Cyberversicherung: Auf was Unternehmer achten sollten

Die Bedrohung im Cyberraum ist so hoch wie nie zuvor - dieses Fazit zieht das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik in seinem Lagebericht zur IT-Sicherheit 2023. Bei Angriffen mit Ransomware stünden zunehmend auch kleine und mittlere Unternehmen im Visier der Hacker. Diese verschlüsseln dabei die Daten und fordern Lösegeld. 2023 haben Hacker 52 Prozent aller Unternehmen in Deutschland mit Ransomware angegriffen, so der Digitalverband Bitkom. Bei 23 Prozent führte dies zu einem Schaden. Die meisten Attacken waren aber Phishing, Angriffe auf Passwörter sowie Schadsoftware. Insgesamt sei der Wirtschaft durch Angriffe ein Schaden von rund 148 Milliarden Euro entstanden. "Angesichts der Gefahren müsste IT-Sicherheit in jedem Unternehmen Chefsache sein, denn eine Cyberattacke kann die wirtschaftliche Existenz eines Unternehmens in kürzester Zeit vernichten", so Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer beim Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft. Cyberversicherungen könnten das Restrisiko eines erfolgreichen Angriffs absichern. Ein solcher Schutz setze aber in aller Regel ein gewisses Maß an IT-Sicherheit voraus. Steigende Prämien Der Markt für Cyberversicherungen wächst stark: Zu diesem Ergebnis kommt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) aufgrund einer Befragung von Versicherungsunternehmen 2023. Die Beitragseinnahmen seien zudem überproportional gewachsen, vergleiche man sie mit den Vertragszahlen. Das deute auf Prämienanpassungen insbesondere zwischen 2021 und 2022 hin. "In den vergangenen Jahren kam es zu flächendeckenden Prämienerhöhungen in einem signifikanten Ausmaß. Dies betraf alle Branchen und Unternehmensgrößen", sagt Robert Drexler, Leiter von Ecclesia Cyber, Versicherungsmakler und Service-Provider für Cyberversicherung. Zur Ecclesia Gruppe gehört auch der auf die Speditions- und Logistikbranche spezialisierte Makler Schunck. Im Vergleich zu 2021 auf 2023 stiegen die Prämien laut Drexler zwischen 50 und 100 Prozent. "Bei besonders exponierten Risiken, wie produzierende Unternehmen oder Unternehmen der kritischen Infrastruktur, wurden die Prämien teils deutlich über 100 Prozent angehoben oder die Verträge gar gekündigt." Markt stabilisiert sich Beiträge erhöhen sich in erster Linie, wenn die Prämien nicht auskömmlich für das Versicherungsgeschäft sind, erläutert ganz allgemein Stefan Schmutterer, Cyberrisk-Experte der R+V Versicherung und Key-Account Cyber für Firmenkunden. Dies sei der Fall, wenn das Risiko steigt - aufgrund zunehmender Digitalisierung und/oder, weil digitalisierte Prozesse nicht entsprechend abgesichert sind. "Weiter könnten die Prämien aufgrund der fehlenden Schadenerfahrung im Cyber-Bereich oder der Schnelllebigkeit der Cyberversicherung zu günstig gewesen sein." Man selbst habe den eigenen Tarif zwischen 2021 und 2022 nur geringfügig angepasst. "Vor allem durch die negativen Schadenverläufe sahen sich die Versicherer gezwungen das Prämienniveau in den letzten Jahren deutlich anzuheben", so Drexler. Dies sei durch vereinzelte Großschadenereignisse sowie eine höhere Schadenfrequenz im Gesamtbestand der Versicherer begründet. Er betont aber auch: "Durch die erhöhten Anforderungen an die IT-Sicherheit der Unternehmen sowie den erhöhten Wettbewerb durch neu hinzukommende Anbieter ist in den letzten Monaten eine Konsolidierung des Marktes mit einem stabilen Prämienniveau zu verzeichnen." Denn bevor ein Unternehmen eine Versicherung abschließen kann, muss es IT-Mindestanforderungen erfüllen - je nach Größe und Tätigkeit können sich diese aber vom Niveau her unterscheiden und auch je nach Anbieter. Solche Anforderungen umfassen beispielsweise Mitarbeiterschulungen hinsichtlich IT-Sicherheit, Backup-Strategien, Multifaktor-Authentifizierung oder den Einsatz von Firewalls, führt Drexler aus. Grundbausteine ein Muss Positive Einflüsse auf die Prämie, sofern sie nicht Umfang der Mindestanforderung seien, haben etwa Notfallpläne oder auch die Abschaffung oder Isolierung von Altsystemen. Es existieren viele weitere Möglichkeiten, das Sicherheitsniveau weiter anzuheben. "Diese sind oft für kleine bis mittelständische Unternehmen wirtschaftlich nicht sinnvoll." "Unternehmen muss bewusst sein, dass es beim Thema Cybersicherheit nicht um einzelne Maßnahmen geht, wie beispielsweise die Datensicherungen, das Einspielen von Updates oder den Umgang mit Administratorenrechten", bringt Schmutterer einen weiteren Aspekt ins Spiel. Wichtig sei, einen ganzheitlichen Überblick über seine Prozesse zu besitzen und daraus die für einen passenden Maßnahmen ableiten zu können. "Ein solches effektives Risikomanagement kann zu stabilen Prämien beitragen." Neben betrieblichen Maßnahmen zur Risikominimierung können auch versicherungstechnische Maßnahmen den Beitrag senken, hebt der Experte hervor. Dazu gehöre ein höherer genereller oder auch zeitlicher Selbstbehalt. "Grundsätzlich soll eine Cyberversicherung das Großschadenszenario absichern, demzufolge sind tendenziell höhere Selbstbehalte empfehlenswert", ergänzt Drexler. Eine Faustregel gebe es nicht. "Ein Selbstbehalt sollte immer in einem gesunden Kosten-Nutzen-Verhältnis stehen und in Abhängigkeit von der individuellen Risikophilosophie gewählt werden." Ein Beitrag könne auch langfristig gesenkt werden, indem die Versicherungssummen verringert werden, so Schmutterer, "oder für den Versicherungsnehmer unnötige Versicherungsbausteine abgewählt werden". Welche Leistungen benötigt ein klein- und mittelständisches Unternehmen? "Es gibt drei wesentliche Grundbausteine in der Cyberversicherung, die immer Bestandteil der Deckung sein sollten und für jeden Kunden eine wichtige Absicherung darstellen", sagt Drexler. Hierzu zählen Eigenschäden, Drittschäden sowie Assistance-Leistungen des Versicherers, wie unter anderem eine 24/7-Soforthilfe im Schadenfall. "Dazu gibt es eine Vielzahl an optionalen Deckungserweiterungen, wie zum Beispiel die Absicherung von Schäden, welche durch technische Störungen herbeigeführt werden." Die grundlegenden Deckungsbausteine sollten aber bleiben, so der Experte. Eine Abwahl sei nicht zu empfehlen, da diese aufeinander aufbauen und auf die aktuellen Angriffsszenarien zugeschnitten seien. Auf Qualität achten "Im Fall von mittelständischen Transport- und Logistikunternehmen sind aufgrund der Termingeschäfte alle zeitbezogenen Leistungen im Cyberversicherungsvertrag von besonderer Bedeutung", ergänzt Schmutterer. Dazu gehöre neben klassischen Assistance-Dienstleistungen vor allem eine umfassende Versicherung der Betriebsunterbrechung, am besten eine Allgefahren-Versicherung im Eigenschadenbereich. Weniger wichtig wären Sonderbausteine wie Bring your own Device (BYOD). Die Marktsituation mit starkem Wettbewerb stabilisiert nicht nur die Prämien, es "bieten sich für die Versicherungsnehmer neue Möglichkeiten", so Drexler. Es könne gegebenenfalls sinnvoll sein, den aktuellen Schutz zu prüfen und eine Marktbefragung durchzuführen. "Jedoch sollte ein potenzieller Wechsel des Versicherers nicht nur in Abhängigkeit vom Prämienniveau getroffen werden." Die Bedingungen würden sich in ihrer Deckungsqualität teils stark unterscheiden, die "Qualität des Produkts sollte immer im Vordergrund stehen".

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