Die Industrie ist der Taktgeber für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Für das Bundeswirtschaftsministerium ist der produzierende Sektor das Fundament für Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze. Allein das verarbeitende Gewerbe erbringt ein Fünftel der gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung. Im Jahr 2020 entsprach das einem Volumen von rund 612 Milliarden Euro. Eine neue Studie von Bearing Point und dem Handelsblatt Research Institute (HRI) zeigt, wie produzierende Unternehmen in turbulenten Zeiten ihre Resilienz stärken können.
Das produzierende Gewerbe in Deutschland hatte in den vergangenen Jahren stark zu kämpfen - und die Krisen haben zuletzt noch weiter zugenommen: Pandemie, Konjunkturschwäche, Klimakrise, Fachkräftemangel, steigende Energiekosten, unsichere Energieversorgung, gestörte Lieferketten sowie vermehrte Cyberangriffe und geopolitische Entwicklungen. Die Industrie muss ihre CO2-Emissionen reduzieren, um den gesetzlichen Anforderungen und den Erwartungen von Kunden, Investoren und Mitarbeitenden gerecht zu werden - und darüber hinaus auf jüngste Entwicklungen reagieren, die sich ihrer direkten Einflussnahme entziehen und viele Ressourcen wie Zeit und Geld binden. Unternehmen müssen folglich krisenresistenter werden, um schnellstmöglich zur Vorkrisensituation zurückkehren zu können.
Instabile Lieferketten, steigende Energiekosten und globale Krisen
Eine große Herausforderung für die Stabilität der produzierenden Gewerbe stellen Einschränkungen und Ausfälle von Transportwegen dar. Gerade in den letzten drei Jahren kam es immer wieder zu Versorgungsengpässen von Rohstoffen und Bauteilen. Beispiele hierfür sind sinkende Pegelstände in deutschen Flüssen (eingeschränkte Binnenschifffahrt), die Havarie im Suezkanal oder der Arbeitskräftemangel im Lkw-Betrieb (Ausscheiden der Generation "Babyboomer"). Eine weitere Krise: der russische Angriffskrieg in der Ukraine, der steigende Energie- und Gaspreise mit sich brachte.
Hinzukommt die steigende Rohstoffabhängigkeit aus dem Ausland, wie die Diskussion um Seltene Erden aus China für die Produktion von Innovationstechnologien (Elektromobilität, regenerative Energien) beispielhaft zeigt.
Drei Ansätze zur Steigerung der Resilienz
Unternehmen benötigen Fähigkeiten zur Bewältigung von volatilen Umgebungen, daher müssen sie ihre Resilienz stärken. Das Handelsblatt Research Institute (HRI) und Bearing Point haben zu diesem Zweck drei Ansätze herausgearbeitet:
- Digitalisierung, ein Wandel im operationellen System und optimierte Prozessmethoden. Dr. Sven Jung, Head of Economic Intelligence beim Handelsblatt Research Institute, fasst den ersten Ansatz zusammen: "Die zunehmend autonom agierenden Maschinen reagieren deutlich besser und schneller auf Veränderungen der Rahmenbedingungen, was die Resilienz erhöht.
- Datenbasierte Analysen steigern die Effizienz - in Zukunft auch selbstlernend sowie KI-gesteuert
- Maschinen gewartet, Fabriken und Produktionsabläufe permanent überwacht und analysiert werden.
Jung erklärt die weiteren Ansätze so: "Alle Unternehmensbereiche, die sich mittelbar an die Produktion angliedern, sollten gleichermaßen organisiert sowie gesteuert sein und dieselben Abläufe aufweisen. Eine diversifiziertes Lieferantenportfolio und Production-as-a-Service verbessern ebenfalls die Resilienz. Zu guter Letzt können bekannte Prozessmethoden wie Lean und Six Sigma benutzt werden, um die Erträge zu steigern und Kosten zu sparen."