DAF XF 450: Sparpaket aus Eindhoven

Mehr geht nicht, da ist man sich bei DAF sicher! Allerdings geht es hier nicht um Motorleistung oder Kabinengröße – vielmehr besteht die Mission dieses XF 450 darin, die bestmögliche Wirtschaftlichkeit einzufahren. Wie ernst es den Niederländern damit auf der VR-Profitest-Runde ist, wird schon vor dem eigentlichen Test bei der Fahrt über die Waage klar: Die verharrt bei 6,97 Tonnen. Für eine ausgewachsene Zugmaschine ist das ein sehr niedriger Wert; zum einen dank des Fahrerhauses. Denn entschieden hat man sich anstatt für eine der Top-Kabinen XG oder gar XG+, die mit ihrem Plus von 30 Zentimetern Tiefe den aktuellen Superlativ in Sachen Raumangebot stellen, für die kürzere XF-Kabine. In der fallen die Raumverhältnisse natürlich begrenzter aus, schon allein wegen des 17 Zentimeter hohen Motortunnels. Von Enge lässt sich aber nicht sprechen, weshalb der Platz für nationale Verkehre auf jeden Fall in Ordnung geht. Bezogen zur größeren XG sind 161 Kilo weniger der Lohn. Die aerodynamisch abgerundete, um 16 Zentimeter vorstehende Frontpartie, ist dagegen allen DAF-Kabinen als Alleinstellungsmerkmal gemein und soll kräftig Sprit sparen. 180 Kilo Gewichtsvorteil beim Motor Für Spritersparnis soll außerdem der 10,8 Liter große MX11-Reihensechszylinder sorgen. Er baut laut DAF um satte 180 Kilo leichter als der um 2,1 Liter volumigere MX13 aus dem DAF-Portfolio. Verglichen mit dem, geht dem kleineren Motor an Steigungen naturgemäß schneller die Puste aus. Erst recht mit der lang übersetzten 2,21er-Hinterachse, durch die bei Reisetempo 85 lediglich knapp über 1000 Touren anliegen. Spürbar hilfreich ist die von DAF hinterlegte Drehmomenterhöhung um 150 auf 2350 Newtonmeter im zwölften Gang. Zudem reizt die Steuerungssoftware den Drehzahlkeller ungeniert aus. Erst wenn die Nadel des Drehzahlmessers in den Bereich von 950 pro Minute fällt, erbarmt sich die von ZF zugelieferte Traxon-Schaltbox zu einer Rückschaltung; ein Manöver, das das „kleine“ DAF-Aggregat problemlos, sprich kultiviert und ohne nennenswerte Vibrationen, mitmacht. Aber auch diese Strategie kann nicht verhindern, dass selbst mit unserer insgesamt knapp 32 Tonnen „leichten“ Testfuhre deutlich mehr steigungsbedingte Rückschaltungen nötig werden, als der größere MX13 brauchen würde. Vor diesem Hintergrund ist verständlich, dass DAF bei dieser Testfahrt ausnahmsweise auf den Einsatz seines drehmomentreduzierenden Sparprogramms namens Eco-Fuel verzichtet. Was uns zuerst erstaunt hatte, denn der XF tritt schließlich vorrangig an, um neue Verbrauchsrekorde in den Asphalt der Profitest-Runde zu brennen! Die Transportgeschwindigkeit würde mit Eco-Fuel aber zu sehr leiden, geben die Niederländer an, daher absolvieren wir den Test im normalen „Eco-Performance“-Modus. Manuelles Schalten ist nicht erwünscht Egal welcher Modus: Als störend empfinden sicher nicht nur wir, dass DAF der Person hinter dem Steuer kaum noch Hoheitsrechte zugesteht. Manuelle Schalteingriffe akzeptiert die ZF-Traxon-Schaltbox nämlich keine – zumindest nicht ohne Trick. Der besteht darin, vorher am rechten Lenkstockhebel den „Eco-Off “-Knopf zu drücken. Dann ist unter anderem das manuelle Schalten für gewisse Zeit über den Lenkstock rechts möglich. Allerdings müssen wir zugeben, dass man dazu selten in die Verlegenheit kommt, denn die Schaltelektronik legt insgesamt eine schlüssige Strategie an den Tag. Mit einer anderen Strategie – oder besser gesagt mit dem Auslassen dieser – distanziert sich DAF von vielen seiner Wettbewerber. Wo diese das Tempo vor Bergen automatisch um einige Stundenkilometer erhöhen, um mehr Schwung mitzunehmen und eine Gangrückstufung so zu vermeiden, lässt der DAF diese Funktion bewusst aus. Das spare keinen nennenswerten Kraftstoff, sind sich die Ingenieure des niederländischen Herstellers sicher. Auch von einer dynamischen Temporegelung auf ebenen Strecken, wie sie beispielsweise Scania, MAN und Volvo Trucks nutzen, hält man in Eindhoven wohl nicht viel, denn der XF bleibt auf planer Strecke stoisch bei seinem verordneten Reisetempo 85. Was hier allerdings auffällt: Der Niederländer scheint mit überdurchschnittlichen Rolleigenschaften gesegnet, denn der XF 450 schaltet auffallend oft in den Freilaufmodus. Gefallen findet gleichfalls die Lenkung, die sich von Spurrillen und anderen richtungshemmenden Störeinflüssen unbeeindruckt zeigt. Dass die jüngste Lkw-Entwicklung am Markt allerdings weiterhin über keine elektronisch unterstützte Steuerung verfügt, erstaunt uns dann doch. So bleiben DAF-Lenkern moderne Helfer à la aktive Spurbindung verwehrt, in Sachen Assistenzsysteme spielen die neuen DAF daher aktuell nicht die erste Geige. In diesem Zusammenhang noch eine Klarstellung zum Abbiegeassistenten, nachdem wir uns zu diesem Thema beim Test des DAF XG+ 480 (siehe VR 15/2022) unklar ausdrückt hatten: Natürlich bietet auch DAF eine radargestützte Abbiegehilfe ab Werk an. Verglichen mit den jüngsten Systemen, die beispielsweise die Wettbewerber aus Göteborg oder Wörth am Rhein bieten, arbeitet der von DAF verbaute Assistent aber deutlich weniger intelligent. Überzeugende Wirtschaftlichkeit Doch nun zur Hauptmission des XF 450: Einen Verbrauch von 21,63 l/100 km ermittelten wir im Durchschnitt auf der VR-Testrunde. Damit reiht sich der Niederländer unter den Besten der Besten unseres Rankings ein. Dass er gleichzeitig knapp 0,4 km/h schneller unterwegs ist als sein um 34 PS stärkerer Bruder XG+ 480 mit dem größeren MX13-Motor, liegt übrigens daran, dass bei Letzterem die erwähnte Eco-Fuel-Sparsoftware aktiviert war. Mehr geht eben nicht! Test mit Referenz-Lkw Der redaktionseigene Mercedes-Benz Actros 1845 mit beladenem Curtainsider von Schmitz Cargobull sorgt für vergleichbare Testergebnisse. Dafür wurde die VR- Testrunde unter guten Wetterbedingungen abgefahren. Liegen die Verbrauchswerte des Referenz-Lkw am Testtag über oder unter diesem Wert, ist klar, dass das Testfahrzeug schlechtere oder bessere Bedingungen hatte, was sich entsprechend zurückrechnen lässt. Technische Daten Motor Sechszylinder-Reihenmotor (Paccar MX-11), Common-Rail, Single-Turbolader, Euro 6e mit SCR-Kat, AGR, DPF, Hubraum: 10.800 cm3, Leistung: 449 PS (330 kW) bei 1600/min, max. Drehmom.: 2200 Nm bei 900–1400/min, (im 12. Gang: 2350 Nm bei 900–1125/min) Kraftübertragung Automatisiertes Schaltgetriebe „ZF-Traxon“ (12TX2210), synchronisiertes Dreigang-Grundgetriebe, Range- u. Splitgruppe, 12 Vorwärtsgänge,2 Rückwärtsgänge, Hinterachsübersetzung: i = 2,21; automatisierte, pneumatisch betätigte Einscheiben-Trockenkupplung, 430 mm Durchmesser Fahrwerk HA: Typ SR1344, einfach untersetzte 13,0-t- Antriebsachse, Vierbalg-LuftfederungVA: Typ 163N, 8,0-t-Lenkachse, Einblatt-Parabelfederung, 100 mm vertikales Offset Bremsen Zweikreis-Druckluftbremsanlage, Scheibenbremsen, Motorbremse: MX-Engine-Brake: 340 kW bei 2100/min, optional: Retarder Maße und Gewichte Radstand: 3800 mm; L x B x H: 6080 x 2500 x 3766 mm; Leergewicht: 6975 kg (ohne Fahrer), inkl. 400 l Diesel; 60 l AdBlue Verbräuche (inkl. AdBlue-Anteil) und Geschwindigkeiten: 342,8-km-Teststrecke l/100 km km/h Autobahn medium (32 t)A 9 Allershausen – A 93 Regensburg 21,21 85,00 Autobahn hügelig (32 t)A 3 Regensburg – Nürnberg 23,06 83,98 Autobahn Rolletappe (32 t)A 9 Nürnberg – Langenbruck 21,69 83,92 Landstraße (32 t)Langenbruck – Dasing 19,24 62,05 Autobahn leicht (32 t)A 8 Dasing – A 99 AS M-Ludwigsfeld 22,38 84,51 Durchschnitt 21,63 80,06 Bergwertung Autobahn (Kindinger Berg, A 9)Zeit: 3,35 min, Vmin 72 km/h, Gang: 11 bei 1100/min Bewertung DAF XF 450 Motor/Antrieb (max. 140) 120 Getriebe/Kupplung (max. 140) 122 Bremsen (max. 120) 102 Lenkung (max. 40) 36 Pedale (max. 20) 16 Fahrverhalten (max. 60) 51 Sicht (max. 50) 45 Klima/Lüftung (max. 50) 43 Sitze (max. 40) 35 Armaturen/Instrumente (max. 50) 45 Scheibenwischer (max. 30) 24 Fahrerhaus (max. 240) 197 Gesamtwertung (max. 980) 836 Testurteil + sehr niedriger Test-Verbrauch, sehr niedriges Leergewicht, hohe Materialqualität und sehr gute Verarbeitung im Innenraum, gut funktionierendesSpiegelersatzsystem - bislang keine elektrische Lenkung lieferbar, daher Nachholbedarf bei Assistenzsystemen, elektrische Feststellbremse nur als Option, versteckter und fummeliger Bedienknopf für die Hupe Fazit: Jan Burgdorf, Test-Redakteur Update für den Fahrer? Sparsam, schnell und nutzlaststark – drei Attribute, die jedem Transportunternehmer gefallen und die dieser DAF in jedem Fall einlöst. Für viele aktuell noch viel wichtiger ist aber das Stichwort Fahrermangel. Die gute Nachricht: Mit dem Wechsel auf die aktuelle Fahrzeuggeneration dürfen sich DAF-Fahrer/innen über einen großen Sprung in Sachen Wertigkeit und Haptik freuen. Trotzdem wäre ein Update auf die längere XG- oder gar XG+-Kabine zu überlegen. Die lassen sich schließlich auch mit dem sparsamen 449-PS-Motor kombinieren.jan.burgdorf@springernature.com In KürzeNeben dem hier getesteten MX-11-Motor mit 449 PS, hat DAF noch zwei schwächere Einstellungen des Aggregates in petto. Vorrangig für Solo-Fahrzeuge eignen dürfte sich der MX 11 mit 367 PS und maximal 1950 Newtonmeter (Nm) Drehmoment. Die mittlere Einstellung bringt es auf 408 PS und bis zu 2150 Nm Drehmoment.

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