Bonn. Die deutschen Häfen schlugen im Jahr 2020 knapp 2,1 Millionen Ladungsträger (Einheiten) mit 27,4 Millionen Tonnen Ladung im RoRo-Verkehr um, ein Rückgang um 7 Prozent gegenüber 2019. Damit liegen die deutschen Häfen in der Range von der Bretagne bis Polen vor den französischen, niederländischen und belgischen Häfen auf Platz 1 in Nordeuropa.
Das Gros der Verkehre entfällt dabei auf die deutschen Ostseehäfen, die vor allem mit den polnischen Häfen im Wettbewerb stehen. Mittelbar besteht auch ein Wettbewerb zu belgischen Häfen im Schweden- und Finnland-Verkehr.
Der RoRo-Verkehr enthält neben den internationalen RoRo-Verkehren auch den Güterverkehr der Inselfähren, der insbesondere in den deutschen Nordseehäfen einen hohen Anteil hat. Dieser Bereich wurde in der Untersuchung nicht berücksichtigt, sondern ausschließlich der RoRo-Verkehr, der im internationalen RoRo-Verkehr tätigen Häfen betrachtet. In Deutschland sind dies Kiel, Puttgarden, Lübeck, Rostock, Sassnitz/Mukran und Cuxhaven.
Jüngste Zahlen zeigen, dass die RoRo-Verkehre zwischen den Häfen der betrachteten Range und dem Ostseeraum in 2020 nur leicht zurückgegangen und in den ersten beiden Quartalen 2021 stark angestiegen sind. Die jüngste positive Entwicklung war in allen Teilen der Range zu beobachten.
RoRo-Verkehre der deutschen Häfen nach Ladungsträgern
Das Volumen der RoRo-Verkehre ist seit den frühen 2000er Jahren insgesamt zurückgegangen, was jedoch vor allem auf den Bedeutungsverlust des Transports von Eisenbahnwaggons und Spezialtrailern zurückzuführen ist. Das Volumen der Lkw- und Trailerverkehre lag in den vergangenen Jahren stabil bei insgesamt bei rund 25 Millionen Tonnen pro Jahr.
Die begleiteten Verkehre in den deutschen Häfen konzentrieren sich auf die kürzeren Seestrecken mit Dänemark (Puttgarden-Rödby, Rostock-Gedser) und Südschweden (Travemünde-Malmö, Travemünde-Trelleborg, Rostock-Trelleborg), während unbegleitete Trailer auf Langstrecken wie Travemünde-Helsinki, Rostock-Hanko oder Cuxhaven-Immingham dominieren. Auf den kurzen Routen im Ostseeraum sind neben der Landroute über Jütland und die Öresundbrücke nur die polnischen RoRo-Häfen direkte Wettbewerber.
Aus dieser Spezialisierung ergibt sich, dass die Zusammensetzung der Verkehre mit den verschiedenen Korrespondenzmärkten variiert. Dänemark und Schweden sowie Litauen und Lettland werden vor allem im begleiteten Verkehr bedient, während in Finnland, Russland und Estland Trailerverkehre überwiegen.
Hauptrelationen der deutschen Häfen für begleitete Lkw-Verkehre
Die wichtigsten Routen für den begleiteten Verkehr sind Puttgarden-Rødby, Rostock-Trelleborg und Travemünde-Malmö. Etwa zwei Drittel der begleiteten Verkehre in den deutschen Häfen entfallen auf eine dieser drei Routen. Dabei ragt die Route Puttgarden- Rødby als Verbindungen mit der kürzesten Seestrecke besonders heraus. Hier werden verhältnismäßig kleine Einheiten eingesetzt, die jedoch mit einer sehr hohen Frequenz fahren. Unbegleitete Verkehre werden auf dieser Route nicht angeboten. Zu den Reedereien, die Routen mit hohen Volumen begleiteter Verkehre anbieten, gehören Scandlines, Stena Lines, TT-Line, Nordö-Link und DFDS.
Hauptwettbewerber sind die polnischen Häfen mit ihren regelmäßigen Verbindungen nach Südschweden. Nach dem EU-Beitritt Polens im Jahr 2004 entwickelten sich diese Verbindungen besonders dynamisch und ein Teil der ehemals über deutsche Häfen abgewickelten Verkehre wurde in polnische Häfen verlagert. Dennoch stieg das Aufkommen bis 2007 auch in deutschen Häfen stetig. Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 erholte sich das Volumen wieder und der Marktanteil der deutschen Häfen im begleiteten Verkehr mit Schweden und Dänemark ist seit 2017 konstant bei ca. 67 Prozent.
Hauptrouten deutscher Häfen für unbegleitete Trailerverkehre
Die wichtigsten Märkte für unbegleitete Trailerverkehre sind Finnland, Schweden und – mit einigem Abstand – Litauen und Großbritannien. Auf den meisten Linien sind sowohl begleitete als auch unbegleitete Verkehre möglich, sodass einige Linien für beide Arten von Verkehren von großer Bedeutung sind.
Dänemark – einer der wichtigsten Märkte für begleitete Verkehre – spielt aufgrund der kurzen Distanz für unbegleitete Verkehre nur eine geringe Rolle. Umgekehrt werden Finnland und Großbritannien fast ausschließlich im unbegleiteten Verkehr bedient.
Der Hauptwettbewerber im unbegleiteten Verkehr sind die belgischen Häfen Ghent, Zeebrugge und Antwerpen. Da es sich hier jedoch vor allem um Ladung aus dem Hinterland der Westhäfen handelt, wäre eine Verlagerung auf RoRo-Routen der deutschen Häfen mit erheblichen zusätzlichen Lkw-Transporten verbunden.
Insgesamt liegt das Volumen der begleiteten Verkehre 2019 seit 2009 deutlich unter dem Volumen vor der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009. Vergleicht man die Entwicklung mit der Marktentwicklung mit der im begleiteten Verkehr (s. Abbildung 5), so ist eine Verschiebung hin zu begleiteten Verkehren zu erkennen. Der europaweite Mangel an Lkw-Fahrern, der sich in den vergangenen Jahren weiter verschärft hat, und die verstärkten Bestrebungen zur Senkung der Treibhausgasemissionen im Transportsektor, die in den kommenden Jahren zu erwarten sind, könnten hier in den kommenden Jahren zu einer Trendwende hin bzw. zurück zu intermodalen Konzepten mit unbegleiteten Verkehren führen.
„Uns war es wichtig, auf die Vielfalt hinzuweisen, die der Kurzstreckenseeverkehr bietet. Die Mengen kommen nicht nur zum Beispiel aus dem Containersegment und Überseeverkehr, sondern auch RoRo Verkehre über spezialisierte Häfen bringen den deutschen Seehäfen einen hohen Ladungsanteil“, freut sich spc Geschäftsführer Markus Nölke über das Ergebnis der Ausarbeitung des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) im Auftrag des spc.
„Ferner leisten die RoRo Verkehre einen großen Beitrag möglichst viel Ladung über den Wasserweg zu transportieren. Mit dem starken KV-Angebot der deutschen Seehäfen im Hinterlandverkehr wird sogar der überwiegende Teil der Transportkette äußerst ökologisch abgebildet“ ergänzt Nölke. (ste)