Die Bahn auf dem Überholgleis

Von einem Boom kann zwar auch keine Rede sein. Aber: Wer im Marktsegment Kombinierter Verkehr (KV) tätig ist, der kann zumindest mit soliden Wachstumsraten rechnen. So geht die aktuelle Sommerprognose des Bundesverkehrsministeriums von einer Zunahme im Intermodalverkehr für das Jahr 2016 in Höhe von 2,4 Prozent bei der Transportleistung aus. Für das kommende Jahr bleibt es bei dem Wachstumstempo. 2018 rechnen die Experten sogar mit einem Plus von 3,0 Prozent. Die Westhäfen stehen im Fokus Auch Contargo will auf diesen Zug aufspringen und vermehrt Kisten und Kästen auf Waggons transportieren. "Der Anteil der Schiene im Modal Split beträgt bei uns derzeit etwa ein Drittel. Wir wollen ihn in den nächsten fünf Jahren auf 50 Prozent schrauben", sagte Heinrich Kerstgens, Geschäftsführer von Contargo, am Rande des Deutschen Logistik-Kongresses in Berlin. Contargo transportiert Container von und zu den Seehäfen. Ursprünglich stand bei dem Netzwerkspezialisten das Binnenschiff als Verkehrsmittel im Fokus. Daher ist das Unternehmen vor allem zwischen Rotterdam und Antwerpen entlang der Rheinschiene tätig. Wobei das Wort "Schiene" immer wichtiger wird. "Wir halten es für sinnvoll, stabile Zugsysteme zu haben und wollen daher unser Bahnangebot weiter ausdehnen", kündigte Kerstgens an. Derzeit werden 80 eigene Züge pro Monat angeboten, hinzukommen weitere 76 mit Partnerunternehmen. Der Vorteil der Bahn: Wenn zum Beispiel Niedrigwasser auf dem Rhein herrscht, werden Kapazitäten auf dem Binnenschiff knapp und damit auch teurer. Dann gibt es mit der Bahn eine Alternative. Daher rüstet das zur Rhenus-Gruppe gehörende Unternehmen seine Terminals auf. Insgesamt gehören 25 Containerterminals zu Contargo. Ein neues soll in Voerde-Emmelsum in Nordrhein-Westfalen hinzukommen, weitere Ausbauprojekte sind unter anderem im Terminal Neuss, im Industriepark Frankfurt Höchst und in Basel geplant. Und im Güterverkehrszentrum Hof soll ein Ausbau des Bahnterminals die Grundlage für eine Verbindung im 24/7-Betrieb zwischen Süd- und Mitteldeutschland und Hamburg und Bremerhaven sein. Um die Bahn weiter zu forcieren, hat Contargo im Juli 2016 die Contargo Rail Services (CRS) gegründet. "Wir wollen die neue Gesellschaft als leistungsstarken KV-Operateur im intermodalen Sektor Straße/ Schiene etablieren", sagte Michael Lückenbach, Co-Geschäftsführer der CRS. Westhäfen wollen weniger Lkw "Der Schwerpunkt sind und bleiben die Westhäfen", sagte Kerstgens. Vor allem dort wolle man "links und rechts des Rheins" neue Mengen für die Bahn gewinnen. "Zum einen bedingt durch das Wachstum im Containerverkehr. Zum anderen haben Rotterdam und Antwerpen angekündigt, dass sie Transporte per Lkw weiter zugunsten von Bahn und Binnenschiff reduzieren wollen." Unverzichtbar ist jedoch der Lkw, wenn es darum geht, Container im Vor- und Nachlauf zu den Terminals zu transportieren. 20 bis 30 Prozent der Transporte wickelt Contargo mit Rhenus-eigenen Fahrzeugen ab. Den Rest teilen sich langjährige Partner als Frachtführer und Anbieter am Spotmarkt. Lkw-Frachtraum zu finden, ist laut Kerstgens regional unterschiedlich schwer. "Ein Problem jedoch, das fast alle haben: Es gibt keine gleichmäßige Auslastung", sagte er. Weil die Seeschiffe in der Regel am Wochenende in den Häfen eintreffen, wickelt Contargo 50 Prozent seiner Transporte im Hauptlauf von und zu den Häfen am Freitag und Samstag ab. Montag ist mit 30 Prozent auch noch ein starker Tag, aber danach herrscht bis Freitag nahezu Ebbe zu verzeichnen. "Zudem schließen viele Annahmelager schon ab 14.00, 15.00 Uhr, sodass am Vormittag der Bedarf an Containertruckern groß ist, am Nachmittag aber diese Nachfrage sinkt und es damit den Truckern schwerfällt, ihre Kapazitäten gut auszulasten", sagte Kerstgens. Würde man diese "Peaks" glätten, so seine These, "könnten alle Beteiligten mit dem gleichen Material doppelt so viel fahren und damit auch die Infrastruktur besser auslasten". Gerade wegen dieser Peaks ist eine schnelle Abwicklung im Terminal wichtig. "Wir streben an, dass die Trucker nicht länger als 30 Minuten im Terminal sind", sagte Kerstgens. Aber es kommt immer wieder zu Staus. Das will Contargo über ein Softwaretool ändern, das im Terminal Basel erfolgreich erprobt wurde. Fahrer sollen sich per App oder Internet vorher anmelden, können einige Formalitäten klären und erhalten dann ein Zeitfenster. "Damit kommt es zu weniger Staus und unsere Anlagen sind besser ausgelastet", sagte Kerstgens. Mehr finden Sie im Dossier Kombinierter Verkehr www.verkehrsrundschau.de/dossiers Intermodal-Tochter der CMA CGM Bahn soll mehr Container befördern CMA CGM gehört zu den Top drei der größten Containerreedereien der Welt."Wir wollen den Modal Split der Schiene im Hinterland von derzeit 15 Prozent auf 20 Prozent steigern", sagt Patrick Kockx, Geschäftsführer der ILS Benelux, eine Tochter von CMA CGM. Kockx ist verantwortlich für die Logistik und die Intermodalverkehre.Eine solche Aussage von CMA CGM hat schon ein großes Gewicht. Die Reederei mit Sitz in Marseille zählt immerhin 536 Schiffe in ihrem Besitz, mit denen etwa 200 Schifffahrtslinien betrieben und 420 Häfen weltweit angefahren werden. Die Gesamtkapazität der Schiffe beträgt 2,4 Millionen TEU (20 Fuß-Container). Im letzten Jahr hat die Reederei 18 Millionen TEU befördert.65 Prozent des Hinterlandvolumens in Europa befördert CMA CGM mit dem Binnenschiff. Die Bahn kommt derzeit auf 15 Prozent, der Lkw auf 20 Prozent. Bis wann die Reederei den Anteil der Schiene auf 20 Prozent erhöht, dazu wollte Kockx keine Auskunft geben. Wichtig sei, dass die Ankunftszeiten der Züge passen müssen. In den Westhäfen ist das Angebot an Binnenschiffen viel größer, weshalb hier auch eine größere Flexibilität im Vergleich zur Bahn existiert. Die Reederei, die im Hafen von Antwerpen auch Miteigner eines Terminals ist, will vor allem weniger Lkw einsetzen. Als Grund nannte Kockx die Verringerung von CO2-Emissionen. cd

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