Berlin. Zwei Monate nach der Bundestagswahl stehen die Verhandlungen von SPD, Grünen und FDP über die Bildung einer Ampelregierung unmittelbar vor dem Abschluss. Die drei Parteien luden für diesen Mittwochnachmittag (15.00 Uhr) zu einer Pressekonferenz ein, bei der sie ihren Koalitionsvertrag vorstellen wollen. Dessen Details wurden bislang absolut vertraulich ausgehandelt.
Allerdings kursierten kürzlich geheime Besetzungslisten mit den Ministerposten der künftigen Bundesregierung. Deren Quelle und Wahrheitsgehalt waren jedoch unklar. Am Vormittag kam die Hauptverhandlungsrunde der drei Parteien zu ihrer abschließenden Sitzung zusammen.
Ära Merkel endet nach 16 Jahren
Nach dem Zeitplan der drei Parteien soll der bisherige Finanzminister Olaf Scholz (SPD) in der Woche ab dem 6. Dezember im Bundestag zum Kanzler gewählt werden. Damit endet nach 16 Jahren die Ära von Angela Merkel (CDU), die bei der Bundestagswahl am 26. September nicht wieder kandidiert hatte.
Die Koalitionsverhandlungen hatten am 21. Oktober begonnen, nachdem die drei Ampelparteien zuvor in Sondierungen den Grundstein dafür gelegt hatten. Geführt wurden sie in einer Hauptverhandlungsrunde aus zuletzt je sieben hochrangigen Vertretern jeder Partei sowie in 22 Arbeitsgruppen. In diesen handelten die Fachpolitiker der Parteien die Details des Koalitionsvertrags aus.
Parteitage und Mitgliederbefragungen stehen an
Ein Koalitionsvertrag muss bei SPD und FDP jeweils durch Parteitage und bei den Grünen in einer Mitgliederbefragung gebilligt werden. Die rund 125.000 Grünen-Mitglieder sollen nach Parteiangaben ab diesem Donnerstag in einer digitalen Urabstimmung über den Vertrag befinden.
Auch über das Personaltableau der Grünen, also etwa die Besetzung von Ministerämtern, sollen sie entscheiden – „zum ersten Mal in unserer Parteigeschichte“, wie Bundesgeschäftsführer Michael Kellner der Deutschen Presse-Agentur sagte.
In einem Sondierungspapier hatten SPD, Grüne und FDP bereits einige „Vorfestlegungen“ getroffen und dabei auch einige Streitthemen abgeräumt. Sie schrieben sich darin „eine umfassende Erneuerung unseres Landes“ und „einen Aufbruch“ für Deutschland auf die Fahnen, um die großen Herausforderungen wie Klimawandel, Digitalisierung, Sicherung des Wohlstands oder sozialen Zusammenhalt zu bewältigen.
Höherer Mindestlohn, kein Tempolimit, früherer Kohleausstieg
Wohl mit Rücksicht auf die Wahlversprechen der FDP wurde vereinbart, dass keine neuen Substanzsteuern eingeführt und Steuern wie die Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer nicht erhöht würden. Im ersten Jahr einer Ampelkoalition soll der gesetzliche Mindestlohn auf zwölf Euro pro Stunde erhöht werden. Dies war ein zentrales Wahlversprechen der SPD.
Zur Einhaltung der Klimaschutzziele wurde in dem Papier auch festgelegt, den Ausstieg aus der Kohleverstromung zu beschleunigen und möglichst auf 2030 vorzuziehen. Bisher ist der Kohleausstieg bis spätestens 2038 geplant. Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen, wie von den Grünen gefordert, soll nicht kommen. (dpa/sn)