem. Das wiederum überträgt die Lenkbewegungen an die erste der gelenkten Achsen. Alle übrigen gelenkten Achsen werden mittels Lenkstangen von dieser Achse aus gelenkt. Dabei erreicht die HF-E je nach Achsausführung Einschlagwinkel von bis zu 45 Grad. Auch hier optimierte die Jost-Tochter die Wartung: Die Schmierstellen an den Lenkeinheiten entfielen. Jetzt müssen nur noch die Lenkkränze geschmiert werden. Außerdem ersetzte Tridec diverse Schweißgruppen durch Gussteile. Ein Vorteil für die Fahrzeugbauer ist darüber hinaus, dass Tridec jedes HF-E-Lenksystem vormontiert und fertig eingestellt ausliefert. Der Fahrzeugbauer kann das komplette System einfach mit dem Fahrgestell verschrauben. Die Manövrierfähigkeit unterstützt neben der manuellen Lenkung die elektronische Fernbedienung Tritronic. Wie sich das Ganze per App steuern ließe, versucht derweil Knorr zu optimieren: Theoretisch bietet ITAP hier (fast) alle Möglichkeiten, womit wir wieder beim Stichpunkt "autonomes Fahren" wären, was gerade im Schwerverkehr hochinteressant wäre. Wie gesagt: Das Segment der Achsen und Bremsen dreht sich aktuell schneller denn je!

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