Der Motor gerät

Der Motor gerätins StockenWer jetzt in die Erweiterung seiner Kapazitäten investiert, sollte sich diesen Schritt genau überlegen. Denn laut Mittelfristprognose verringern sich die Wachstumsraten im Güterverkehr.2009 soll es erstmals so weit sein. Dann knacken die Fuhrunternehmen die Schallmauer von 500 Milliarden Tonnenkilometer. Mehr Güterverkehr hat es noch nie auf Deutschlands Straßen gegeben.Für die Betriebe des Verkehrsgewerbes ist das zunächst mal eine gute Nachricht. Für die Politik, der es aus Umweltgründen lieber wäre, wenn es mit den Transporten per LKW auf den Straßen nicht ganz so flott zuginge, ist diese Meldung hingegen alles andere als ein Grund zum Feiern. Hinzu kommt eine weitere schlechte Nachricht aus der gerade veröffentlichten Mittelfristprognose, die das Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegeben hat. Demnach können die Eisenbahnen das Tempo, das der LKW 2007 vorlegt, nicht mithalten. Erstmals seit 2002 hatte im gerade abgelaufenen Jahr der LKW wieder die Nase vorne. Im Straßengüterverkehr wuchs die Verkehrsleistung den vorläufigen Zahlen zufolge um 8 Prozent und übertraf damit das schon gute Ergebnis aus dem Jahr 2006 (+ 7,3 Prozent). Bei den Bahnen hingegen halbierte sich das Wachstum von 12,1 Prozent (2006) auf 6,5 Prozent (2007) (s. Seite 24, linke Grafik und Kasten). Was die weitere Entwicklung betrifft, fällt die Bilanz zwiespältig aus. Denn letztlich müssen alle Verkehrsträger 2008 mit schwächeren Zuwachsraten rechnen als 2007. Das allein ist jedoch kein Grund, in Pessimismus zu verfallen. Zum einen war das letzte Jahr mit plus 6,9 Prozent bei der Verkehrsleistung wieder ein sehr gutes für das Güterverkehrsgewerbe. Dass dieses Tempo auf Dauer nicht gehalten werden kann, war absehbar. Zum anderen wäre angesichts der eingetrübten Konjunkturerwartungen und der Turbulenzen an den Finanzmärkten alles andere als ein abgeschwächtes Wachstum auch eine Überraschung gewesen wäre. Insofern sind die vorhergesagten 4,8 Prozent Plus für 2008 sogar eine beachtliche Größe.Dennoch gibt es in der Prognose Anzeichen dafür, dass die von vollen Auftragsbüchern geprägten letzten zwei Jahre sich dem Ende neigen. Zum einen sind Zweifel erlaubt, ob die vorhergesagte Zunahme von 4,8 Prozent 2008 auch tatsächlich erreicht wird. Denn zum Zeitpunkt, als die Prognose erstellt wurde, gingen die Autoren – ein Team aus Verkehrsexperten des BVU (Beratergruppe Verkehr und Umwelt, Freiburg), DLR (Deutsches Zent-rum für Luft- und Raumfahrt) und dem Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) – noch davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr um 2,0 Prozent steigen wird. Prognose rechnet mit veralteten WertenZu Jahresanfang hat die Bundesregierung jedoch ihre Prognose auf 1,7 Prozent abgesenkt. Thomas Selz, Mitautor der Studie, sieht jedoch keine Veranlassung, die Zahlen der Mittelfristprognose entsprechend anzugleichen. "Wenn es Änderungen gibt, werden sie marginal ausfallen", sagte Selz gegenüber der VerkehrsRundschau. Deutlicher hingegen fallen die Veränderungen für die Jahre 2009 bis 2011 aus. Für diesen Zeitraum soll das Wachstum auf 2,4 Prozent jährlich schrumpfen. Verglichen mit den Zahlen aus den Jahren 2006/2007 (jeweils + 6,9 Prozent) fällt der Zuwachs also spürbar geringer aus. Das Ende des Booms – so er denn überhaupt einer war – wäre also spätestens dann erreicht. Transportdienstleister sollten daher vorsichtig sein, wenn sie angesichts einer derzeit guten Auftragslage über eine Erweiterung ihrer Kapazitäten nachdenken. Wesentlicher Grund für die nachlassende Dynamik sind die wirtschaftlichen Rahmendaten. Die Autoren der Prognose gehen davon aus, dass von 2009 bis 2011 nicht nur das Bruttoinlandsprodukt deutlich langsamer wächst, sondern sich auch die Impulse aus dem Außenhandel – einer der maßgeblichen Treiber des Wachstums im Güterverkehr – abschwächen (s. Tabelle links). Auch wenn die Wachstumsraten im Straßengüterverkehr bis 2011 über dem Durchschnitt liegen: Die sich beruhigende Nachfrage bekommen auch die Fuhrbetriebe zu spüren. LKW mit deutschen Kennzeichen müssen sich sogar auf eine unterdurchschnittliche Entwicklung einstellen (s. untere rechte Grafik). Die Autoren machen dafür den Kostendruck in Deutschland verantwortlich, der die ausländischen Fahrzeuge bevorteile. Da hilft es offenbar auch nicht, dass die Verlader Aspekte der Transportqualität wieder stärker in ihre Vergabeentscheidungen einbeziehen, wie es in der Studie heißt. Die Botschaft ist klar: Ausländische Unternehmen gewinnen in Deutschland an Bedeutung. Ihr Marktanteil steigt der Prognose zufolge von 32,5 Prozent (2005) auf 36,7 Prozent (2011). Je nach Entfernung entwickelt sich die Verkehrsleistung bis 2011 unterschiedlich. Auf den kürzeren Strecken fällt das Wachstum am geringsten aus. Im Fernverkehr und vor allem im grenzüberschreitenden Transport ist die Nachfrage nach Frachtraum hingegen überdurchschnittlich. Als Ursache dafür nennt die Studie vor allem die Globalisierung und die damit verbundenen Außenhandelsaktivitäten. Einen Aufwärtstrend verzeichnet der Prog-nose zufolge die Binnenschifffahrt. Zwar liegen die Wachstumsraten bis 2011 nur knapp über einem Prozent. Aber damit werden immerhin bessere Resultate erzielt als 2005 und 2006. Dabei profitieren die Binnenschiffer auch vom Boom des Seehafen-Hinterlandverkehrs bei den Containern. Doch wie schon im grenz-überschreitenden Güterverkehr kommt das Wachstum zu einem erheblichen Anteil ausländischen Schiffen zugute.Weiter auf hohem Niveau bewegt sich der Umschlag der Seehäfen. In den Jahren 2008 bis 2011 bewegen sich die Zuwächse zwischen 4,3 und 4,0 Prozent jährlich. Vor allem die zahlreichen Mengen von und nach Asien sowie im innereuropäischen Verkehr tragen dazu bei. ❙❚■ Michael Cordes

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