Berlin. Wie kann für die Zustellung von Paketen der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) genutzt werden, um Emissionen und verkehrliche Belastungen zu reduzieren. Das hat der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) in der Studie von Professor Ralf Bogdanski und der Autorin Cathrin Cailliau mithilfe eines Expertenpanels aus KEP- und ÖPNV-Unternehmen untersucht.
Zentrales Ergebnis der Studie ist: „Es gibt nicht die eine Lösung für alle Herausforderungen auf der letzten Meile“, betont Marten Bosselmann, Vorsitzender des BIEK. Die Nutzung des ÖPNV könne aber ein Bestandteil der vielfältigen Maßnahmen werden. Allerdings müsste die Politik dafür zunächst den notwendigen rechtlichen und finanziellen Rahmen schaffen. Der Gütertransport müsste ein zulässiges und wirtschaftlich tragfähiges Tätigkeitsfeld von ÖPNV-Betreibern werden.
Die Ergebnisse der Studie „KEP und ÖPNV – Chance für die letzte Meile? Untersuchung zur Nutzung von öffentlichen Nahverkehrssystemen für den Pakettransport auf der letzten Meile“ im einzelnen:
- Der Transport von Paketen in ÖPNV-Fahrzeugen sollte bevorzugt im Mischbetrieb aus Personen und Gütern erfolgen. Ein exklusiver Güterbetrieb lässt sich eher nicht umsetzen.
- Die Nutzung von ÖPNV zum Gütertransport im Mischbetrieb sollte in Nebenzeiten erfolgen, wenn die ÖPNV-Kapazitäten nicht ausgelastet sind – mit Vorrang der Personenbeförderung.
- Zur Umsetzung von Gütertransporten via ÖPNV im Mischbetrieb wäre zunächst ein politischer Wille notwendig, auf allen föderalen Ebenen in Deutschland. Die Politik müsste den notwendigen Rahmen schaffen, damit der Gütertransport ein zulässiges Tätigkeitsfeld von ÖPNV-Betreibern werden könnte.
- Für die erforderlichen Investitionen wären Förderungen notwendig. Dies beträfe etwa logistikgerechte Umbauten an ÖPNV-Verkehrsmitteln und an der Infrastruktur.
- Die erfolgreiche logistische ÖPNV-Integration in die letzte Meile des Pakettransports hängt stark ab von der Lage der KEP-Depots, der Zustellgebiete in den ÖPNV-Netzen ab sowie den logistischen Eignungen der ÖPNV-Verkehrssysteme selbst.
- Je länger die Strecke, auf der Pakete im ÖPNV transportiert werden würden, desto ökoeffizienter wäre das Konzept und desto weniger fielen die zusätzlich notwendigen Umschlagsprozesse ins Gewicht. Vor allem für Mittel- und Kleinstädte in größeren Ballungsräumen bietet sich lauf Studie das Konzept an, denn hier werden längere Strecken als Direktverbindungen mit dem Schienennahverkehr zurückgelegt.
- Eine sinnvolle Erweiterung des Konzepts wären anbieteroffene Paketstationen für zeitunkritische Paketsendungen an geeigneten Zielbahnhöfen beziehungsweise Haltestellen.
- Es sollten standardisierte Wechselbehälter zum Einsatz kommen, um den Aufwand bei der Zulassung von logistikgerechten Umbauten der ÖPNV-Verkehrsmittel zur Ladungssicherung zu reduzieren. Zudem müssten die Wechselbehälter auf alle marktgängigen Lastenradmodelle und auf die Anlagentechnik in KEP-Depots angepasst werden.
- Strittig wären Fragen zum Risikoübergang, zur Haftung und zu möglichen Regressforderungen, wenn der Transportauftrag durch ÖPNV-Betreiber nicht erfüllt wird. Auch etwaige Personalkapazitäten für den zweifachen Behälterumschlag im kombinierten Verkehr wären zu klären.
Was Ralf Bogdanski, Professor für Nachhaltige Stadtlogistik an der TH Nürnberg Georg Simon Ohm und Autor der Studie, besonders freut: Alle befragten Experten aus den KEP- und ÖPNV-Unternehmen seien grundsätzlich offen dafür, den Pakettransport im ÖPNV im Mischbetrieb zu erproben. „Das ist ein wichtiger erster Schritt“, betont er. Wenn die notwendigen Rahmenbedingungen gegeben sind, könnten nicht nur konventionelle Fahrzeuge eingespart, sondern auch die nachhaltige Zustellung mit Lastenfahrrädern – in diesem Fall von den Bahnhöfen und Haltestellen aus – eine noch breitere Anwendung finden. Hauptvorteil sei: die bisher erforderlichen und schwer zu findenden Mikrodepots könnten bei diesem Konzept entfallen.