Angesichts der stark gestiegenen Energiepreise hat sich die Stimmungslage im deutschen Mittelstand deutlich verschlechtert. Die aktuelle Herbstumfrage der Creditreform Wirtschaftsforschung zeigt einen markanten Rückgang des Geschäftsklimaindex (CGK) von plus 25,2 Punkten im Vorjahr auf aktuell nur noch plus 3,1 Punkte. Der Einbruch war laut Creditreform ähnlich stark wie im Corona-Jahr 2020. Die Berechnung des Geschäftsklimaindex basiert auf einer Befragung von rund 1200 kleinen und mittleren Unternehmen (KMU).
„Der Mittelstand befindet sich seit fast drei Jahren in einer Ausnahmesituation bisher ungekannten Ausmaßes. Die Wirtschaft leidet massiv unter dem Energiepreisschock und der Verteuerung anderer Rohstoffe“, sagte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung. Die Eskalationsspirale in Osteuropa verhindere die Erholung der deutschen Unternehmen nach der Corona-Zeit.
Krisensymptome nehmen zu
Die Auftrags- und Umsatzlage im Mittelstand zeige bereits unverkennbar Krisenanzeichen. Dabei sei der Energienotstand noch keineswegs vollumfänglich auf die Geschäftslage der Unternehmen durchgeschlagen, so Creditreform. Demnach meldete noch einmal gut ein Drittel der Befragten (34,1 Prozent) ein Umsatzplus. Im Vorjahr war dieser Anteil gleichwohl höher gewesen (42,5 Prozent). 21,0 Prozent der befragten Unternehmen verzeichneten hingegen Umsatzeinbußen (Vorjahr: 12,6 Prozent).
Bei den Auftragseingängen war die Verschlechterung der Konjunktur deutlicher erkennbar: Nur 23,6 Prozent der Befragten verbuchten steigende Auftragsbestände (Vorjahr: 38,2 Prozent) und jeder Vierte (25,2 Prozent) meldete einen Rückgang (Vorjahr: 12,0 Prozent).
Trotz der schlechteren Rahmenbedingungen ist laut Creditreform die Beschäftigung im Mittelstand noch einmal gestiegen. Die Einstellungsbereitschaft war aber geringer als im letzten Herbst. 20,1 Prozent der Befragten haben demnach den Personalbestand erhöht (Vorjahr: 27,1 Prozent), während bei 12,6 Prozent der Unternehmen die Zahl der Mitarbeiter zurückgegangen ist.
Geschäftserwartungen verschlechtert
Noch stärker als die Lageeinschätzungen haben sich die Geschäftserwartungen im Mittelstand verschlechtert. Vielfach blicken die befragten Unternehmen pessimistisch in die Zukunft. Nur noch jeder Siebte (14,7 Prozent) rechnet mit steigenden Auftragseingängen (Vorjahr: 28,9 Prozent). Mehr als jeder vierte Befragte (26,0 Prozent) erwartet in den nächsten Monaten weniger Aufträge. Auch bei den Umsatzerwartungen hat sich der Anteil der Pessimisten vergrößert. 25,2 Prozent der Befragten rechnen mit weniger Umsatz. Das ist laut Creditreform ein spürbar höherer Anteil als im Vorjahr (9,1 Prozent). Auch wenn 26,0 Prozent der Befragten steigende Umsätze erwarten, so dürfte das vorrangig in den Preissteigerungen infolge der Inflation begründet liegen, analysierte die Wirtschaftsauskunftei. Die Geschäftslage insgesamt dürfe sich damit wohl nicht bessern.
Die Investitionsbereitschaft sei ebenfalls zurückgegangen. Nachdem im Vorjahr noch 51,6 Prozent der Befragten ein Investitionsvorhaben planten, ist dieser Anteil gemäß Umfrage auf 46,2 Prozent gefallen. Personaleinstellungen planen noch 20,6 Prozent der Befragten – im Vorjahr waren es 28,3 Prozent. Jedes zehnte Unternehmen will Personal abbauen.
Energiekrise als wichtigstes Thema
Das Hauptthema des Jahres 2022 für den Mittelstand sind die Energiepreise, so das Umfrage-Ergebnis. Gegenüber dem Frühjahr hat sich die Wahrnehmung der Unternehmen noch stärker auf das Energiethema verlagert – von 3,2 auf 80,6 Prozent der Befragten. Auch der Krieg in der Ukraine beschäftigt die Unternehmen weitaus stärker als im Frühjahr (32,5 Prozent; Frühjahr 2022: 4,0 Prozent). An zweiter Stelle der wichtigsten Themen steht die Inflationsrate (73,0 Prozent). Weiterhin im Fokus stehen außerdem der Fachkräftemangel (63,2 Prozent) und die Lieferschwierigkeiten (62,5 Prozent). (sn)