Gütersloh. Menschen ohne Berufsabschluss, die meist im Niedriglohnsegment tätig sind, sind besonders von den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Arbeitsmarkt betroffen. Sie werden in Krisenzeiten schneller arbeitslos und haben es nach der Krise schwerer, eine neue Beschäftigung zu bekommen. Dabei würden über 80 Prozent der Unternehmen bei Bedarf Personen einstellen, die lediglich in Teilen eines Berufs Kompetenzen haben. Eine repräsentative Arbeitgeberbefragung mit 2907 Interviews von Mai bis September 2019 im Auftrag der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass ein hoher Grad an Spezialisierung und Arbeitsteilung in den Firmen Jobeinstiege für Menschen ohne Berufsabschluss ermöglicht. Die Fragen basierten dabei auf den Kompetenzmodellen der 30 Berufe des computergestützten "Myskills"-Tests der Bundesagentur für Arbeit und der Bertelsmann Stiftung. Dazu zählen die Berufe Berufskraftfahrer, Fachlagerist und die Fachkraft für Möbel-, Küchen-, Umzugsservice.
Die Fachkräfte von morgen
Interessantes Detail der Umfrage: Viele Firmen suchen sogar Mitarbeiter, die nur eines der üblicherweise fünf bis sechs Einsatzfelder eines Berufs beherrschen. Um die Fähigkeiten von Menschen ohne Berufsabschluss sichtbar zu machen, wünschen sich aber 82 Prozent der Befragten, dass die potenziellen Mitarbeiter eine schrittweise Nachqualifizierung durchlaufen. „Gerade in und nach der Krise zeigt sich: Das Weiterbildungssystem sollte die besonders nachgefragten Teilqualifikationen vermitteln, damit Geringqualifizierte den Berufseinstieg schaffen und schrittweise zu den Fachkräften von morgen werden“, kommentiert Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, die Ergebnisse.
Berufabschlüsse sind krisenfest
Stehen sie vor der Wahl, nehmen Unternehmen allerdings gerne Bewerber, die mehr als die eigentlich geforderten Kompetenzen mitbringen, geht auch aus der Studie hervor. Denn sie bevorzugen demnach eine breite Einsatzfähigkeit ihrer Belegschaft. Ein Weiterbildungsystem, das Teilqualifikationen auf dem Weg zum beruflichen Vollabschluss nutzt und zertifiziert, ist hier ein wichtiger Schlüssel, sagen die Studienmacher. „Berufsabschlüsse sind krisenfest, schützen vor Arbeitslosigkeit und bringen gesellschaftliche Anerkennung. Teilqualifizierungen sind dazu eine sinnvolle und flexible Ergänzung und eine Chance, einen Berufsabschluss nachzuholen“, betont Dräger.