Brüssel. Die Bundesregierung verstärkt bei der EU ihre Bemühungen, die im Juni ausgehandelten Kompromisse mit dem EU-Parlament zu CO2-Grenzwerten für PKW zu ändern. Nicht schon 2020, sondern erst 2024 soll für alle Hersteller der Grenzwert von 95 Gramm pro Kilometer im Durchschnitt der Wagenflotte gelten. Am kommenden Freitag soll der Vorschlag erstmals von den Botschaftern der EU-Mitgliedsländer in Brüssel diskutiert werden. Entscheidungen könnten dann die EU-Umweltminister auf ihrem Treffen am 14. Oktober in Luxemburg treffen.
Davon betroffen sind auch die Einigungen über neue Grenzwerte für leichte Nutzfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 3,5 Tonnen. Der Wert von 147 Gramm CO2/km in 2020 wird für sie zurzeit zwar nicht mehr in Frage gestellt, auch nicht mehr von der Bundesregierung. Aber das Inkrafttreten dieses Beschlusses ist an die Einigung für PKW gekoppelt. Sollte sich diese zeitlich verschieben oder neu verhandelt werden, könnte das auch die Werte für Vans wieder in die Diskussion bringen.
Allerdings ist noch nicht klar, wie genau es weitergehen würde, sollte Deutschland tatsächlich genügend andere Staaten von seinem Standpunkt überzeugen, um mit einer Sperrminorität im Ministerrat eine Verabschiedung der PKW-Grenzwerte zu verhindern. Die Blockade eines Kompromisses, der zuvor zwischen EU-Parlament und EU-Ministerrat gefunden wurde, ist äußerst selten. Denkbar wären danach sowohl direkt neue Kompromiss-Verhandlungen mit dem EU-Parlament, aber auch eine zweite Lesung im Parlament. Dann könnte auch wieder über die Grenzwerte für Vans verhandelt werden.
Kritik von Umweltverbänden
Umweltaktivisten und Europaabgeordnete kritisieren das Vorgehen der Bundesregierung. „Deutschland geht jetzt zum Kampf mit harten Bandagen über, um seinen Herstellern von Luxusautos vier weitere Jahre die Produktion von Umweltverpestern zu ermöglichen“, sagt Greg Archer vom europäischen Umweltdachverband Transport & Environment. Von „politischem Vertragsbruch“ spricht der SPD-Europaabgeordnete Matthias Groote, der die Kompromissverhandlungen für das Parlament geführt hatte.
Viel zu spät kommen die deutschen Bemühungen für Grootes Kollegen Holger Krahmer (FDP), der grundsätzlich gegen zu ehrgeizige CO2-Vorgaben ist. Der Vorschlag erst zum jetzigen Zeitpunkt sei „ein klares Beispiel für die schlechte Koordination der deutschen Europapolitik“, sagte Krahmer gegenüber der Presseagentur dpa. (kw)