BAG: Werkverkehr verliert an Bedeutung

Langsam auf dem Rückzug? Werkverkehrs-LKW transportieren immer weniger BAG: Werkverkehr verliert an Bedeutung Die Globalisierung und der Güterstruktureffekt tragen wesentlich dazu bei, dass immer mehr LKW des Verkehrsgewerbes zum Zuge kommen. Zu dieser Einschätzung kommt eine Studie des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG). Der Werkverkehr spielt im Straßengüterverkehr zunehmend eine geringere Rolle. Profiteur dieser Entwicklung war der gewerbliche Güterkraftverkehr. So lautet zusammengefasst das Ergebnis eines Sonderberichtes des BAG zur Entwicklung dieser beiden Zweige zwischen 1999 und 2008. Der Werkverkehr hat seit 1999 Federn lassen müssen. Lagen der Werk- und gewerblicher Verkehr 1999 noch nahezu gleichauf, betrug der Unterschied 2008 750 Millionen Tonnen. Der Werkverkehr verlor in dieser Zeit 26 Prozent seiner Tonnage, die Fuhrbetriebe hingegen konnten ihr Aufkommen um 19 Prozent steigern. Es hat sich also eine Schere aufgetan zwischen diesen beiden Verkehrsarten (s. Grafik Seite 29). Bau: Aufkommen sinkt um 30 Prozent Das BAG nennt verschiedene Gründe für die Entwicklung. Ursache Nummer eins: Bei den Massengütern gab es einen hohen Rückgang des Volumens, vor allem im Segment „Steine und Erden einschließlich Baustoffe“. Dort sackte das Aufkommen zwischen 1999 und 2005 aufgrund der rückläufigen Entwicklung in der Bauwirtschaft um 30 Prozent. Da der Werkverkehr traditionell in diesen Gütergruppen stark vertreten war, litt er auch in stärkerem Ausmaß unter diesen Einbußen. Der zweite Grund für Anteilsverluste des Werkverkehrs: Die Globalisierung erzeugte eine höhere Nachfrage vor allem nach Fahrzeugen, Maschinen, sonstigen Halb- und Fertigwaren sowie besonderen Transportgütern. Diese Güter wurden vorwiegend von gewerblichen Transporteuren befördert, sodass diese stärker von der Globalisierung profitierten. Zugute kam den Fuhrbetrieben zudem, dass die Sendungen immer kleinteiliger wurden. Die Nachfrage nach Transporten von Paketen und Sammelgut nahm zu. „Das waren und sind noch nie Domänen des Werkverkehrs. Daher sind die Anteilsverschiebungen ganz normale Anpassungen an Strukturveränderungen“, kommentiert Christian Labrot, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL), die Entwicklung. Das BAG stellt dazu in seinem Bericht fest: „Während der Werkverkehr in höherem Maße zur Beförderung von Massengütern in geringen Entfernungsbereichen eingesetzt wird, leistet der gewerbliche Verkehr auch komplexere Aufgaben.“ Der BWVL, in dem 1500 Unternehmen aus dem Handel und der Industrie organisiert sind, re-agierte auf diese Einordnung mit Unverständnis. Vielmehr handele es sich bei den Werkverkehrstransporten häufig „um logistisch komplexe Aufgaben“, widerspricht Labrot dem BAG im Interview (s. rechts). Einen weiteren Grund für den Rückgang des Werkverkehrs sieht er in der 1998 abgeschlossenen Liberalisierung. „Der damals im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hohe Anteil des Werkverkehrs in Deutschland ist mit der Deregulierung abgesenkt worden“, sagt Labrot. In einem Kommentar des Verbandes, der der VerkehrsRundschau vorliegt, heißt es zu der BAG-Studie, dass die Analyse „relativ schwach und lückenhaft“ sei und die Schlussfolgerungen nicht wertungsneutral. Weiter merkt der Verband an: „Man kann Verkehrsträgerbereiche nicht wie zwei Unternehmen miteinander vergleichen. Werkverkehr und gewerblicher Verkehr sind Partner und keine Wettbewerber.“ Ungewöhnlich an der BAG-Studie ist zudem, dass die Analyse auf Basis des Aufkommens vorgenommen wird und nicht auf Basis der als aussagekräftiger geltenden Verkehrsleistung. An der gesamten Verkehrsleistung hätte der Werkverkehr 2008 nur einen Anteil von 20,8 Prozent gehabt. ❙❚■ Michael Cordes gewerblicher Verkehr auf Überholspur Anteile des gewerblichen Verkehrs und des Werkverkehrs am Aufkommen in Deutschland Die Schere zwischen dem gewerblichen Straßengüterverkehr und dem Werkverkehr geht immer weiter auseinander. Befanden sich beide Verkehrsarten 1999 fast auf gleicher Hö-he, hat der gewerbliche Verkehr 2008 klar die Nase vorne – wobei der Werkverkehr 2008 wieder Boden gutmachen konnte. cd 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 70 60 50 40 30 50,7 51,5 51,8 54,0 56,1 57,4 60,3 60,3 63,1 62,3 49,3 48,5 48,2 46,0 43,9 42,6 39,7 39,7 36,9 37,7 kündigt. Grundsätzlich müssen damit alle Firmen – nicht nur große Unternehmen – rechnen, die Ist der Werkverkehr ein Auslaufmodell? Christian Labrot, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL), zu der BAG-Studie. Der Werkverkehr als Auslaufmodell: Ist das die Botschaft des BAG-Berichtes? Christian Labrot: So verstehe ich den Bericht absolut nicht. Es gibt Anteilsverluste im Eigenverkehr der Wirtschaft. Deshalb ist der Werkverkehr jedoch noch lange kein Auslaufmodell. Der Bericht macht ja deutlich, dass es vor allem die Entwicklungen im Massengutbereich sind, die diesen Rückgang bewirken. Aber der Werkverkehr hat im letzten Jahrzehnt kräftig an Boden verloren. Das ist richtig, aber keinesfalls zu beklagen, auch von unserer Seite nicht. Denn alles, was die verladende Wirtschaft nicht selber machen muss, ist ja positiv. Zeigt es doch, dass der gewerbliche Güterverkehr eine gute Arbeit macht, die die verladende Wirtschaft mit Aufträgen honoriert. Die Wirtschaft benötigt beides: den gewerblichen Verkehr und den Werkverkehr. Aus dem BAG-Bericht klingt heraus, dass einfache Transporte etwas für den Werkverkehr sind, kompliziertere Logistikketten Sache des gewerblichen Verkehrs. Stimmt dieser Eindruck? Nein, eine solche Interpretation halte ich für nicht zulässig. Werkverkehr wird aus qualitativen und/oder preislichen Gründen betrieben. Die Kostensituation ist angesichts des derzeitigen Angebots auf dem Markt nur noch selten ein Anlass, Werkverkehr zu betreiben. Der qualitative Aspekt steht meistens im Vordergrund: zu gewährleistende Serviceleistungen, der Umgang mit gefährlichen Gütern, besondere Hygieneanforderungen, zuverlässige Filialbelieferung im Lebensmitteleinzelhandel. Gerade das sind häufig logistisch komplexe Aufgaben, in die der Werkverkehr eingebunden ist. Hält der Trend – Anteilsverluste des Werkverkehrs – an? Das hängt entscheidend vom Angebot des gewerblichen Verkehrs ab. Wenn das Angebot qualitativ gut und preislich attraktiv ist und die Anforderungen der Verlader erfüllt, gibt es immer weniger Gründe für einen eigenen Fuhrpark. Werkverkehr ist aber immer eine strategische Entscheidung, wie bei den Spediteuren der Selbsteintritt auch: Wie viel und welche Verkehre vertraue ich einem Externen an? Daran hängt gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen auch eine Sicherheitsstrategie. Für sie ist ein Dienstleisterwechsel häufig nicht ohne großen Aufwand von heute auf morgen möglich. Auch die Marktsituation spielt eine Rolle. So ist in der Boomphase 2008, als Kapazitäten knapp und Transporte teuer waren, prompt die Gütermenge im Werkverkehr stärker gewachsen als im gewerblichen Verkehr. Ich gehe davon aus, dass das Volumen im Werkverkehr relativ konstant bleibt. Wächst das Aufkommen im Gesamtmarkt wie vorhergesagt, profitieren davon eher die gewerblichen Betriebe, sodass es anteilsmäßig zu leichten Verlusten im Werkverkehr käme. cd Interview Christian Labrot Auf den Preis kommt es an! Welche Maßstäbe Verlader bei der Auftragsvergabe anlegen und wie wichtig der Preis und die Qualität der Transportleistungen wirklich sind, das und vieles mehr erfahren Sie auf der VerkehrsRundschau-Konferenz am 16. März 2010 in Düsseldorf. Mit als Referent dabei: Herbert Götz, Präsident des BWVL, der zugleich Kooperationspartner bei der Veranstaltung ist. Ein Auszug aus dem Programm: Peter Viebig, Bayer: Frachteinkauf bei Bayer Material Science Marc Possekel, Logvocatus: Bei Ausschreibungen die Nase vorn Franziska Thümer, K+S AG: Effiziente Steuerung von Logistikdienstleistern Kontakt: Springer Transport Media GmbH, Telefon: 089/20 30 43-1285,E-Mail: events@springer.com, www.verkehrsrundschau.de/events

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