Die Aufarbeitung der gescheiterten Pkw-Maut hat ein juristisches Nachspiel für den früheren Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Die Berliner Staatsanwaltschaft leitete wegen einer möglichen Falschaussage im Untersuchungsausschuss des Bundestags ein Ermittlungsverfahren gegen Scheuer sowie den früheren Verkehrsstaatssekretär Gerhard Schulz ein, wie die Behörde am Dienstag mitteilte. Zuerst hatte der «Spiegel» darüber berichtet.
Scheuer sagte: "Ich habe vor dem Untersuchungsausschuss wahrheitsgemäß ausgesagt. Dem ist nichts hinzuzufügen. Ich gehe fest davon aus, dass auch eine Überprüfung zu keinem anderen Ergebnis kommen wird."
Die Staatsanwaltschaft Berlin teilte mit, es sei bereits am 13. April ein Ermittlungsverfahren gegen Scheuer und Schulz eingeleitet worden - und zwar wegen des Verdachts der falschen uneidlichen Aussage vor dem Untersuchungsausschuss. Dem Verfahren liegen demnach mehrere Strafanzeigen von Privatpersonen zugrunde.
2019 wurde das Projekt "Pkw-Maut" gestoppt
Die Pkw-Maut - ein Prestigeprojekt der CSU in der damaligen schwarz-roten Bundesregierung - war im Juni 2019 vom Europäischen Gerichtshof als rechtswidrig gestoppt worden. Ein Untersuchungsausschuss hatte sich mit möglichen Fehlern Scheuers befasst. In der Kritik stand vor allem, dass Scheuer Betreiberverträge zur Pkw-Maut schon Ende 2018 abschloss - noch bevor endgültige Rechtssicherheit beim EuGH bestand.
Bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft geht es konkret darum: Scheuer und Schulz sollen laut Mitteilung "bewusst wahrheitswidrig" ausgesagt haben, nach ihrer Erinnerung habe es kein Angebot des designierten Mautbetreiberkonsortiums gegeben, den Vertragsabschluss zur Pkw-Maut auf einen Zeitpunkt nach dem zu erwartenden EuGH-Urteil zu verschieben.
Manager der für die Pkw-Maut eigentlich vorgesehenen Betreiberfirmen hatten im Untersuchungsausschuss von einem solchen Angebot an Scheuer berichtet. Scheuer dagegen hatte Anfang Oktober 2020 vor dem Untersuchungsausschuss gesagt, ein solches Angebot der Betreiber habe es nach seiner Erinnerung nicht gegeben.
Auswirkungen könnten noch teuer werden
Die gescheiterte Pkw-Maut könnte noch teuer für den Steuerzahler werden. Wie die vorgesehenen Betreiber CTS Eventim und Kapsch Trafficcom Ende März mitgeteilt hatten, bejahte ein Schiedsgericht einen Anspruch auf Schadens- und Aufwendungsersatz gegen die Bundesrepublik. In einer zweiten Phase des Schiedsverfahrens werde nun über die Höhe des Anspruchs entschieden. Die Firmen fordern 560 Millionen Euro. Direkt nach dem Urteil des EuGH hatte Scheuer die Betreiberverträge gekündigt, unter anderem weil sie vertragliche Leistungen nicht erfüllt hätten. (ste/dpa)