Der lange Weg zur Merkel-GroKo Nummer drei

Während CDU, CSU und SPD vergangene Woche über eine Neuauflage einer großen Koalition sondiert haben, zeigt man sich im Bundesverkehrsministerium derzeit gelassen über den mehr als drei Monate dauernden Stillstand der Politik. Es wies auf verschiedene Aktivitäten hin, die unter Interims-Ressortchef Christian Schmidt (CSU) eingeleitet worden sind: etwa das erweiterte Positivnetz für Lang-Lkw oder die geplanten Ausbauprojekte für 740-Meter-Güterzüge. In den Sondierungsrunden - insbesondere in der Arbeitsgruppe "Wirtschaft, Verkehr, Infrastruktur, Digitalisierung, Bürokratie" - ging es indes um eine verkehrspolitische Agenda für diese Wahlperiode. Das 39-köpfige Sondierungsteam hielt sich weitgehend an die zu Beginn vereinbarte Nachrichtensperre. Detaillierte Vereinbarungen wurden bis zum Abschluss der Sondierungen nicht bekannt. In den Fraktionen ließen Fachpolitiker, die zu den Gesprächen nicht hinzugezogen worden waren, aber erkennen, dass eine erneute große Koalition an der Verkehrspolitik sicher nicht scheitern werde. Diese Politiker sitzen in der AG Verkehr Würde man die Gewichtung der Verkehrspolitik an der personellen Zusammensetzung der Arbeitsgruppe (AG) messen, hätte die CSU die Nase vorn. Die Christsozialen sind mit dem geschäftsführenden Bundesverkehrsminister Schmidt, dessen Vorgänger Alexander Dobrindt, Ex-Verkehrsstaatssekretär Andreas Scheuer sowie dem bayerischen Verkehrsminister Joachim Herrmann prominent vertreten. Das hochkarätige Quartett wurde als Hinweis dafür gewertet, dass die CSU am Bundesverkehrsministerium festhalten wolle. Damit scheint sich die CDU abgefunden zu haben. Ihrer 13-köpfige Delegation gehört kein ausgewiesener Verkehrspolitiker an. Zuständig für dieses Fachgebiet ist Thomas Strobl, Innenminister in Baden-Württemberg, der bereits zu den Jamaika-Sondierern gehört hatte, als Verkehrsexperte aber bisher nicht aufgefallen ist. Kürzlich sprach sich der CDU-Bundesvize dafür aus, durch die Lkw-Maut gewonnene Daten auch für die Verbrecherjagd zu nutzen. Im Kampf gegen schwerste Straftaten müsse man den Mut aufbringen, Gesetze zu korrigieren. Vor Beginn der Sondierungsrunden war ein Arbeitspapier bekannt geworden, in dem höhere Steuern auf Diesel, Benzin und Heizöl gefordert werden. Es wurde der SPD und dem Wirtschaftsministerium zugeordnet, das eine Urheberschaft allerdings bestritt. Danach soll die Lkw-Maut stärker ökologisch ausgerichtet werden und schon für Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen greifen. Dies würde allerdings dem Wahlprogramm der SPD widersprechen. Die Sozialdemokraten gewichten die Verkehrspolitik zumindest personell höher als die CDU. Mit Michael Groschek, bis zum vergangenen Sommer Ressortchef in Nordrhein-Westfalen, Anke Rehlinger, in der saarländischen Regierung auch zuständig für die Verkehrspolitik, sowie dem vom Parteivorstand beauftragten hessischen SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel wartete die SPD gleich mit drei Fachpolitikern auf. Nicht vertreten ist die Berliner SPD, die in der rotrot-grünen Koalition eine Bundesratsinitiative für weitere Sicherheitssysteme in Lkw vorbereitet. Die bisherige Ausstattung mit Spiegeln reiche nicht aus. Eine Möglichkeit könne ein Tonsignal sein, das den Fahrer in Gefahrensituationen warnt. Möglicher Zeitrahmen Fahrplan zur großen Koalition Nach dem Ende der Sondierungsgespräche soll am 21. Januar ein SPD-Sonderparteitag in Bonn über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union entscheiden. Bei der CDU entscheidet der Parteivorstand, bei der CSU könnte es je nach Ergebnis ebenfalls noch einen Parteitag geben. Ab 22. Januar könnten konkrete Koalitionsverhandlungen beginnen, Mitte Februar müsste dann ein SPD-Mitgliederentscheid über den Vertrag und die neue Regierung abstimmen. Im März könnte die längste Regierungsbildung der Bundesrepublik zu Ende gehen. Als "allerspätesten Termin" hat CSU-Chef Horst Seehofer Ostern genannt. jök

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