Der CO2-Ausstoß des Straßengüterverkehrs wächst trotz aller technischer Innovationen, da die Transportleistung immer mehr zunimmt und die individuelle Senkung der Emissionen pro Lkw überkompensiert. Die mit dem europäischen "Green Deal" angestrebte Klimaneutralität bis 2050 und das Zwischenziel einer Reduktion der CO2-Emissionen um 55 % bis 2030 scheinen so kaum erreichbar.
Nachholbedarf ist riesig
Um CO2-Emissionen effektiv zu reduzieren, ist ihre korrekte Erfassung und Zuweisung von entscheidender Bedeutung. Verschiedene Studien der vergangenen Jahre zeigen deutlich auf, dass insbesondere bei KMU erheblicher Nachholbedarf rund um dieses Thema besteht. So geben nur 16 Prozent (%) der befragten Transportdienstleister an, den CO2-Ausstoß auf Auftragsebene ausweisen zu können. 55 % der Unternehmen führen keinerlei Berechnungen durch.
Die Berechnungskompetenz nimmt erst bei größeren Unternehmen zu. Nur 9 % der Transportdienstleister mit weniger als 5 Millionen Euro Jahresumsatz weisen die CO2-Emissionen auftragsbezogen aus, während der Anteil bei Unternehmen mit mehr als 50 Millionen Euro Umsatz immerhin bei 26 % liegt (Studie von Petersen & van Almsick 2022).
Transportunternehmen schlichtweg nicht interessiert?
Bemerkenswert ist in der Untersuchung auch, dass die Auftraggeber der Transportdienstleistungen bisher noch kaum an CO2-Daten der operativ tätigen Unternehmen interessiert sind. Stattdessen basieren die Emissionsberechnungen der Auftraggeber auf modellierten Standardemissionsfaktoren, die sich aber von den tatsächlichen CO2-Emissionen erheblich unterscheiden können. Wird Nachhaltigkeit zunehmend zum Wettbewerbsfaktor, müssen engagierte KMU ihre Bemühungen nachweisen und ihre CO2-Daten weitergeben.
Die KMU sind für die Erreichung der Klimaziele von entscheidender Bedeutung, da im europäischen Markt für Straßengüterverkehr 99 % der Transportdienstleister als kleine und mittlere Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten klassifiziert werden können. Entsprechend liegt der Einfluss auf die transportbedingten CO2-Emissionen zum größten Teil in den Händen vieler kleiner Unternehmen.
Forschungsprojekt als Gruppenarbeit
Hier setzt nun das neue Forschungsvorhaben „Ganzheitliche Ausweisung der Transportemissionen von KMU (GATE)“ an. Dabei handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt des Instituts für Logistik und Unternehmensführung (LogU) der Technischen Universität Hamburg (TUHH) und des Centers für Sustainable Logistics and Supply Chains (CSLS) der Kühne Logistics University (KLU). Die Kooperation wird durch die Bundesvereinigung Logistik e.V. (BVL) ermöglicht, welche das Bindeglied zwischen den Forschungseinrichtungen und der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) darstellt und die beteiligten Institute beauftragt. Gefördert wird das Projekt durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).
Drei Schritte bis zur Lösung
In dem Forschungsprojekt soll im ersten Schritt genauer untersucht werden, wie KMU in der Transportlogistik heute CO2-Emissionen berechnen und weitergeben und welche Ursachen es für die niedrige Berechnungskompetenz gibt. Aus Perspektive der Versender soll ergänzend analysiert werden, warum CO2-Emissionsdaten von kleinen Dienstleistern heute in der Regel nicht abgefragt werden und welche Informationen regelmäßig in modellierte Werte einfließen. Im dritten Schritt soll ein konsolidiertes Instrumentarium entwickelt werden, welches Methoden und Entscheidungen rund um die Berechnung, Ausweisung und Weitergabe von CO2-Emissionen für KMU greifbar macht und situationsadäquat Handlungsempfehlungen gibt.