Der smarte Tachograf kommt

Die Einführung des neuen, intelligenten Tachografen naht. Während der deutsche Gerätehersteller VDO den Genehmigungsprozess für seinen DTCO 4.0 schon Anfang des Jahres abgeschlossen hat, hat auch der britische Hersteller Stoneridge für seinen neuen Fahrtenschreiber SE5000 die Typengenehmigung vermeldet und liefert die ersten Geräte an OEM-Kunden aus. Laut neuer Tachografenverordnung müssen ab dem 15. Juni 2019 alle neu zugelassenen Lkw den neuen, smarten Tachografen an Bord haben (siehe auch Kasten). Die Einführung der neuen Tachografen-Generation bringt eine ganze Reihe von Neuerungen mit sich. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen: Brauche ich jetzt neue Tachografenkarten? Neue sowie alte Karten seien mit allen DTCO-Tachografen kompatibel, betont VDO. Die Fahrer- und Flottenkarten bleiben demnach bis zu ihrem Ablaufdatum gültig und werden dann automatisch von den Behörden durch die neue Generation der Fahrer- und Flottenkarten ersetzt. Allein Werkstätten müssen schon jetzt eine neue Werkstattkarte beantragen, um die neuen Prüfvorgaben zu erfüllen. Was ändert sich bei den Kontrollen? Die EU-Verordnung 165/2014 fordert unter anderem eine standardisierte DSRC-Schnittstelle (Dedicated Short Range Communication) im smarten Tachografen, über die ausgewählte Informationen quasi im Vorbeifahren an die Geräte der Kontrollbeamten übermittelt werden können. Dabei handelt es sich um Fahrzeug- und Kalibrierungsdaten, Informationen über Sicherheitsverletzungen und aufgetretene Fehlfunktionen des Tachografen. Das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) hat nach eigenen Angaben im Rahmen eines Pilotprojekts bereits einen Teil der Kontrollfahrzeuge des Straßenkontrolldienstes mit der entsprechenden DSRC-Reader-Technik ausgerüstet. Sobald die sogenannten Kontrollchipkarten des Kraftfahrtbundesamts vorliegen und die entsprechenden Tests durchgeführt wurden, soll die Technik voraussichtlich bis Mitte dieses Jahres funktionsfähig und einsatzbereit sein, teilt das BAG mit. Wie stelle ich sicher, dass Fahrer- und Fahrzeugdaten weiterhin gesetzeskonform ausgelesen und archiviert werden? Aufgrund neuer Verschlüsselungstechnik müssen Downloadtools und Flottenmanagementsoftware auf den neuen Stand gebracht werden. Bei VDO geschieht dies teilweise automatisch: Produkte der DLD-Familie für den automatisierten Download aktualisieren sich etwa per Over-theair-Update von alleine. Für die Produkte zum manuellen Download - die DLK-Familie - bietet VDO eine Aktualisierung per Update-Karte an. Gerätegenerationen, die älter sind als die DLK-Pro-Produktfamilie und als der Downloadterminal DLT Pro, werden laut Hersteller allerdings nicht mehr in der Lage sein, Daten aus dem DTCO 4.0 herunterzuladen und zu archivieren. Flotten, die diese Tools verwenden, müssen zu aktuelleren Modellen wechseln, um die gesetzlichen Vorgaben auch beim smarten Tachografen erfüllen zu können. Welche Daten werden weitergegeben? Die in der neuen EU-Tachografenverordnung definierte ITS-Schnittstelle kann rund 70 verschiedene Daten übertragen. Mit rund 50 wird der Großteil davon als personenbezogen klassifiziert. Das fängt beim Namen des Fahrers und dem Ablaufdatum der Fahrerkarte an und reicht über detaillierteste Stati die Lenk- und Ruhezeiten betreffend bis hin zu den per GNSS erfassten Positionsdaten. Eine komplette Auflistung der über das ITS-Interface verfügbaren Daten kann auf der Internetseite der Europäischen Kommission im Dokument "Commission Implementation Regulation (EU) 2016/799, Appendix 13" (Seite 427 bis 429) eingesehen werden. Die dort als "persönlich" klassifizierten Daten dürfen laut Tachografenverordnung nur dann vom Gerät weitergegeben werden, wenn der Fahrer dies ausdrücklich genehmigt hat. Was bedeutet das für Peripherie-Anwendungen wie Telematik? Das Einholen dieser Genehmigung geschieht bei VDO und Stoneridge in ähnlicher Weise: Beim erstmaligen Stecken einer Fahrerkarte in den Tachografen werde der Fahrer gefragt, ob er der Ausgabe von personenbezogenen Daten zustimmt oder nicht, erklärt Olaf Horwarth, Inhaber des Schulungsanbieters SBS und Mitglied im Tachografenforum der EU-Kommission. "Verweigert der Fahrer seine Zustimmung, dürfen diese Daten gemäß Anlage 13 zum technischen Anhang 1C der Tachografenverordnung für externe Anwendungen nicht zugänglich sein", gibt der Experte zu bedenken. Ob Telematiksysteme auch ohne Zustimmung des Fahrers künftig die Lenk- und Ruhezeiten abgreifen können, hängt demnach davon ab, auf welche Weise sie diese Daten einfließen lassen. "Weiterhin möglich ist der Remote-Download der Daten, da dieser in der Betriebsart Unternehmen nicht von der Zustimmung des Fahrers abhängt", so Horwarth. Systeme, die Lenk- und Ruhezeiten bislang in Echtzeit über die Tachografen-Schnittstelle D8 haben einfließen lassen, werden nach jetzigem Kenntnisstand ohne Fahrerzustimmung über diesen Weg keine personenbezogenen Daten mehr aus dem smarten Tachografen beziehen können. Mehr zum Thema im Dossier Digitaler Tachograf www.verkehrsrundschau.de/dossiers In Kürze Das ist neuDie neue Tachografenverordnung (EU) 165/2014 tritt am 15. Juni 2019 in Kraft. Dann müssen neu zugelassene Lkw mit dem neuen, smarten Tachografen ausgerüstet sein. Eine Nachrüstpflicht gilt erst ab 15. Juni 2034, und auch nur für Altfahrzeuge, die im grenzüberschreitenden Verkehr eingesetzt werden. Die neue Tachografenverordnung sieht eine standardisierte DSRC-Technologie vor, das steht für Dedicated Short Range Communication. Eine integrierte Remote-Control-Funktion soll gezieltere Kontrollen der Fahrzeuge ermöglichen. Zudem gibt es eine Anbindung an ein globales Satellitennavigationssystem (GNSS). Darüber werden künftig die Positionsdaten automatisch erfasst, die auch zur Unterstützung des Flottenmanagements genutzt werden können. Neu ist zudem die sogenannte ITS-Schnittstelle (Intelligent Transportation Systems), die zahlreiche Informationen aus dem smarten Tachografen bereitstellt. mh Statement Ein Meilenstein der DigitalisierungBald ist es so weit: Am 15. Juni 2019 wird der "Smart Tachograph" eingeführt. Ein weiterer Schritt in der Digitalisierung des Straßengüterverkehrs. Die neuen Funktionen werden der Transport- und Logistikwirtschaft eine Vielzahl an Vorteilen bieten.So könnten mit der automatischen Erfassung der Positionsdaten nicht nur Missbrauch geltender Kabotagevorschriften vorgebeugt und Manipulationen am Tachografen über die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten verhindert werden, sondern gleichzeitig Fahrern die tägliche Praxis bei der korrekten Aufzeichnung ihrer Sozialvorschriften erleichtert werden. Doch nicht nur Unternehmen bietet der smarte Tachograf einen Mehrwert, gleichermaßen profitieren die Kontrollbehörden von der neuen Technologie. Durch die Erfassung der Daten durch Fernkommunikation könnten lästige Überprüfungen auf Verdacht auf Rastplätzen bald der Vergangenheit angehören und Unternehmen deutliche Zeitersparnisse liefern. Neu ist auch, dass die sogenannte ITS-Schnittstelle (Intelligent Transportation Systems) Transport- und Logistikunternehmen zahlreiche Informationen und Daten aus dem intelligenten Fahrtenschreiber übermitteln kann, aus denen wiederrum Effizienzpotenziale zur Verringerung von Treibstoffkosten oder CO2 -Emissionen aufgedeckt werden können. Jedoch muss bei der Verwendung sichergestellt sein, dass datenschutzrechtliche Bestimmungen eingehalten werden.Der "Smart Tachograph" ist mit seinen zahlreichen neuen Funktionen sicher kein Allheilmittel, jedoch ein weiterer wichtiger Schritt Richtung Digitalisierung der Branche.Der BWVL vertritt die Interessen von rund 1200 Unternehmen aller Größenordnungen aus Industrie und Handel in puncto Transport und Logistik. Mehr unter:www.bwvl.deLea Metzler, stellvertretende Geschäftsführerin Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL)

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