München/Frankfurt am Main. Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im Dezember erneut verschlechtert. Das Ifo-Geschäftsklima, Deutschlands wichtigstes Konjunkturbarometer, fiel gegenüber dem Vormonat um 1,9 Punkte auf 94,7 Zähler, wie das Ifo-Institut am Freitag in München mitteilte. Nach dem sechsten Rückgang in Folge notiert der Indikator auf dem tiefsten Stand seit Februar. Analysten hatten im Schnitt mit einem moderateren Rückgang auf 95,3 Punkte gerechnet.
„Die verschärfte Pandemielage trifft konsumnahe Dienstleister und Einzelhandel hart“, kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Entsprechend trübte sich das Geschäftsklima im Dienstleistungssektor und im Handel deutlich ein. In der Industrie verbesserte sich die Stimmung etwas, am Bau verschlechterte sie sich jedoch. Die befragten Unternehmen bewerteten sowohl die aktuelle Geschäftslage als auch die Aussichten ungünstiger.
Aufschwung verschiebt sich nach hinten
Auch nach Einschätzung der Bundesbank erleidet die deutsche Wirtschaft im Winter einen Rückschlag. „Der Aufschwung verschiebt sich zeitlich etwas nach hinten“, erläuterte der scheidende Bundesbankpräsident Jens Weidmann am Freitag. Die Notenbank rechnet mit einem deutlich schwächeren Wachstum in diesem und im kommenden Jahr und einer höheren Inflation als noch im Juni angenommen.
Im laufenden Jahr erwarten die Bundesbank-Ökonomen ein reales Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 2,5 Prozent. Im Juni waren sie noch von einem Plus von 3,7 Prozent ausgegangen. Für 2022 wird ein Anstieg der Wirtschaftsleistung in Europas größter Volkswirtschaft von 4,2 Prozent erwartet (Juni-Prognose: 5,2 Prozent) und im Jahr darauf von 3,2 Prozent (1,7 Prozent). Die Notenbank ist für 2022 damit optimistischer als viele Wirtschaftsforschungsinstitute, die mit einem Wachstum von weniger als 4 Prozent rechnen.
Laut Weidmann sollten sich die Lieferengpässe bis Ende 2022 auflösen, das dürfte dem Export vorübergehend einen starken Schub geben.
Inflationsrate von 3,6 Prozent erwartet
Für dieses Jahr rechnet die Bundesbank mit einer Inflationsrate von 3,2 Prozent gemessen am harmonisierten Verbraucherpreisindex, den die Europäische Zentralbank (EZB) für ihre Geldpolitik im Euroraum zugrunde legt (Juni-Prognose: 2,6 Prozent). Im kommenden Jahr dürfte die Rate im Durchschnitt auf 3,6 Prozent steigen (1,8 Prozent), obwohl dann Sondereffekte wie die Rücknahme der zeitweisen Mehrwertsteuersenkung entfallen.
Die Bundesbank verwies auf den starken Anstieg der Rohstoffpreise für Energie auf den internationalen Märkten. Außerdem würden Unternehmen höhere Kosten aufgrund der Lieferengpässe an die Verbraucher weitergeben und bei starker Nachfrage die Gewinnmargen ausweiten.
Im Jahr 2023 sinkt die Inflationsrate nach Einschätzung der Bundesbank wieder. Mit 2,2 Prozent bleibe sie aber auch in den Jahren 2023 und 2024 vergleichsweise hoch. Die Gründe dafür seien deutlich steigende Löhne, die gute Konjunkturlage, aber auch die Kosten, die der Umbau zu einer klimaneutralen Wirtschaft verursache. „Für die Inflationsrate überwiegen wie im Euroraum insgesamt die Aufwärtsrisiken“, sagte der Bundesbankpräsident. „Die Geldpolitik sollte diese Risiken nicht ignorieren und wachsam bleiben.“ (dpa/sn)