Baustellenlogistik

BaustellenlogistikAuf Augenhöhe mit dem BauherrnDie zentrale Koordination und Steuerung von Logistikaufgaben auf einer Großbaustelle kann sich auszahlen. Das beweist die jetzt ausgezeichnete Baustellenlogistik der Bauserve GmbH für das Palais-Projekt in Frankfurt/Main. Andreas Goetz, geschäftsführender Gesellschafter Bauserve GmbH in Frankfurt/Main, bringt nichts so leicht aus der Fassung. Dafür hat der heute 57-Jährige schon zu viel erlebt. In seinem ersten Leben war er Kompagniechef der 1. Gebirgsdivision in Garmisch-Partenkirchen, in seinem zweiten war Goetz für die Reorganisation der Warenwirtschaft der Kaufhof Warenhaus AG zuständig. Und mit 57 Jahren wurde er als einer der beiden Bauserve-Chefs für seine Baulogistiklösung des „Palais-Projekts“ in Frankfurt/Main mit dem Service Logistics Award der BVL ausgezeichnet (s. Interview auf S. 25). „Das hat mich fast umgehauen“, gesteht er. Aber gefreut hat ihn der Preis sehr. Schließlich sei das, was er und sein Bauserve-Team in Frankfurt/Main realisiert haben, seinerzeit „völlig neu, ja eine Revolution“ gewesen, sagt er. Das habe die Jury erkannt. „Wir wurden von allen kritisch beäugt“Doch worin bestand genau die große Herausforderung, die das Unternehmen von 2004 bis 2009 zu bewältigen hatte? Dazu einige Zahlen, die die Dimensionen des Logistikprojekts verdeutlichen. Das sogenannte „Palais-Quartier“, für das Goetz und sein Team die Logistik steuerten, entstand mit insgesamt 226.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche auf einem 17.500 Quadratmeter großen Baustellengelände. Mit dem Shopping-Center MyZeil, dem benachbarten Büroturm, dem Jumeirah Frankfurt Hotel und dem Thurn und Taxis Palais zählt das Palais-Projekt damit zu den bedeutendsten Innenstadtprojekten Europas. Realisiert wurde es von neun jeweils mit Teilprojekten betrauten Generalunternehmern mit insgesamt 840 unterschiedlichen Firmen. Allein in den letzten drei Monaten waren täglich über 3000 Beschäftigte auf der Baustelle. Gleichzeitig galt es täglich bis zu 190 LKW zu steuern und bis zu 300 Kubikmeter Abfall zu entsorgen. Kein Wunder, dass „wir von allen Seiten kritisch beäugt wurden, weil jeder das große Verkehrschaos befürchtete“, blickt Andreas Goetz zurück. Dass das große Chaos ausblieb, war das Verdienst des 57-Jährigen und seines Unternehmens. Als neutraler Koordinator definierte und steuerte Bauserve alle logistischen Prozesse auf der Baustelle. Und zwar „auf gleicher Augenhöhe und im engen Zusammenspiel“ (Goetz) mit Auftraggeber und Bauherr „MAB Development Deutschland“. Um die gesamten Abläufe steuern zu können, setzte Bauserve laut Goetz eine Art Logistikparcours um und definierte die Ver- und Entsorgungsprozesse. Festgehalten wurde alles das in einem insgesamt 30 bis 40 Seiten dicken Logistikhandbuch, in dem unter anderem definiert wurde, nach welchen Spielregeln angeliefert, abgeladen, horizontal und vertikal transportiert sowie wiederum organisiert entsorgt werden durfte. „Und das hat sehr gut funktioniert“, sagt Goetz. „Alle Firmen haben nach dem gleichen Prinzip, nach den gleichen Vorgaben und den gleichen Prozessen gearbeitet und in den gleichen Abfalltonnen entsorgt.“ Genau das unterscheidet das Palais-Projekt von anderen Großbaustellen, auf denen sich traditionell viele beteiligte Einzelfirmen selbst um die Ver- und Entsorgung der Baustelle kümmern und sich so häufig gegenseitig blockieren.Trotzdem gab es auch beim Palais-Projekt Widrigkeiten, mit denen Goetz vorab nicht gerechnet hatte, was zuweilen die Abläufe empfindlich störte. „Auf einige Sammelladungsspediteure waren wir zuweilen richtig sauer“, erinnert sich der Geschäftsführer. So hielten sich manche Spediteure nicht an die vorgegebenen Zeitfenster, andere lieferten das falsche Equipment an. Verlässlicher seien die Direkttransporte von Lieferanten gewesen, lobt er. Das war’s dann aber schon mit Kritik im Rückblick. Und auf welche Leistung ist Andreas Goetz im Rückblick besonders stolz? Ganz klar: auf seine Idee, die sogenannte „Deckelbauweise“ des Rohbaus logistisch zu nutzen. Auf diese Weise sei es gelungen, erzählt Andreas Goetz, die Logistik sowohl für den aufgehenden Rohbau oberirdisch als auch für den Aushub und Rohbau auf der darunterliegenden Ebene auszuführen. „Deshalb konnten die gesamten Firmen und Arbeiter gleichzeitig ober- und unterirdisch bauen.“ Dies sei „einer der größten Vorteile und Neuerungen der jetzt prämierten Lösung gewesen. Zwei Monate Bauzeit und Kosten ließen sich so einsparen“, erzählt er. Wie er auf die Idee kam? Und auch hier gibt sich Goetz bescheiden: „Das war reine Intuition.“ ❙❚■ Eva HassaGroßbaustelle Palais-Projekt: 226.000 qm Bruttogeschossfläche entstanden auf 17.500 qm Geländein Frankfurt/MainAusgezeichnete LogistikAlljährlich zeichnet die Bundesvereinigung Logistik (BVL) auf dem Logistics Forum in Duisburg innovative Logistikprojekte aus. Preisträger in diesem Jahr ist ein Dienstleistungsunternehmen für Baulogistik, die Bauserve GmbH. Sie wurde nun für ihre Logistiklösung im „Palais-Quartier“ in Frankfurt/Main prämiert. branchen-spezialPreisträger Andreas Goetz und ein Modell des nun fertigen „Palais-Projekts“Baustellenlogistik„Was wir gemacht haben, war in der Baubranche völlig neu“Für ihre ausgeklügelte Logistiklösung beim Palais-Projekt wurde die Bauserve GmbH von der BVL ausgezeichnet. Was die größten logistischen Herausforderungen waren, sagt Geschäftsführer Andreas Goetz. Was zeichnet die logistische Lösung der Bauserve GmbH aus, dass Sie dafür nun den Service Logistics Award der BVL erhielten?Andreas Goetz: Bevor wir starteten, sagte mir jeder Bauunternehmer, dass jedes Gebäude anders sei und unterschiedlich gehandhabt werden müsse. Das ist richtig. Trotzdem laufen auch hier viele Prozesse ähnlich ab, wie etwa die Steuerung sowie Ver- und Entsorgung der Baustelle. Viele Prozesse lassen sich also durchaus standardisieren. Genau das ist die Aufgabe von Bauserve. Wir sehen uns als neutraler Schiedsrichter und Moderator. Gemeinsam mit dem Bauherrn entwickelten wir zum Beispiel für das „Palais-Projekt“, das jetzt von der BVL ausgezeichnet wurde, die Logistiklösung und definierten die Logistikprozesse. Unterm Strich sparte das enorm Zeit und Kosten. Auf dem 17.500 Quadratmeter großen Baustellengelände waren auf insgesamt 226.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche 800 Firmen beschäftigt, die einen drei Monate, die anderen 1,5 Jahre. Hätte jede Firma ihre eigene Logistik gemacht, hätte sich jeder blockiert. Stand für den Bauherrn die reibungslose Projektabwicklung im Vordergrund oder die Kostenersparnis, als er Sie engagierte? Das weiß ich nicht. Denn alles, was wir gemacht haben, war in der Baubranche damals völlig neu, ja, eine Revolution. Für uns stand aber die Machbarkeit im Vordergrund. Die Kostenersparnis war willkommen, aber nicht das vorrangige Ziel. Worin lag die größte Herausforderung? Die größte Schwierigkeit war, dass das Bauvorhaben mitten im Zentrum von Frankfurt/Main realisiert wurde. Entsprechend beäugt wurde es von allen Seiten. Entsprechend schwierig gestaltete sich auch die Steuerung aller Transporte auf der Baustelle. Für 800 Firmen gab es nur eine einzige Andienzone, also nur eine Möglichkeit von und zur Baustelle. Das zeigt, wie wichtig hier ein neutraler Koordinator mit entsprechendem Regelwerk war, der alle Prozesse steuerte. ehInterviewAndreas GoetzAls neutraler Koordinator definierte und steuerte die Bauserve GmbH im Zusammenspiel mit dem Bauherren die Logistikprozesse und erzielte dadurch folgende Einsparungen:Einsparungen bei den Kosten der Baustelleneinrichtung durch übergeordnete Logistikplanung in Höhe von 1,5 Millionen Euro;Reduzierung der Kosten für Transportaufwand und Wartezeiten durch gezielte Steuerung aller Transporte um 2,3 Millionen Euro;Reduzierung der Bauzeit um insgesamt zwei Monate durch Berücksichtigung logistischer Optimierungen im Bauablauf;Reduzierung des Nachtragsvolumens um 3 Prozent durch Senkung der Reibungsverluste zwischen den ausführenden Parteien;Senkung der Entsorgungskosten auf der Baustelle um über 1,25 Millionen Euro aus dem Einsatz des Entsorgungssystems Rolco;Verminderung der Emissionen durch gleichmäßige zeitliche Verteilung des Baustellenverkehrs und Stauvermeidung. ehSo viel sparte die Bauserve-Lösung ein

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