Scheinselbstständigkeit: Den Status im Check

In Kürze Wenn sich ein Unternehmen unsicher ist, ob ein Vertragspartner als freier Mitarbeiter oder als sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer einzuordnen ist, sollte es ein Statusfeststellungsverfahren einleiten. Das Prozedere dazu hat der Gesetzgeber vereinfacht und zudem neue Optionen eingeführt. Bevor Unternehmen voreilig vermeintlich selbstständige Arbeiter unter Vertrag nehmen, sollten sie Vorsicht walten lassen. Denn es kann die Gefahr bestehen, dass der Vertragspartner einer Scheinselbstständigkeit unterliegt und damit wie bei normalen Angestellten unter anderem Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen sind. Rentenversicherung als Clearingstelle Die Rechtsprechung hat verschiedene Kriterien entwickelt, um selbstständige Tätigkeiten von Scheinselbstständigkeit abzugrenzen. Unter anderem gilt als scheinselbstständig, wer das Material oder Fahrzeug vom auftraggebenden Unternehmen gestellt bekommt und diesem gegenüber weisungsgebunden ist. Auf weitere Kriterien ist die VerkehrsRundschau in Ausgabe 9/2023 eingegangen. Das Einstellen eines abhängig Beschäftigten unter dem Deckmantel der Selbstständigkeit kann für das Unternehmen weitreichende finanzielle und sogar strafrechtliche Folgen haben. Ist sich ein Unternehmen unsicher, ob ein Vertragspartner als freier Mitarbeiter oder als Arbeitnehmer einzuordnen ist, kann es dem Betrieb helfen, wenn es rechtzeitig ein sogenanntes Statusfeststellungsverfahren einleitet. Das Verfahren nach Paragraf 7a Absatz 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) soll den Beteiligten Rechtssicherheit darüber verschaffen, ob sie selbstständig tätig oder abhängig beschäftigt sind. Dafür zuständig ist die Deutsche Rentenversicherung als bundesweite Clearingstelle für sozialversicherungsrechtliche Statusfragen. Vereinfachtes Verfahren Während die Unternehmen früher vor der Einleitung eines solchen Verfahrens aufgrund der hohen Komplexität zurückschreckten, dienen die seit dem 1. April 2022 eingeführten Neuerungen dazu, die Statusfeststellung um ein Vielfaches zu vereinfachen und die Betroffenen dazu zu bewegen, das Verfahren von sich aus in Anspruch zu nehmen. Was sieht das Statusfeststellungsverfahren nun neu an Optionen vor? Die eingeführte Prognoseentscheidung ermöglicht es, den Erwerbsstatus schon vor Aufnahme der Tätigkeit festzustellen und damit frühzeitiger als bisher. Zweitens wird nur noch der Erwerbsstatus festgestellt, nicht mehr die Versicherungspflicht aufgrund abhängiger Beschäftigung. Das entlastet Beteiligte und die Clearingstelle von bürokratischem Aufwand. Es vereinfacht und beschleunigt das Verfahren. Gruppenfeststellung möglich Daneben ermöglicht das Verfahren nun auch eine Gruppenfeststellung. Vor allem Auftraggeber gleicher Auftragsverhältnisse müssen nun nicht mehr für alle Auftragnehmer separate Statusfeststellungsverfahren beantragen. Ein weiterer Punkt: Dreieckskonstellationen lassen sich prüfen. Wenn ein Dritter beteiligt ist, kann damit in einem Verfahren geklärt werden, wer der Arbeitgeber ist. Im Widerspruchsverfahren gibt es hier auch die Möglichkeit der mündlichen Anhörung. Leiten die Betroffenen das Verfahren nicht durch eigene Hand ein, klärt die Deutsche Rentenversicherung den Erwerbsstatus meist im Rahmen einer Betriebsprüfung. Diese findet in der Regel alle vier Jahre statt. Dabei schauen die Prüfer, ob das Unternehmen für alle Arbeitnehmer ordnungsgemäß die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt hat. Wenn ein Unternehmen eigeninitiativ das Statusfeststellungsverfahren einleitet, bewertet die Versicherung dies hierbei positiv. Stellt sich nämlich erst im Rahmen einer Betriebsprüfung heraus, dass es sich bei einem Auftragsverhältnis zwischen dem Unternehmen und dem Mitarbeiter um Scheinselbstständigkeit handelt, ist meist ein Zeitraum von mehreren Jahren verstrichen. Vorbauen statt teurer Folgen Für das Unternehmen kann dies sehr teuer werden. Denn der Arbeitgeber muss sämtliche Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile) nachzahlen. Dabei besteht grundsätzlich rückwirkend Sozialversicherungspflichtigkeit bis zum tatsächlichen Beginn der Beschäftigung. Ausnahmsweise kann jedoch auch der Tag als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis gelten, an dem die Deutsche Rentenversicherung ihre Entscheidung bezüglich des Beschäftigungsstatus bekannt gegeben hat. Dafür muss das Einverständnis des Beschäftigten vorliegen. Außerdem muss der Beschäftigte eine vergleichbare Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheiten und zur Altersvorsorge vorgenommen haben. In sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht muss der Unternehmer nun seiner Melde- und Beitragsleistungspflicht bei der gesetzlichen Krankenkasse nachkommen. Nicht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge sind für den nachgewiesenen Zeitraum vom Unternehmen abzuführen und zu verzinsen. Aspekte im Arbeits- und Steuerrecht Dieser Zeitraum kann bei Vorsatz bis zu 30 Jahre umfassen. Dabei ist zu beachten, dass das Unternehmen dieses Geld nur im sehr begrenzten Umfang verrechnen kann, indem es das Gehalt vom Arbeitnehmer teilweise einbehält. Ab dem Zeitpunkt, an dem die Rentenversicherung die Scheinselbstständigkeit feststellt, ist es dem Arbeitnehmer zudem möglich, seine Rechte hinsichtlich Lohnfortzahlung, Urlaub und Kündigungsschutz wahrzunehmen. Unabhängig von der sozialgerichtlichen Bewertung des Erwerbsstatus kann auch das Finanzamt den Arbeitnehmerstatus feststellen. Ist dies der Fall, unterliegen die Betroffenen im Rahmen der einkommensteuerlichen Regelungen der Pflicht, gegebenenfalls gesamtschuldnerisch Nachzahlungen zu erbringen. Darunter fällt insbesondere die Rückzahlung der bisher angefallenen Umsatzsteuer durch den Scheinselbstständigen und der Entfall des Vorsteuerabzugs durch den bisherigen Auftraggeber. Darf´s noch mehr sein? Auf unserer Profiplattform VerkehrsRundschau plus gehen wir - gratis für Abonnenten - in einem Beitrag auf einige Sonderfälle im Bereich der Selbstständigkeit ein. Abzugrenzen von Scheinselbstständigen ist zum Beispiel der rentenversicherungspflichtige Selbstständige. Dieser muss, ähnlich wie Scheinselbstständige, Sozialversicherungsbeiträge zahlen. www.verkehrsrundschau.de/plus/selbststaendig

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