Auf eine gute Anbindung kommt es an

Anschluss verpasst: Das ist immer ein schlechtes Zeichen. Ob nun bei der Zugfahrt, wo man dann auf den nächsten Zug warten muss. Oder ob als Radprofi bei der derzeitigen Tour de France, wenn sich eine Gruppe aus dem Feld löst und man nicht rechtzeitig hinterher kommt. Doch in beiden Fällen ist das eine Momentaufnahme und nur für den Augenblick ein Nachteil. Ist man jedoch als Binnenhafen nicht richtig angeschlossen, ist das dauerhaft fatal. Und was für einen einzelnen Hafen gilt, gilt natürlich auch für den gesamten Logistikstandort Deutschland. Deshalb hat der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030, dessen Entwurf seit Frühjahr vorliegt, eine so hohe Bedeutung. In ihm wird bis 2030 festgelegt, welche Investitionen welcher Verkehrsträger erhalten soll. Auf dem achten Branchenforum SchifffahrtHafenLogistik.NRW mit dem Titel "Infrastruktur und Innovation: Investieren wir genug in die Zukunft?" standen die Binnenhäfen und die Binnenschifffahrt im Mittelpunkt. Ausgerichtet wurde das Forum vom Verband Verkehrswirtschaft und Logistik (VVWL) NRW und der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer Duisburg-Wesel-Kleve. "Die Wasserstraße ist eine Chance zur Bewältigung der steigenden Verkehrsmengen. Sie hat nach wie vor Kapazitätsreserven. Die Binnenschifffahrt könnte vor allem auf dem Rhein, aber auch auf unseren Kanälen, deutlich mehr leisten und damit Straßen und Schienen spürbar entlasten", sagte IHK-Geschäftsführer Stefan Dietzfelbinger. Doch sie tut es nicht, so Dietzfelbinger, weil die Rahmenbedingungen nicht stimmen würden. "Die Anpassung der Fahrrinnentiefe am Rhein zwischen Duisburg und Stürzelberg ist positiv hervorzuheben", hob er ein im Entwurf des BVWP enthaltenes Projekt hervor. "Aber warum setzt man dieses Projekt nicht - wie angemeldet - bis nach Köln fort?", fragte Dietzfelbinger. "Besonders bedauerlich ist aus Sicht des VVWL, dass die Anhebung von Brücken, insbesondere des Wesel-Datteln-Kanals, um die zwei- bis dreilagige Containerschifffahrt im Kanalnetz zu ermöglichen, nicht mehr im Bundesverkehrswegeplan vorkommt", beklagte Christoph Kösters, Hauptgeschäftsführer des VVWL. Der Verband unterstützt die Initiative des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), sich außerhalb des BVWP erneut mit den Anhebungen zu beschäftigen. Denn ein Teil der Brücken müsse sowieso erneuert werden. Daher könne man eine Anhebung der Brücken mit deren Neubau verbinden. Vom Märchenbuch zum Tatsachenroman Antworten auf diese Fragen erhofften sich die Gäste des Forums von Reinhard Klingen. Der Abteilungsleiter Wasserstraßen, Schifffahrt im Bundesverkehrsministerium (BMVI) nannte zunächst mal die Zahl der Eingaben, die es zum Entwurf des BVWP gab: 40.000. "Das hätte auch schlimmer kommen können", zeigte sich Klingen nicht überrascht. Nicht alles, was im BVWP steht, wird jedoch auch tatsächlich gebaut. "In der Vergangenheit lag der Umsetzungsgrad bei den Bundesverkehrswegeplänen bei etwa 50 Prozent", verriet Klingen. Er zeigte sich zuversichtlich, dass jetzt mehr Projekte realisiert werden und damit der BVWP "vom Märchenbuch zum Tatsachenroman wird". Er begründete seine Einschätzung damit, dass man die Investitionskosten sehr viel genauer berechnet und geprüft habe als in der Vergangenheit. Bezüglich einer Vertiefung des Rheins über Stürzelberg (bei Neuss) hinaus sagte Klingen: "Wir diskutieren auch noch weitergehende Ausbauvarianten. Allerdings ist deren Nutzenverhältnis nicht so gut", verbreitete der Ministerialdirektor zumindest ein wenig Hoffnung, dass eine Vertiefung bis Köln noch möglich ist. Mit den Brückenanhebungen sieht es hingegen weniger gut aus. Denn hier wurde nur ein Kosten-Nutzen-Verhältnis von 0,5 berechnet, so dass sich dieses Projekt nicht rechnen würde. "Aber wir sind mit dem Land Nordrhein-Westfalen im Gespräch, ob es nicht eine Möglichkeit außerhalb des BVWP gibt", deutete Klingen ein Schlupfloch außerhalb des BVWP an. Der Chef des Duisburger Hafens, Erich Staake, wies auf Bauprojekte im Ausland hin, die aber auch den Standort Deutschland und die Binnenhäfen betreffen. So geht er davon aus, dass die Seehäfen im Mittelmeer an Bedeutung gewinnen werden. Auch in der Ostsee würden sich nach Danzig und Gdingen andere Seehäfen wie Klaipeda als Umschlagpunkt für Großcontainerschiffe anbieten. "Das wird Folgen haben auf die Mengenentwicklung der Seehäfen in der Hamburg-Le Havre-Range und auf deren Hinterlandverkehre", prognostizierte Staake. Auf diese Entwicklung habe sein Unternehmen frühzeitig reagiert und europaweit ein Netz im Kombinierten Verkehr geknüpft (siehe Kasten). Dringender Bedarf bei den Schleusen Kaum Infrastrukturprobleme für die Binnenschifffahrt sieht Heinrich Kerstgens auf dem Rhein. Der Geschäftsführer von Contargo, ein auf Containerverkehre spezialisiertes Unternehmen, zählte ein paar Engpässe am Oberrhein auf und nannte die eine oder andere Hafeneinfahrt, wo er sich einen breiteren Zugang wünscht. Wichtiger seien jedoch die Erneuerungen von Schleusen an Main, Neckar und an der Mosel. "Die müssen größer, erneuert und IT-technisch besser vernetzt werden." Ihm sei bewusst, dass dies viel Geld koste. "Aber wenn wir das nicht bald machen, werden sich die dort ansässigen Unternehmen woanders ansiedeln und wir können die Schifffahrt auf diesen Wasserwegen ganz einstellen", so seine Prognose. Dann hätten die dortigen Häfen und Anrainer dauerhaft den Anschluss verpasst und keine Verbindung mehr zur Verfügung - zumindest nicht auf dem Wasserweg. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Binnenhäfen www.verkehrsrundschau.de/dossiers Neue Verbindungen zwischen China und Duisburg DHL baut Stückgutverkehre per Bahn nach China aus Als vor einigen Jahren die ersten Güterzüge zwischen Europa und China fuhren, zeigten sich viele Experten skeptisch, ob dieses Modell Zukunft hat. Doch mittlerweile herrscht reger Betrieb auf der Strecke. So bietet DHL jetzt neue wöchentliche Schienenverkehre für Stückgutransporte zwischen Westeuropa und China an mit einer Laufzeit von 22 bis 24 Tagen. Für Unternehmen, die nicht alleine einen ganzen Container füllen können, konsolidiert DHL im Freight Terminal Duisburg die Sendungen. Amadou Diallo, CEO von DHL Freight, hob die Möglichkeiten am Standort Duisburg hervor. "Kürzere Wege zu den Kunden und exzellente Intermodalanbindungen bieten viele Chancen, schneller zu liefern und Kostenvorteile zu erzielen. Wir werden diesen Bereich daher konsequent ausbauen", sagte Diallo.Für den Hafen Duisburg spielt der Ausbau der Verbindungen per Bahn eine wichtige Rolle, um am Standort weitere Leistungen wie Verzollung, Komissionierung oder Weitertransport der Sendung anzubieten. "Als wichtigster Hub im europäischen Hinterland verbinden den Duisburger Hafen 400 Züge pro Woche mit über 80 Zielen in Europa und Asien", sagte Staake. Damit versucht der Hafen, das ausbleibende Wachstum aus den Seehäfen zu kompensieren. "Die Jahre, in denen der Seecontainerverkehr stärker als die Wirtschaft zulegte, die sind vorbei", sagte Staake auf dem Branchenforum. Und fand klare Wort für die Erweiterung des Hafens Rotterdam auf der Massvlakte II:"Wenn das Wachstum weiterhin ausbleibt, ist die Maasvlakte II das größte Fehlinvestment, was je in eine Infrastruktur gemacht wurde." cd

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