Wenn ein T-Shirt in Deutschland im Geschäft, ein Schokoriegel im Supermarkt oder ein Sofa im Möbelhaus ankommt, haben die Produkte oft viele Fertigungsstufen in verschiedenen Ländern hinter sich. Seit fast zwölf Monaten nimmt das von der Wirtschaft teils scharf kritisierte Lieferkettengesetz Unternehmen in Deutschland in die Pflicht, damit diese nicht etwa von Kinder- und Zwangsarbeit bei ihren Zulieferern profitieren. Sanktionen wegen Verstößen hat das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) im ersten Jahr nach eigenen Angaben noch nicht verhängen müssen.
Wie die Behörde nun mitteilte, gab es seit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 486 Kontrollen bei Unternehmen - zum Großteil in der Automobil-, Chemie-, Pharmazie-, Maschinenbau-, Energie-, Möbel-, Textil- sowie Nahrungs- und Genussmittelindustrie. Es seien 38 Beschwerden eingegangen, in sechs Fällen habe das Bafa Kontakt mit dem Unternehmen aufgenommen.
Die Behörde zieht eine positive erste Bilanz: Die verpflichteten Unternehmen setzten sich demnach mit ihren Lieferketten stärker auseinander und die Anforderungen des Gesetzes größtenteils erfolgreich um. Dabei seien sie auch auf ihre Zulieferer zugegangen, um Missstände zu beseitigen oder abzumildern.
Wirtschaft kritisiert hohen Aufwand
Die Wirtschaft kritisiert die Regeln jedoch noch immer. „Die Zielsetzung des Gesetzes wird von der deutschen Wirtschaft geteilt, sorgt aber in der Praxis für Schwierigkeiten", sagte der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian, der Deutschen Presse-Agentur. Die Auswirkungen seien heute schon auch für kleine und mittelständische Unternehmen spürbar. „Wenn sie mit großen Unternehmen Geschäfte machen, wird auch von kleinen Betrieben verlangt, die Standards zu erfüllen", so Adrian.
„Ein Beispiel aus meiner Praxis: Wir liefern Maschinen an große Unternehmen, die von uns erwarten, dass wir die Vorgaben einhalten. Wir haben allein schon 157 Vorlieferanten, von denen wir wiederum Produkte beziehen, bei denen wir dann die Einhaltung der Standards von Beginn an überprüfen müssen. Das ist teilweise schier unmöglich, das funktioniert nicht", sagte Immobilienunternehmer Adrian.