Wo sind die Lkw?

Lange Wartezeiten bei Neufahrzeugen, ein überschaubarer und zudem kostspieliger Markt für junge Gebrauchte - so mancher, der mittels klassischer Beschaffungsformen wie Kauf, Kreditfinanzierung oder Leasing den Fuhrpark mit Lkw und Trailern aufstocken wollte, schaute in diesem Jahr in die Röhre. "Wir hören nicht selten vom Hersteller: Eigentlich kann ich euch den Lkw verkaufen, leider aber ohne elektrische Fensterheber, denn da fehlt uns der nötige Halbleiter", bringt Peter Hellwich von der PHS Fuhrparkberatung aus Germering das Dilemma auf den Punkt. Zum Chipmangel gesellten sich dann auch noch Lieferkettenprobleme. Dass Transportunternehmen und ihre Fuhrparks massiv unter dieser Krise zu leiden haben, ergab auch eine Umfrage unter den Teilnehmenden eines Webinars, das die Verkehrs-Rundschau in diesem Herbst zum Thema veranstaltet hat (siehe Grafiken, Seite 39). Entwarnung gibt es seitdem leider nicht - Halbleitermangel und fragile Lieferketten dürften die Nutzfahrzeugindustrie noch bis ins nächste Jahr begleiten. Unternehmen bleiben also auch weiterhin wenig Möglichkeiten, den Fuhrpark am Laufen zu halten. "Solange man keine zusätzlichen Fahrzeuge braucht, ist die Verlängerung der Haltedauer für den Übergang eine Option", sagt Hellwich. Dabei ist natürlich zu beachten, dass Qualitätsversprechen gegenüber den Kunden einzuhalten sind. Etwa wenn man zusagt, Transporte nur mit jungen Lkw durchzuführen. Mieten wird teurer Wenn es keine Kaufoption gibt, bleibt die Anmietung. Aber auch der Mietmarkt ist vor der industriellen Großwetterlage nicht gefeit. "Von den Fahrzeugen, die auf den Markt kommen, sind gewisse Kontingente für Großkunden vorgesehen und gewisse Kontingente für Vermieter", so Hellwich. In dieser angespannten Situation könne es also durchaus passieren, dass die Vermieter-Kontingente zurückgefahren werden und diese dann selbst Probleme bekommen, ihren Fuhrpark zu erneuern oder zu vergrößern. Dass die Auslastung bei den Nutzfahrzeugvermietern in diesem Herbst hoch ist und so mancher Anbieter selbst die Haltedauer seiner Mietfahrzeuge verlängert, ergab zuletzt auch eine Umfrage der VerkehrsRundschau unter den Nutzfahrzeugvermietern (siehe VR 20/2021). Wo eine hohe Nachfrage auf ein knappes Angebot trifft, hat dies im Regelfall Preissteigerungen zur Folge. "Für einen Kunden, der für seine Transporterflotte dringend zwölf Fahrzeuge benötigte, haben wir Vermieter angefragt und sahen Preisaufschläge bis zu 30 Prozent", führt Hellwich ein Beispiel an. So lassen sich Transporte schwerlich kostendeckend durchführen. Gerade bei der Langzeitmiete sollte man die Konditionen daher sehr genau vergleichen, sonst könne es teuer werden, rät der Fuhrparkexperte. Er rechnet übrigens nicht damit, dass sich diese Tendenz bald umkehrt: "Wir müssen im Mietmarkt auch längerfristig mit deutlichen Preissteigerungen rechnen." Eine Einschätzung, die auch eine Umfrage im Rahmen der Miete-Marktübersicht 2021 bestätigt hat: 72 Prozent der Vermieter planen demnach, in den nächsten zwölf Monaten die Mietraten zu erhöhen. Hellwich empfiehlt denn auch jedem Unternehmer, der jetzt in Vertragsverhandlungen steckt, die unweigerlich steigenden Fuhrparkkosten bei seiner Preiskalkulation zu berücksichtigen. Wenn das Verlängern der Haltedauer also nur übergangsweise praktikabel und mieten aktuell teuer ist - gibt es nicht doch noch einen Kniff, an Fahrzeuge zu kommen, etwa als treuer Leasingkunde? Das Stichwort lautet hier: Stillschweigende Leasingverlängerung. Stillschweigend heißt dabei, dass der Leasingvertrag nicht neu berechnet, aber für eine gewisse Zeit verlängert wird. "Wenn Sie also glauben, ein Leasingfahrzeug länger zu brauchen - reden Sie umgehend mit ihrem Leasinganbieter, der natürlich auch seine Planungen hat", so Hellwich. Während man beim Hersteller-Leasing durchaus Glück haben könne, sehe das bei freien Leasinggesellschaften aber anders aus, so Hellwich, und bremst die Erwartungen: "Die werden in der jetzigen Marktsituation vielleicht auch lieber ihre Rückläufer zu sehr guten Preisen verkaufen." Monokulturen vermeiden Eine schwierige Situation also, mit der Unternehmen nun klarkommen müssen. Laut Hellwich gibt es aber einen Unternehmenstypus, der ganz besonders unter der aktuellen Situation zu leiden hat, nämlich diejenigen, die "Monokulturen" in ihrem Fuhrpark pflegen. Sprich: Ein-Marken-Fuhrparks mit im schlechtesten Fall nur einer Finanzierungsart. "Wer nur über einen Vertriebskontakt verfügt und nie Gebrauchtfahrzeuge oder Miet-Lkw im Mix hatte, wird es jetzt sehr schwer haben, als Neukunde irgendwo an Fahrzeuge zu kommen", konstatiert der Experte. Umso wichtiger, künftig die langfristige Planung der Finanzierung konsequent umzusetzen. Dazu gehört nicht nur, den Zustand und damit den voraussichtlichen Austauschzeitpunkt der Fahrzeuge im Blick zu halten, sondern auch auf eine transparente Vertragsgestaltung bei Leasingverträgen zu achten. Die alte Weisheit der Fuhrparkberaterzunft ist aktueller denn je: "Minimieren Sie ihr Kostenrisiko durch Verteilung auf unterschiedliche Hersteller, Finanzierungsarten und Laufzeiten - je ausgewogener der Mix, desto mehr Spielraum in Krisenzeiten", so Hellwich. Mehr zum Thema finden Sie unter #MieteKauf www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Viele Fuhrparkbetreiber haben derzeit Probleme bei der Fahrzeugbeschaffung. Wer nicht viele Monate lang auf neue Lkw und Trailer warten kann oder will, dem bleiben allerdings nur wenige Alternativen. Was für Unternehmer in der aktuellen Situation zu beachten ist, erklärt Fuhrparkberater Peter Hellwich.

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