Bleiben Sie auf den Mehrkosten sitzen?

Sowohl der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) als auch die Logistikverbände BGL, BWVL und DSLV haben soeben Wege gegen den Rampenfrust präsentiert. Wie sagen Sie als Spediteur dazu? Beides begrüße ich aus vollem Herzen! Da muss endlich etwas passieren. Einer unserer Unternehmer, der für unsere Spedition fest fährt, sollte an einem Samstagmorgen um elf Uhr bei einem großen Online-Händler in Winsen anliefern. So war das avisierte Zeitfenster. Wissen Sie, wie lange er gewartet hat? Volle neun Stunden! Und so etwas spielt sich immer wieder in den Hochphasen an Rampen ab. Gerade bei den Handelsgrößen. Ganz einfach, weil die durch das Avis wissen, welche Waren welcher Lkw geladen hat. Und wenn Ware bevorzugt benötigt wird, geht das an der Rampe auch schnell - aber zulasten anderer Lkw. Das nennt man Cherry-Picking. Nun setzen immer mehr Industrie- und Handelsbetriebe Zeitfenster-Managementsysteme ein. Helfen solche Lösungen, die Lkw-Wartezeiten an den Rampen zu reduzieren? Zum Teil hilft uns das. Vorausgesetzt, wir kommen zu dem gebuchten Zeitfenster an der Rampe zum Zuge. Letztlich gehen solche Zeitfenster-Managementsysteme aber zulasten unserer speditionellen Dispositionsfreiheit, weil uns der Wareneingang kurzerhand trotz Zeitfensterbuchung umdirigieren kann. Und uns sind die Hände gebunden. Denn wir haben kein Vertragsverhältnis mit dem Warenempfänger. Unser Auftraggeber sind die Warenproduzenten. Und die wären, rein rechtlich gesehen, auch für die Be- und Entladung der Lkw verantwortlich. Tatsächlich machen das aber die Fahrer, die werden als Billigkräfte dazu missbraucht. Eine Praxis, die vor langer Zeit Usus wurde, weil wir Spediteure uns dagegen nicht gewehrt haben. Hat sich die Situation an den Rampen im Vergleich zu früher verbessert, oder ist es schlimmer geworden? Der Druck, der hier auf die Lkw-Fahrer ausgeübt wird, ist schlimmer geworden. Die Fahrer werden an vielen Be- und Entladestellen häufig als Menschen zweiter Klasse behandelt. Das liegt am steigenden Kostendruck in den Firmen; aber auch daran, dass sich der Einkauf mit dem Wareneingang oft zu wenig abstimmt. Mit der Folge, dass in Aktionswochen zu wenig Rampenpersonal da ist, um die Lkw abzufertigen. Aber ohne Fahrer geht nichts. Wir brauchen die Fahrer. Das verstehen nur nicht alle. Wie lange warten Ihre Fahrer im Schnitt an den Rampen? Das variiert. Das kann eine Stunde sein. Das können neun Stunden und mehr sein, wie das Beispiel zeigt. Wer bezahlt diese Warterei? Ihr Kunde, oder bleiben Sie am Ende auf den Mehrkosten sitzen? In vielen Fällen bleibt der Transporteur auf diesen Kosten sitzen. Was dazu führt, dass bestimmte Zentrallager wie Lidl vereinzelt nicht mehr angefahren werden. Das regelt der Markt dann schnell. Da sind die Spediteure und Frachtführer auch keine Engel (lacht). Welche Lösung könnte aus Ihrer Sicht endlich helfen? Dieses Thema regelt sich über Marktmacht. Und die genannten Firmen haben sehr viel Marktmacht. Selbst namhafte Produzenten wie Nestlé legen sich mit diesen Firmen ungern an, weil sie nicht ausgelistet werden wollen. So gesehen sind die Initiativen von DIHK und den drei Logistikverbänden BGL, BWVL und DSLV hilfreich. Denn sie machen solche Ungerechtigkeiten publik. Und da kein Unternehmen negative Schlagzeilen mag, passiert vielleicht auch etwas. Angesichts unseres Fahrermangels wäre das auch dringend nötig. Neue Weg gegen den Rampenfrust Probleme bei der Lkw-Be- oder Entladung kosten Zeit und Geld. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat daher nun neun goldene Regeln aufgestellt, die die Situation an der Laderampe verbessern und den Beruf des Lkw-Fahrers attraktiver machen sollen. Zudem informieren die Branchenverbände BGL, BWVL und der DSLV in einem gemeinsamen Flyer über die rechtliche Situation bei der Anlieferung von Waren an den Handelsrampen. eh

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