Seit längerem schon spekulieren Logistikverbände, Spediteure und Transportunternehmen über die Frage, ob die geplante Erhöhung der Lkw-Maut zum 1. Januar 2023 nun tatsächlich in Kraft tritt oder nicht.
Erst am Anfang der Woche sprachen sich der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) und der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) widersprüchlich zum geplanten Gesetzesentwurf aus:
In einem öffentlichen Schreiben kündigte Vorstandssprecher Dirk Engelhardt an, dass sich die Speditionsbranche angesichts hoher Treibstoffpreise für eine Verschiebung um einige Monate ausgesprochen hätten: "Es ist kaum möglich, die jetzige Mauterhöhung der verladenden Wirtschaft in Rechnung zu stellen."
Besonders betroffen seien Spediteure, die ihren Fuhrpark großteils auf LNG-Fahrzeuge umgestellt haben. "Flüssiggas hat sich weit mehr verteuert als der Diesel, die meisten Auftraggeber sind jedoch nur bereit, Frachtaufträge auf Diesel-Basis zu bezahlen", sagte Engelhardt.
Der Verbandschef wies zudem darauf hin, dass sich eine höhere Maut für Lkw letztlich auch auf die Preise für Verbraucher auswirken dürfte: "Wenn die Öko-Maut kommt, muss klar sein: Der Auftraggeber - und damit früher oder später der Endverbraucher - zahlt."
Der DSLV widersprach dem BGL noch am selben Tag: In einem Schreiben an die Mitglieder des Deutschen Bundestags foerderte Hauptgeschäftsführer Frank Huster auf, für den geplanten Gesetztesentwurf zu stimmen: "Die neuen Mautteilsätze wurden von Speditionshäusern überwiegend bereits übernommen, indem sie in die betrieblichen IT-Systeme und Kostenkalkulationen eingepflegt wurden." Preisverhandlungen mit der verladenden Industrie und dem Handel über geltende Frachtraten für den Straßengüterverkehr seien ebenfalls längst abgeschlossen und vertraglich fixiert.
Huster erklärt weiter: "Es sind offensichtlich Kleinstunternehmen des Straßengüterverkehrsgewerbes, die mit der Überwälzung der Maut überfordert sind. Die Speditionshäuser haben ihre Verhandlungen mit der verladenden Wirtschaft zur Kostenüberwälzung überwiegend bereits beendet."
Nun geht der BGL davon aus, dass die Lkw-Maut-Erhöhung nicht mehr bis zum 1. Januar 2023 durchgesetzt werden kann. Engelhardt bezieht sich bei seiner Vermutung darauf, dass der Tagesordnungspunkt zum "Fünften Gesetz zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes" des am Mittwoch, 9. November, tagenden Verkehrsausschusses des Bundestags gestrichen wurde: "Jetzt ist es amtlich – es gibt zum 1. Januar keine zusätzlichen Belastungen für das mittelständische Transportgewerbe durch eine Erhöhung der Lkw-Maut."
Udo Schiefner (SPD), Leiter des Verkehrsausschusses des Bundestags, hat der VerkehrsRundschau exklusiv bestätigt, dass der Tagesordnungspunkt zum "Fünften Gesetz zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes" am heutigen Mittwoch, 9. November, vertagt wurde.
In diesem Zuge fordert der Verband eine Mautreform für 2024. In einer Pressemitteilung schreibt Engelhardt: "Die Branche braucht jetzt Klarheit, dass es im Sinne eines Belastungsmoratoriums im Jahr 2023 keine Mauterhöhung gibt und stattdessen für 2024 eine umfassende Mautreform auf den Weg gebracht wird." Dazu gehörten dann, laut BGL, die Ausdehnung der Lkw-Maut auf Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen, eine CO2-Maut, die sich an der Marktreife und der tatsächlichen Verfügbarkeit von Lkw mit alternativen Antrieben orientiert sowie die im Koalitionsvertrag versprochene Regelung zur Vermeidung einer doppelten Anlastung des CO2-Preises über den Dieselpreis und zusätzlich nochmals über die Lkw-Maut.