Hamburg. Es war ein ungewohntes Bild im bislang so korrekt und ruhig geführten Piraten-Prozess vor dem Hamburger Landgericht: Anklage und Verteidigung gerieten am Mittwoch lautstark aneinander. Auslöser für den Streit im Gerichtssaal war eine Stellungnahme des Staatsanwaltes, der sich bei dem Zeugen, dem niederländischen Marineoffizier Hans Lodder, bedankte und „für die Fragen und das Verhalten der Verteidigung" entschuldigte. Man könne demnach fast den Eindruck gewinnen, der Angeklagte heiße Lodder, der zehn somalische Bürger verschleppt habe.
„Unterirdisch", „unmöglich" und „unter der Gürtellinie" nannten einige der insgesamt 20 Verteidiger die Erklärung und verlangten, dem Staatsanwalt sofort das Wort zu entziehen, was der Richter jedoch ablehnte. Stattdessen fuhr der Staatsanwalt fort: „Unterirdisch war der Antrag der Verteidiger, ein Ordnungsgeld oder Ordnungshaft gegen den Zeugen zu verhängen, weil er mit Berufung auf seine Geheimhaltungspflicht eine Frage nicht beantwortet hatte." Letztlich sei es dem Einsatz der niederländischen Marineeinheit unter Kapitän Lodder zu verdanken, dass bei dem Angriff auf den Hamburger Frachter „Taipan» im April 2010 niemand ernsthaft verletzt worden war.
Die Gegenseite stellte klar, dass es Hinweise auf Verstöße gegen rechtliche Vorschriften bei der Festsetzung der Angeklagten durch das Marinekommando gegeben habe. „Auch im Rahmen der Pirateriebekämpfung und auf hoher See darf nicht gegen die Menschenrechte verstoßen werden", sagte eine Verteidigerin. Die Anwälte müssten diesen Hinweisen im Zuge der Beweisaufnahme und der Zeugenbefragung vor Gericht nachgehen. Zehn mutmaßliche somalische Piraten müssen sich vor dem Hamburger Landgericht wegen Gefährdung des Seeverkehrs und erpresserischen Menschenraubs verantworten. (dpa)