Berlin. Die EU-Verkehrsminister haben sich heute auf eine Reform der EU-Vignettenrichtlinie geeinigt. Das hat das Bundesverkehrsministerium mitgeteilt. „Nach jahrelangen zähen Verhandlungen haben wir heute einen Kompromiss erzielt. Wir erlauben den Mitgliedstaaten Flexibilität“, sagte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer anlässlich des Verhandlungsergebnisses.
Die heute beschlossene Revision gilt als Basis für eine entsprechende Richtlinie. Die Richtlinie wiederum ist die europarechtliche Grundlage für die Erhebung von Straßennutzungsgebühren.
Dabei hat die Ministerrunde unter anderem folgende Weichenstellungen beschlossen:
- Spätestens acht Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie sollen in den EU-Mitgliedstaaten, in denen bereits Gebührensysteme für Lkw vorhanden sind, verpflichtend Gebühren für alle Lkw über 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht erhoben werden.
- Eine unbefristete Ausnahme soll es für kleine und mittlere Unternehmen wie beispielsweise Handwerksbetriebe geben. Die können demnach mit Lkw zwischen 3,5 Tonnen und 7,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht die Straßen nutzen, ohne eine Maut zahlen zu müssen. Denn jedes Land kann dann selbst entscheiden, ob es Handwerker komplett befreit, die Mautsätze nur reduziert oder voll bezahlen lässt. Diese Ausnahme gilt jedoch nicht für den gesamten Werkverkehr, sondern nur für kleinere und mittlere Betriebe.
- Die Mautsätze müssen mit Blick auf den Klimaschutz EU-weit nach dem CO2-Ausstoß der Fahrzeuge differenziert werden. Das kann über die Infrastrukturgebühr geschehen. So können CO2-freie Fahrzeuge bis 2025 komplett von der Maut befreit werden. Danach kann die Vergünstigung auf bis zu 75 Prozent der Kosten gesenkt werden, die Fahrzeuge mit der schlechtesten CO2-Bilanz zahlen. Dabei haben die einzelnen Mitgliedstaaten Gestaltungsspielraum innerhalb der einzelnen CO2-Emissionsklassen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, CO2-Emissionen als externe Kosten auf die Infrastrukturgebühren aufzuschlagen und dabei nach den CO2-Emissionsklassen zu differenzieren.
Keine Aussage zur Mautbefreiung von LNG-Lkw
Keine Aussage machte das Bundesverkehrsministerium dazu, wie es mit der Mautbefreiung von LNG-Lkw weitergeht. Der Bundestag hatte Mitte 2020 eine entsprechende Regelung bis Ende 2022 beschlossen, deren Rechtmäßigkeit dann im Herbst von der EU-Kommission in Frage gestellt wurde. Unklar ist weiterhin, wann die neue Richtlinie in Kraft tritt. Das Ministerium teilte mit, dass nun noch die Erteilung eines Mandates für Trilogverhandlungen mit der EU-Kommission und dem Europäischen Parlament auf Botschafterebene am 18. Dezember 2020 bestätigt werden muss. Doch muss im neuen Jahr unter portugiesischer Ratspräsidentschaft mit den Verhandlungen zwischen dem Europäischem Parlament und den Mitgliedstaaten begonnen werden.
Markus Ferber, verkehrspolitischer Sprecher der CSU im Europäischen Parlament, begrüßte die Einigung der EU-Verkehrsminister: „Besonders wichtig für Deutschland ist die maßgeschneiderte Ausnahme für Handwerk und Mittelstand: Fahrzeuge zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen, die zum Transport der eigenen Geräte oder handwerklich hergestellter Produkte verwendet werden, können von der Mautpflicht ausgenommen werden.“ Er machte Druck auf eine Einigung im Europäischen Parlament: „Jetzt gilt es, keine weitere Zeit mehr zu verlieren. Die Reform der Eurovignetten-Richtlinie ist überfällig. Das Europäische Parlament hatte seine Position schon 2018 festgelegt und ist bereit für die Verhandlungen“, teilte Ferber mit. (cd)
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