Stuttgart. Unternehmen mit Lkw-Flotte suchen derzeit vor allem Fahrer für den regionalen Verteilerverkehr. Verlässliche und teamfähige Bewerber mit Erfahrung im Nahverkehr sind bei der Jobsuche in einer guten Verhandlungsposition. Das geht aus dem Arbeitsmarkt-Report 2016 der Dekra Akademie hervor. Der private Bildungsanbieter hat vom 22. Februar bis 6. März insgesamt 350 Stellenanzeigen in elf deutschen Tageszeitungen, zwei Online-Jobbörsen und einem sozialen Netzwerk ausgewertet, um herauszufinden, welche Aufgaben sie nun übernehmen sollen und welche Fertigkeiten und Kompetenzen Arbeitgeber von Bewerbern erwarten.
Laut dem Arbeitsmarkt-Report 2016 suchen die Unternehmen überwiegend Fahrer für den Regionalverkehr (59,1 Prozent) und nicht ganz jeder fünfte Kandidat soll Touren im nationalen Fernverkehr übernehmen. Zum Vergleich: 2009 lag der Anteil von Stellenangeboten mit regionalem Fokus noch bei 41,4 Prozent. Für diese Entwicklung gibt es laut der Dekra Akademie verschiedene Gründe: Zum Beispiel das steigende Güteraufkommen im Nahverkehr. Der Fahrermangel und die veränderten Ansprüche an die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fallen demnach ebenfalls ins Gewicht, schreiben die Experten.
Transport- und Speditionsunternehmen sowie Verlader setzen deshalb inländische Fahrer bevorzugt im Lokalverkehr ein, internationale Touren vergeben sie oft an ihre internationalen Standorte oder an Subunternehmen aus Ländern, in denen weniger Fahrermangel herrscht. Die potentiellen Arbeitgeber legen zudem immer mehr Wert auf Berufserfahrung und die Professionalität der Fahrer: Die Stichprobe beinhaltete dreimal so viele Nennungen von Fachkenntnissen und Erfahrungen, als die letzte Untersuchung der Dekra Akademie von vor drei Jahren. Nur jedes vierte Anforderungsprofil geht auf Sprachkenntnisse ein: Diese Arbeitgeber wünschen sich vor allem, dass die Bewerber ein gutes Deutsch sprechen.
Gut zwei von drei Offerten beinhalten Angaben zu den persönlichen Eigenschaften, die Fahrer in ihrem zukünftigen Job benötigen. Unternehmen suchen Mitarbeiter, auf die sie sich voll und ganz verlassen können, denn Auftraggeber erwarten, dass ihre Güter pünktlich und unversehrt an ihrem Bestimmungsort eintreffen. Darüber hinaus sollen sie kooperativ in Teams arbeiten, egal ob es sich um die Kollegen in der Disposition handelt oder die Mitarbeiter des Kunden. Von Wochentouren ist bei den Rahmenbedigungen kaum noch die Rede in den Ausschreibungen. Die gesuchten Mitarbeiter arbeiten, soweit Angaben dazu gemacht werden, am häufigsten tagsüber oder wochentags.
Unternehmer greifen tiefer in die Tasche
Der Fahrermangel hat nicht nur dazu geführt, dass der Beruf familienfreundlicher geworden ist, was die Touren und Arbeitszeiten anbelangt. Auch beim Thema Gehalt und Zusatzleistungen scheint sich etwas bewegt zu haben: Jeden fünften Bewerber erwartet eine „leistungsorientierte Bezahlung“ – eine Formulierung, die für diese Berufsgruppe vor drei Jahren noch kaum existierte. Interessant sind auch die Leistungen, die Arbeitgeber über das Gehalt hinaus bieten: Urlaubs- und Weihnachtsgeld finden sich ganz oben auf der Liste (15,7 Prozent bzw. 14,9 Prozent). Diese und weitere Extras fanden sich in keiner der zurückliegenden Analysen.
„Der Nachwuchsmangel bei Fahrern bleibt eine der großen Herausforderungen der Branche“, erklärt Peter Littig, bildungspolitischer Berater der Geschäftsführung bei der Dekra-Akademie. „Monetäre Anreize und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen allein werden diesen nicht beheben können.“ Zusätzlich müssten beispielsweise Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es auch kleineren Unternehmen vereinfacht, Berufskraftfahrer auszubilden oder zu qualifizieren.“ (ag)