Abgerechnet wird zum Schluss

Das kann dem Chef schon mal die Zornesfalten ins Gesicht treiben. Da flattert eine üppige Reparaturrechnung auf seinen Tisch - für ein Leasingfahrzeug, das seit ein paar Wochen gar nicht mehr im Fuhrpark ist. Detailliert wird da die Beseitigung von Kratzern und kleinen Beulen abgerechnet sowie von einem Steinschlag in der Frontscheibe. Sogar für ein unzureichendes Reifenprofil und die verpasste Wartung in der Fachwerkstatt finden sich Positionen im Zahlenwerk - und treiben den Blutdruck des Unternehmers nach oben. "Das habe ich doch alles schon mit der Leasingrate bezahlt", ärgert er sich - und liegt damit oft falsch. Beim Einsatzzweck nicht schummeln "Die meisten Leasing-Kunden kennen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Leasinggesellschaften nicht und sind danach überrascht, was da so alles angeführt wird", sagt Johann Hiltmair, Geschäftsführer von Hiltmair Management Consultants, der Fuhrparkunternehmen bei Beschaffungsfragen berät. Sein Tipp: Die AGB bereits vor Abschluss des Miet- oder Leasingvertrages durcharbeiten und im Zweifelsfall verhandeln. "Durch Durcharbeiten der AGB und Verhandeln von abweichenden Regularien kann man eine deutlich bessere Ausgangssituation erreichen. Dies betrifft die Profiltiefe der Reifen und die Akzeptanz von Lackbeschädigungen", sagt Hiltmair. Manche Unternehmer lassen es aber auch drauf ankommen. Sie geben gegenüber dem Vermieter an, dass ein Fahrzeug im Verteilerverkehr eingesetzt wird und fahren dann im Fernverkehr. Oder ein Fernverkehrs-Fahrzeug wird entgegen den vertraglichen Bedingungen auf Baustellen eingesetzt. Das ist ein Vertragsbruch. Der Vermieter wird in diesem Fall die Rate nachträglich gemäß dem tatsächlichen Einsatz neu berechnen und die Differenz in Rechnung stellen. Doch auch kleine Kratzer und Beulen summieren sich schnell auf einen vierstelligen Betrag. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, vor der eigentlichen Rückgabe einen vorgezogenen Fahrzeugcheck zu machen. Manche Vermieter und Leasinggesellschaften oder Hersteller bieten dies sogar aktiv an. Ansonsten stehen beispielsweise die Gutachter des TÜV Süd oder anderer Sachverständigenorganisationen für diesen Service bereit. Dabei geht es nicht um Gefälligkeitsgutachten, die den Fuhrparkunternehmer reinwaschen sollen, sondern um einen Abgleich zwischen dem vertraglich vereinbarten Sollzustand des Fahrzeugs und dessen Ist-Zustand. Der Sinn einer solchen Vorabinspektion: Kleine Schäden kann der Fahrzeugnutzer auf eigene Kosten vor der eigentlichen Rückgabe beseitigen lassen. Aufgrund von Smartrepair-Verfahren oder den niedrigeren Kosten einer eigenen Werkstatt ist dies oft billiger als die Schadensbehebung in der Markenwerkstatt, die der Vermieter oder Leasinggeber abrechnet. "Wir empfehlen in der Regel vier Wochen vor Rückgabe eine neutrale Prüfung durch einen Gutachter", sagt Hiltmair. Fotovergleiche helfen Einen entscheidenden Einfluss auf die Zusatzkosten aus der Schadenabrechnung hat natürlich der Fahrer. Brandflecken oder schmutzige Sitze führen ebenso zu Nachzahlungen wie fehlende Abdeckungen - oder gar Kühlschränke. Allerdings lässt sich sagen, dass zahlreiche Vermieter, Leasinggesellschaften und Hersteller viel dafür getan haben, die Rückgabe fair und transparent zu gestalten. MAN hat beispielsweise einen mehrseitigen Leitfaden für Fahrzeuge mit Rückkaufvereinbarungen und Leasingfahrzeuge ausgearbeitet, der den Rückgabeprozess schildert. Anhand von Fotos unterscheidet der Hersteller zwischen normalen Gebrauchsspuren und Verschleiß - sowie Schäden infolge von Fehlnutzung oder mangelnder Pflege, die zulasten des Fahrzeugnutzers gehen. "Wir haben in den letzten Jahren viel investiert, um die Übergabe und Rückgabe, Schadengutachten und Minderwertgutachten nachvollziehbar und fair nach Kundenbedürfnissen zu gestalten", sagt Marco Reichwein, Geschäftsführer der Euro-Leasing, die unter der Marke MAN Financial Services bundesweit an 70 Standorten aktiv ist. Laut Reichwein hat das Unternehmen seinen Schadenkatalog zur Unterscheidung von Gewalt- und Gebrauchsschäden überarbeitet und ist detaillierter auf Materialeigenschaften und Nutzungsbedingungen der Mietkunden eingegangen. "Dabei haben wir auch neue Reparaturkonzepte wie Smartrepair eingebunden", so Reichwein. Auch die Eigenreparatur ist eine Option. Fotobeweis nach strengen Vorgaben "Besonderes Augenmerk haben wir auf den transparenten Rückgabeprozess und die faire Beurteilung und Bewertung der Schäden gelegt", sagt Reichwein. Das Fahrzeug werde im Dialog mit dem Mieter zurückgenommen. Schäden werden detailliert protokolliert und mithilfe von Fotos dokumentiert. Nach den dem Vertrag zugrunde liegenden Bewertungskriterien werde neutral durch unabhängige Sachverständige beurteilt, welche Spuren für Fahrzeug und Laufleistung üblich sind und was über den normalen Verschleiß hinausgeht. Auch TIP Trailer Services hat einen standardisierten Prozess entwickelt, der die Rücknahme von Transporteinheiten in allen Depots und Subdepots einheitlich regelt. Die Mitarbeiter des Vermieters verwenden sowohl beim Ein- als auch beim Auschecken von Aufliegern mobile Handhelds. Neben der digitalen Form werden vor allem in den Subdepots oder bei Servicepartnern für die Abholung und für die Rückgabe Papiervorlagen genutzt. Erfasst werden Datum, Adresse, gefahrene Kilometer und Kennzeichen der Einheit. Fotos des zurückgegebenen Trailers werden entweder direkt über die Handhelds oder mittels einer Digitalkamera aufgenommen und später zu dem ausgefüllten schriftlichen Übergabeprotokoll hinzugefügt. Die Ein- und Auscheckberichte lassen sich so präzise abgleichen. Bei den Schadenfotos folgen die Mitarbeiter in jedem Depot klaren Standards, wenn es um die Perspektive und den Abstand geht. Zusätzlich werden bei der Rückgabe auch die Profiltiefen der Reifen gemessen und der Kilometerstand notiert. Prüfen mit dem Beulenkatalog Für eine einheitliche Schadenbewertung sorgt der sogenannte TIP-Beulenkatalog. Dieser beschreibt genau, was Schäden sind und zeigt anhand von Beispielfotos den Unterschied zwischen Verschleiß und Beschädigung auf. Das schafft für den Kunden vor der Rückgabe Transparenz. Die Schadenbewertung wird von einem hierzu ausgebildeten TIP-Mitarbeiter zusammen mit dem Kunden oder dessen Fahrer vorgenommen. Wer Nachzahlungen auf jeden Fall vermeiden möchte, kann bei dem Trailer-Vermieter optional einen Schadenhaftungsschutz buchen. Mit Ausnahme der Selbstbeteiligung ist er damit gegen Nachzahlungen aus der Schadenabrechnung abgesichert. Auch der Herzberger Vermieter Pema hat sich Transparenz auf die Fahne geschrieben. Bei der Rücknahme in den Niederlassungen oder Depots begutachtet ein entsprechend qualifizierter Mitarbeiter gemeinsam mit dem Kunden oder dessen Fahrer das Fahrzeug. Die Schäden werden standardisiert über ein Rücknahmeprotokoll erfasst. Anschließend gehen die Unterlagen inklusive der Fotos zu einem externen Partner, der die Reparaturwerte berechnet. Sollten größere Schäden aufgetreten sein, wird das Fahrzeug noch zusätzlich durch einen externen Gutachter geprüft. Alle Standorte halten sich an einheitliche Vorgaben. Technische Mängel werden im Normalfall nicht aufgenommen beziehungsweise gesondert vermerkt, da diese durch den Full-Service bereits abgedeckt sind. Bei allen Reifen wird die Profiltiefe gemessen und zudem geprüft, ob es sich um den richtigen Reifen bei der Rückgabe handelt. Ein besonderer Service: Der Schadenkatalog, der zwischen Schäden und Verschleiß differenziert, ist auch über die Homepage einsehbar. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Miete www.verkehrsrundschau.de/dossiers Tipps So klappt die Rückgabe - Rücknahmebedingungen kennen: Auch wenn die Rücknahmebedingungen im Kleingedruckten stehen, sollte man sie durcharbeiten und nötigenfalls mit dem Vermieter oder Leasinggeber verhandeln. Auch vor der Rückgabe lohnt ein Blick in den Vertrag.- Vorbegutachtung vereinbaren: Mit dem Leasinggeber oder Vermieter bereits vor Abschluss ein Schadensprotokoll ausfüllen und Schäden eventuell auf eigene Kosten beheben. Gerade bei Kleinschäden ist es oft günstiger, in der eigenen Werkstatt oder einem unabhängigen Reparaturbetrieb zu reparieren, als dies in der Markenwerkstatt zu machen.- Neutrale Gutachter beauftragen: Leasinggeber und -nehmer können vereinbaren, die Abnahme durch einen neutralen Gutachter durchführen zu lassen.- Wartungsintervalle einhalten: Wer vorgeschriebene Wartungen nicht durchführen lässt, wird bei der Schadenabrechnung am Vertragsende kräftig zur Kasse gebeten.- Auslieferungszustand herstellen: Kaffeemaschinen, Fernseher und andere Einbauten müssen vor der Rückgabe rückgebaut werden, ebenso wie weitere technische Änderungen am Fahrzeug. helQuelle: TÜV SÜD; Hiltmair Consulting.

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