Der Schlüssel zum Vertriebserfolg

Für Ralf Wiemann ist Multitasking fester Bestandteil des Berufsalltags. Als Vertriebsleiter des Marler Entsorgungslogistikbetriebs VEL hält er Kontakt zu Bestandskunden und akquiriert Neukunden. Als stellvertretender Dispositionsleiter betreut er zudem eine Flotte von sieben Spezialfahrzeugen für die Reinigung von Abscheider- und Tankanlagen. Wiemann sieht in dieser Kombination viele Vorteile. "Ich habe überdurchschnittlich viel Kontakte mit Kunden und kann viele Fragen klären", sagt er. Egal ob diese passgenaue Sammeltourtermine wünschen, Fragen zur Abfallentsorgung haben oder Tipps zur Pflege ihrer Anlagen benötigen: Wiemann ist um keine Antwort verlegen. Als Disponent kennt er die Tücken der Abfallvorschriften genau und hat hier zahlreiche Weiterbildungen besucht. "Mit meiner Doppelfunktion kann ich Kundenbindungen also weiter stärken", sagt er. Eine solche Schlussfolgerung liegt nahe. Denn bei allen Unterschieden im Arbeitsalltag haben Vertriebs- und Dispositionsmitarbeiter eines gemeinsam: Sie stehen regelmäßig in Kontakt mit Kunden und sollten daher über deren Anforderungen und Bedürfnisse bestens Bescheid wissen. "Jede Firma kann solche Synergien zwischen Disposition und Vertrieb herstellen", ist Alexander Wolter überzeugt, Bereichsleiter International von Grieshaber Logistik im württembergischen Weingarten. Wolter blickt auf Berufsstationen bei Dachser und anderen großen Logistikunternehmen zurück, in denen Vertriebs- und Dispositionsmitarbeiter seit Jahren eng miteinander kooperieren und sogar Tagespreise kalkulieren. Allerdings gehen diese Unternehmen nicht so weit wie der Entsorgungslogistiker VEL, der beide Bereiche in gemeinsamen Arbeitsplätzen bündelt. "Solche Lösungen kommen ausschließlich für sehr kleine Betriebe mit schlanken Strukturen infrage", sagt Wiemann. Sie funktionieren auch dort nur, wenn wenigstens in der Disposition ein weiterer Mitarbeiter angestellt ist. Denn jeder Vertriebsmitarbeiter hat Außentermine. Wohl aber kann jeder Logistikdienstleister seine Disponenten motivieren, ihre Vertriebskollegen bei deren Aufgaben zu unterstützen und das Telefon auch für Verkaufsgespräche zu nutzen. Vor allem für Komplett- und Teilladungen, die im tagesaktuellen Spotgeschäft vergeben werden, sind solche Maßnahmen sinnvoll. Hier kann die Disposition ihre eigentlichen Stärken, mit optimierten Touren den Fuhrpark vollständig auszulasten, am besten ausspielen. "Der Disponent hat Alltagswissen über Fahrer, Flotten und Relationen, das dem Vertrieb einfach fehlt", sagt Manuel Pfenning, Transportleiter des gleichnamigen Logistikunternehmens in Heddesheim. "Der Vertrieb sollte deshalb an einer engen Zusammenarbeit mit der Disposition sehr interessiert sein." Dieter Froitzheim, Geschäftsführer der Lobraco Akademie in Winningen bei Koblenz, bestätigt das (siehe Kasten Seite 32): "Welcher Mitarbeiter auf Sachbearbeiterebene hat schon vergleichbar enge Kundenkontakte wie der Disponent?" Wenn ein Dispositionsmitarbeiter einen wirklich guten Draht zum Versandmitarbeiter des Kunden hat, erfährt er sicher mehr Details als die Kollegen im Vertrieb. "Über Kundenprobleme mit anderen Dienstleistern oder bestimmten Relationen sind Disponenten oft bestens informiert", weiß Froitzheim. "Allerdings nutzen sie dieses Wissen selbst dann nicht, wenn ihr Arbeitgeber in direkter Konkurrenz mit diesen steht und möglicherweise sogar die gleichen Relationen fährt." Vertrieb ist für viele Neuland Auch auf die Idee, mit den Dienstleistungen des eigenen Hauses zu werben, kommen offenbar viele Disponenten nicht, so der Berater. Oder aber sie haben eigenen Aussagen zufolge keine Zeit für solche Aufgaben. Schade für ihren Arbeitgeber. Ihm entgehen dadurch potenzielle Mehrumsätze, die auch der Vertrieb nicht wieder einfahren kann. Denn der kommuniziert in der Regel mit den Einkäufern des Kunden. Einkäufer wiederum haben nur Kontakt mit dem Versandleiter, nicht aber mit den Versandmitarbeitern. "Viele Versandleiter sprechen nicht gerne über Probleme in ihrer Abteilung. Deshalb weiß auch der Einkauf nicht wirklich Bescheid", beobachtet Froitzheim. Das Fallbeispiel von Ralf Wiemann zeigt aber, dass auch ein Nischenbetrieb wie VEL in der Disposition zusätzlichen Umsatz akquirieren kann. Wenn Kundenmitarbeiter Probleme mit Kanal- und Rohrreinigungen oder der Entsorgung von Gefahrgut mitteilen, hakt Wiemann sofort nach. Wiemann kann sich hier auf seine über 20-jährige Berufserfahrung verlassen. "Vertrieb ist Learning by Doing", sagt er. Zusammenspiel sinnvoll organisieren Für viele Disponenten in anderen Unternehmen ist Verkaufen am Telefon dagegen eher Neuland. Auch ausgebildete Kaufleute für Spedition und Logistikdienstleistung müssen sich dieses Wissen erst durch Vertriebsschulungen aneignen. Einzelne Speditionskooperationen wie Transcoop09 (siehe Kasten Seite 31) oder auch Akademien wie Lobraco bieten solche Weiterbildungspakete an. Hier lernen die Disponenten zum Beispiel in Rollenspielen und "Training-onthe-Job"-Maßnahmen, wie sie sich auf Gesprächspartner am Telefon einstellen und diesen mit konkreten Fragen möglichst viele Informationen "entlocken". Viel hängt aber vom Einzelfall ab. Zudem macht es einen Unterschied, ob der Versandmitarbeiter des Kunden Aufträge vergeben darf oder nicht. "Wenn Letzteres der Fall ist, sollte der Disponent sich alle wichtigen Daten notieren und diese an den Vertrieb weitergeben", empfiehlt Froitzheim. Im nächsten Schritt könne der Vertriebler dann Kontakt mit dem Versandleiter des Verladers aufnehmen. Im Idealfall sollten solche Kundeninformationen von Dispositionsund Vertriebsmitarbeitern in einem Customer-Relationship-Management-System (CRM) eingepflegt werden. Allerdings verfügen nur sehr wenige kleine und mittelständische Spediteure über ein solches Softwareprogramm. Auch tägliche Kontakte zwischen Vertrieb und Disposition würden weiterhelfen, sind aber erfahrungsgemäß eher die Ausnahme, da beide Abteilungen im Berufsalltag kaum Zeit für solche Gespräche finden. "Vereinbaren Sie wöchentliche Meetings, auf denen die wichtigsten Informationen innerhalb einer fest vereinbarten Zeit ausgetauscht werden", rät Froitzheim. Wenn möglich sollten Vertriebs- und Dispositionsleiter zudem Kundentermine gemeinsam wahrnehmen. Während der Anfahrt können sie sich dann über den Gesprächspartner austauschen. Genau das macht seit Kurzem Pfenning Logistics. "Wenn möglich nehmen wir einen Disponenten mit, der mit dem Kunden regelmäßig Kontakt hat", sagt Transportleiter Pfenning. Ein solches Vorgehen ist indes nur sinnvoll, wenn die Disponenten die gelernten Inhalte während ihrer Arbeit auch umsetzen. "Hier liegt die eigentliche Herausforderung", hat Wolter erkannt. Im Januar hat ein Dutzend Disponenten von Grieshaber ein Inhouse-Seminar absolviert. Jetzt bereitet die oberschwäbische Spedition einen Leitfaden für telefonische Akquisitionsgespräche sowie regelmäßige Telefontrainings vor. Zudem denkt die Spedition über einen gemeinsamen monatlichen Jour-Fix-Termin von Dispositions- und Vertriebsmitarbeitern nach, um den Informationsfluss zwischen beiden Seiten weiter zu verbessern. "Auf Basis von Planungen und Budgets, die der Vertrieb ausgearbeitet hat, können die Disponenten Preisangebote machen", führt Wolter aus. Jeder Disponent konzentriert sich auf Teilmärkte wie Schwergut oder See- und Luftfracht, auf die er spezialisiert ist. Und wenn der Vertrieb Neues über die Kunden erfährt, informiert er sofort die Disposition. "Der Abschluss von längerfristigen Kontrakten bleibt aber Sache des Vertriebs", zieht Froitzheim einen klaren Trennungsstrich zwischen beiden Abteilungen. "Da eine Disposition ausschließlich im Tagesgeschäft tätig ist, stößt sie hier definitiv auf Grenzen." Die Serie Erfolgreich im Vertrieb punkten - VR 6: Sinkende Dieselpreise - was nun zu tun ist- VR 7: Mehr Umsatz dank Disponenten erreichen- VR 8: Mehr Erfolg - mit einer starken Unternehmensmarke Experten-Tipp So machen Sie Disponenten vertriebsfit - Ohne Einführungsseminar mit einem Experten für Telefonakquise läuft nichts. Investieren Sie in eine Inhouse-Veranstaltung, die auf die Bedürfnisse Ihrer Firma ausgerichtet ist, und laden Sie auch den Vertrieb ein. Wichtig: Da möglichst alle Dispositions- und Vertriebsmitarbeiter teilnehmen sollten, sollten Sie den Termin auf ein Wochenende legen.- Formulieren Sie mit dem Experten und Vertrieb einen Leitfaden, der die Vorgehensweise bei Telefonakquise beschreibt und konkrete Argumentationshilfen enthält. Organisieren Sie wenigstens alle sechs Monate Telefontrainings für die Mitarbeiter der Disposition.- Regeln Sie die Kompetenzen der Disposition klar: Darf diese auch tagesaktuelle Preise kalkulieren? Sichern Sie erfolgreichen Disponenten eine Provision zu.- Die Zusammenarbeit zwischen Vertrieb und Disposition muss organisiert werden. Setzen Sie regelmäßige Meetings beider Abteilungen an. Auch an Kundenterminen sollte ein Mitarbeiter der Disposition teilnehmen.- Achten Sie bereits bei der Einstellung von neuen Mitarbeitern auf mögliche Verkaufstalente. Auch Azubis sind hier einzubeziehen. Fragen Sie den künftigen Mitarbeiter, wie er sich die Zusammenarbeit mit dem Vertrieb vorstellt - dann erfahren Sie bereits viel über seine konkrete Motivation. bot

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