Für zugewanderte Fachkräfte ist der Start in Deutschland nicht leicht. Sie haben mehr als nur ihre Aufgaben am neuen Arbeitsplatz zu bewältigen. Das ist eine Erkenntnis, die Teilnehmer auf einem Arbeitsschutzsymposium der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS, auf Englisch ISSA) in Dresden gewinnen konnten.
Beispielsweise kämpfen sie mit Gefühlen des Verlusts – sei es von Familie, vertrauter Umgebung, bekannten Lebensmitteln oder sozialem Status, wie die Internationale Vereinigung und die deutsche Berufsgenossenschaft BG Verkehr weiter mitteilen. Schwierigkeiten mit der Bürokratie – beispielsweise bei der Umschreibung des Führerscheins oder bei der Wohnungssuche – kämen noch hinzu.
Dabei behindert sie nicht nur die Sprachbarriere, das entsprechende Wissen über Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zu gewinnen. Auch kulturelle Aspekte spielen eine Rolle, dieses den neuen Mitarbeitenden zu vermitteln, so eine weitere Erkenntnis auf dem Symposium.
„Wer sich bei der sicheren und gesunden Integration von Fachkräften ausschließlich auf die Frage konzentriert, wie den Neuankömmlingen unser Arbeitsschutzvorschriften zu vermitteln sind, der denkt zu kurz“, sagt Nadja Schilling, Generalsekretärin der mitveranstaltenden IVSS Sektion für Prävention im Transportwesen.
Daneben war auch die Sektion für den Arbeitsschutz im Gesundheitswesen beteiligt. Stattdessen ginge es darum, so Schilling weiter, auch kulturelle Hürden aus dem Weg zu räumen und ein gemeinsames Verständnis von Arbeitssicherheit zu schaffen.
Aufgabe für Unternehmen: Kultursensible Unterweisung der Fachkräfte aus dem Ausland
Unternehmen und ihre Führungskräfte können einiges tun, so die Organisation: Unter anderem können sie beim Lernen der Sprache finanziell und zeitlich unter die Arme greifen, bei bürokratischen Hindernissen Hilfe organisieren und Mentoringprogramme aufsetzen, in denen erfahrene Mitarbeitende die neuen Kollegen im Unternehmen begleiten – optimalerweise aus dem gleichen Sprachraum.
Bei den Unterweisungen sollten auch Werte und Fragen wie "Was bedeutet sicheres Arbeiten für Dich?" thematisiert werden, empfiehlt die IVSS. Eine offene und kultursensible Kommunikation sei hier entscheidend. Beispielsweise werde in manchen Kulturkreisen das gut gemeinte Angebot „Bei Fragen meldet Euch" eher als Aufforderung zum Geständnis einer Schwäche wahrgenommen, statt als Einladung zum Dialog.
Gelungene Integration: Wohlbefinden und Psyche auch wichtig
Die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden der Neuankömmlinge seien für eine gelungene Integration ebenso entscheidend. Nach einer anfänglichen Phase der Euphorie würden viele eingewanderte Arbeitskräfte unter Einsamkeit leiden und dem Gefühl, nicht wirklich dazuzugehören oder beruflich und sozial nicht voll anerkannt zu sein. Hier sind Rücksichtnahme, Fürsorge und Begleitung gefragt, rät die Vereinigung
Deutschland nicht erste Wahl
Besonders eindrucksvoll waren für die Teilnehmenden laut dem Veranstalter des Symposiums die Gesprächsrunden mit Menschen aus unterschiedlichen Ländern. Unter anderem kamen sie aus den Philippinen, Botswana, Mexiko oder Serbien.
Aus Sicht der zugewanderten Arbeitskräfte sei die Auswanderung nach Deutschland nur eine von mehreren Möglichkeiten. Da Deutschland nicht selten als kalt, bürokratisch und ausländerfeindlich wahrgenommen wird, gelte es nicht immer als die attraktivste Option.
An der Veranstaltung waren 130 Teilnehmende aus 16 Ländern vor Ort oder online dabei. Thema war die kulturelle Vielfalt bei der Arbeit.