"Wir müssen viel stärker in die Kooperation"

Eckes-Granini hat im Herbst eine Kooperation mit Kaufland verkündet. Sie teilen sich jetzt quasi Spediteur und Fahrten - Stichwort Frachtraum- und Fahrer-Sharing. Warum machen Sie das? Das hat viele Gründe. Einer davon ist: Durch die neuen Fahrergesetze, Stichwort "Verbringen der Wochenruhezeiten im Lkw", haben osteuropäische Unternehmer verstärkt ihre Transportkapazitäten aus Deutschland abgezogen. Das hat die gesamte Wirtschaft gespürt, auch wir bei Eckes-Granini. Bei den Speditionspartnern, mit denen wir seit Jahrzehnten zusammenarbeiten, sind dadurch Subunternehmer weggebrochen. Dieser Laderaummangel hat uns bei Eckes-Granini vor ganz neue Herausforderungen gestellt. Wir haben das in der Logistik aber mit Bravour gemeistert. Wie ist die Logistik bei Eckes Granini überhaupt organisiert? Unser Ansatz ist es, in jedem Land eigene Standorte zu haben, wo wir unsere Fruchtsäfte produzieren. Grund ist, dass unsere Logistikkosten einen relativ hohen Anteil an den Gesamtkosten haben. In Deutschland liegen unsere Produktionsstandorte in Bad Fallingbostel und Bröl. Der Einkauf und die Beschaffungslogistik - Inbound - für diese erfolgen zentral frei Haus von Nieder-Olm. Aufgabe meines Teams ist die Outbound-Logistik. Wir steuern die Distribution der Fertigwaren. Wir arbeiten dafür mit 25 mittelständischen Spediteuren. In Peak-Zeiten nutzen wir zusätzliche Partner. Zurück zum Laderaummangel - wie hilft Ihnen da Ihre Kooperation mit Kaufland? Beide Unternehmen kennen sich schon länger, etwa durch die Mitgliedschaft im Lean & Green-Beirat, der Nachhaltigkeitsinitiative von GS1 Germany. Im Zuge von Lean & Green haben wir im vergangenen Jahr die Sendungsdaten unserer jeweiligen Quelle-Senke-Verkehre übereinandergelegt und festgestellt, dass unsere Firmen da erhebliche Synergien haben. Vorrangig sehen wir diese aktuell in der Kaufland-Region Dortmund, Bonn, Siegburg - ganz in der Nähe unseres größten europäischen Werks in Hennef/Bröl. Das mündete in unser Kooperationsprojekt mit Kaufland. Was hat sich dadurch in den Abläufen geändert, und was hat es gebracht? Bislang stellte ein von Kaufland beauftragter Spediteur mit seinem Lkw Waren aus dem Dortmunder Kaufland-Zentrallager in diversen Kaufland-Filialen der Dortmunder Region zu. Die Lkw fuhren beladen hin, meist aber leer zurück. Unabhängig davon, belieferten unsere Spediteure dieses Kaufland-Zentrallager mit unseren Produkten. Jeder organisierte seinen Transport also für sich. Durch die Kooperation mit Kaufland bündeln wir diese Transporte nun in einem Rundlauf. Wir teilen uns quasi den Spediteur Meiberg und sind beide als Auftraggeber von ihm aktiv - jeder zu seinen Konditionen. Die Meiberg-Lkw werden nun von Kaufland Dortmund befrachtet, beliefern die Kaufland-Filialen, werden dort geleert und fahren direkt mit nur wenigen Leerkilometern zum Eckes-Granini-Werk in Hennef. Die Zeitfenster sind so organisiert, dass die Meiberg-Lkw ohne lange Wartezeiten an den Rampen beladen werden. Das Schöne ist, dass jeder profitiert: Umwelt, Spediteur, Kaufland und wir. So konnten wir die Leerkilometer pro Tour, unsere Standzeiten und den CO2-Ausstoß senken. Ihr Spediteur, mit dem Sie bisher zusammengearbeitet haben, dürfte aber seinen Auftrag los sein, weil jetzt der Kaufland-Spediteur fährt. Ist das so? Nicht komplett, es gibt natürlich auch Transporte, die aufgrund des Gewichts nicht im Rundlauf gefahren werden können. Diese werden dann über unsere anderen Partner abgewickelt. Werden Sie das Projekt weiter ausrollen? Beide Seiten, sowohl Kaufland als auch wir, wollen dieses Projekt forcieren. Ob wir es deutschlandweit ausrollen, weiß ich noch nicht. Das müssen wir für jede Region einzeln prüfen. In Ostdeutschland dürfte dies wegen unserer geografischen Lage schwierig sein. In Süddeutschland führen wir dagegen aktuell Gespräche mit Kaufland. Könnten wir in der 8-PLZ-Region unsere Verkehre mit Kaufland bündeln, würde das viel bringen. Denn da geht viel hin, aber es gibt wenig Rückladung. Kaufland hat Zentrallager in Möckmühl, Geisenfeld und ein Trockenlager in der Region Schweinfurt. Gemeinsame Verkehre sind also vorstellbar. Wer die Ware dann fährt, ob unsere Spediteure oder die Partner von Kaufland, wird man nach den Gesprächen mit den Spediteuren sehen. Ferner streben wir auch mit anderen Konsumgüterproduzenten ein solches Kooperationsprojekt an. Wäre es aber nicht einfacher gewesen, wenn ein Spediteur als neutraler Mittler dieses Projekt koordiniert hätte? Den Zwischenschritt, einen weiteren Entscheider hinzuzuziehen, wollen und brauchen wir bei Eckes-Granini nicht. Wir haben eine eigene Dispositionsabteilung in unseren Werken, wir haben so die Expertise im Haus: Wir haben unsere eigenen Frachtpreise und sparen uns ein zusätzliches Kostenclearing zwischen den Projektparteien. Trauen Sie mittelständischen Spediteuren dieses Know-how nicht zu? Das Thema Standzeiten an der Rampe wird kein Mittelständler lösen können. Der Handel macht das ja auch nicht, um die Spediteure zu ärgern. Das ist einfach eine Frage von Manpower, Größe des Lagers und Mengen. Das Thema ist sehr komplex. Wie ließen sich denn aus Ihrer Sicht die Rampenprobleme lösen? Ich maße mir nicht an, eine Lösung dafür zu haben. Es müsste aber ein dynamisches Zeitfenster her. Es gibt schon Lösungen wie Mobile Order Management (MOM) von Transporeon und das Sendungstracking von Shippeo, um die Ankunftszeiten von Lkw (ETA) zu übermitteln. Wir wären auch bereit, an Tests teilzunehmen. Im Grunde müsste das so transparent erfolgen wie auf Flughäfen: Mit einem Tower, der über sämtliche Flugzeugbewegungen informiert ist. So etwas bräuchte es in jedem Handelslager. Es ist vielleicht die einzige Chance, die Standzeiten an den Rampen zu verkürzen. Und damit die vielleicht einzige Möglichkeit, den Laderaummangel in Deutschland in den Griff zu bekommen. Haben Sie deshalb im vergangenen Jahr den Eigenfuhrpark deutlich hochgefahren? Deutlich - das klingt dramatisch (lacht). Ja, wir haben jetzt in der Tat 22 Prozent mehr Eigenanteil. Insgesamt verfügen wir damit über elf Lkw und insgesamt 18 Fahrer, das sind zwei Lkw mehr als 2017. Klarer Vorteil ist, dass wir uns in schwachen Zeiten die guten Touren aussuchen können. Und in Spitzenzeiten wie vor Weihnachten, Ostern und in den Vier-Tage-Wochen im Mai ist unser Eigenfuhrpark unsere Feuerwehr. Wir entscheiden, welcher Kunde mit unserem Eigenfuhrpark beliefert wird. Wer arbeitet rentabler: Ihre Spediteure oder Ihr eigener Fuhrpark? Unsere eigenen Lkw werden mit dem gleichen Tarif bewertet wie ein externer Dienstleister. Die Kostenrechnung eines Spediteurs ist natürlich aufwendiger, weil er zum Beispiel sein unternehmerisches Risiko sowie seine Gebäude- und Overhead-Kosten einkalkulieren muss. Dafür zahlen wir unseren Fahrern mehr Geld. Unser Kostenmix ist also anders als der einer Spedition, aber unterm Strich entstehen gleich hohe Kosten. Wir haben ja bislang nicht einmal eine EU-Lizenz. Wobei wir stark darüber nachdenken. Dann könnten wir auch für Dritte fahren und unsere Lkw dadurch besser auslasten. Wir werden den Markt genau beobachten, und wer weiß, vielleicht bauen wir den Eigenfuhrpark weiter aus. Das ist aber eine Entscheidung, die nicht ich treffe, sondern unsere Geschäftsführung. Als Eckes-Granini kommen Sie sicher auch leichter an Fahrer als ein kleiner Spediteur. Dass wir leichter an Fahrer kommen, bezweifle ich. Allein in Hennef haben wir erst nach einem halben Jahr einen Lkw-Fahrer gefunden. Obwohl wir deutlich besser zahlen als ein regionaler Spediteur. Riesenthema bei uns ist, dass wir keinem Fahrer ein festes Fahrzeug zusichern können. Denn wir wollen unsere Lkw durchwechseln können, damit die in Bewegung sind. Ziel ist, die Lkw im Zwei-Schicht-Betrieb einsetzen zu können. Das mögen viele Fahrer nicht. Schon deshalb werden wir nie alle unsere Touren mit eigenen Lkw und eigenen Fahrern fahren. Gibt es Dinge, die Ihre Speditionspartner besser machen könnten? Gerade mit unseren festen Speditionspartnern sind wir mehr als glücklich. Wir laden sie jedes Jahr zu einem Speditionstreffen ein, um mit diesen abzustimmen, was wir in der Zusammenarbeit besser machen können. Das ist ein super Verhältnis. Auch bei den Fahrern habe ich keinerlei Kritikpunkte. Wir sind der Initiative Fair Truck beigetreten, um dem Fahrer eine Plattform für Feedback zu geben. Es ist aus meiner Sicht ein Wettbewerb zwischen den Verladern entstanden, und wir müssen die Kapazitäten für uns gewinnen. Schwieriger wird das Ganze, wenn die Spediteure Sub-Sub-Unternehmer für die Transporte einsetzen. Wobei uns hier Fumo Solutions unterstützt. Wir nutzen von Fumo unterschiedliche Tools, unter anderem Fumo Compliant Shipper und Fumo Compliant Carrier. (siehe Kasten Seite 18) Eckes-Granini Deutschland hat sich 2013 das Ziel gesetzt, seine CO2-Emissionen um 20 Prozent bis 2018 zu reduzieren. Sind Sie damit schon am Ziel? Nein, das ist ein Prozess. Aber wir sind da gut unterwegs. Unter anderem haben wir schon 2015 gemeinsam mit der Logistik-Akademie Janz einen Green Check, also ein Audit, bei unseren strategischen Speditionspartnern durchgeführt. Sprich: Es wurde deren CO2-Ausstoß ermittelt und auf Basis dieser Ergebnisse Maßnahmen erarbeitet, wie sich diese Emissionen reduzieren lassen. Das hat unsere Öko-Effizienz im Transport- und Lagerbereich deutlich gesteigert. Konkret hat Eckes-Granini dadurch 21,7 Prozent CO2 eingespart. Wir wurden dafür erstmals mit dem Lean & Green Award von GS1 Germany ausgezeichnet. Wie gesagt, das geht weiter. Nächster Schritt war das Kooperationsprojekt mit Kaufland, über das wir eingangs gesprochen haben. Da sind wir gut vorangekommen. Aber fünf Prozent CO2-Ersparnis müssen noch erreicht werden. Müssen Ihre Spediteure deshalb jetzt in LNG-Lkw investieren? LNG wäre schön! Ist aber unrealistisch. Dafür gibt es in Deutschland bislang viel zu wenige LNG-Tankstellen. Für unseren Eigenfuhrpark haben wir LNG schon geprüft. Aber auch wir können das mangels Tankstellen noch nicht umsetzen. Außerdem sind die Anschaffungskosten für LNG-Lkw mit 120.000 bis 140.000 Euro noch zu teuer. Wir sagen: Nachhaltig ist, was wirtschaftlich ist. Wir fordern von unseren Spediteuren deshalb auch nicht LNG, aber begrüßen jeden Spediteur, der Lkw mit LNG hat. Jost fährt zum Beispiel für uns und hat im Oktober in 500 LNG-Iveco-Stralis investiert. Wir fordern von unseren Spediteuren nur den Code-XL-Standard, weil wir sehr schwere Produkte haben. An welchen Hebeln setzen Sie dann an, um nachhaltiger und effizienter im Transport zu werden? Ganz klar: Wir müssen viel stärker in die Kooperation. Kooperationsprojekte sind die Zukunft. Wir sehen das nicht im Zusammenspiel mit anderen Saft-Herstellern. Wir sind ausschließlich im palettisierten FTL-Bereich unterwegs. Und unsere Lkw sind voll. Wir haben unseren Handelskunden auch schon viele Vorschläge unterbreitet, wie sich gemeinsam mehr Effizienz erreichen lässt. Vorstellbar wäre zum Beispiel, dass unsere Spediteure an den Lagerzentren ihre Trailer abstellen, der Handel kann sie dann in Ruhe beladen - auch das hilft, Wartezeiten an den Rampen zu sparen. Und der Lkw kann rollen. Doch für solche Projekte braucht es Gespräche. Und Gespräche kosten Zeit. Und die Zeit rast. Hilft Ihnen dabei nicht die Digitalisierung? Nur begrenzt. Was bringt es, wenn mir der Handel vier Wochen vorher die Prognosedaten übermitteln kann und ich das dem Spediteur mitteile? Nichts, weil der Spediteur nicht weiß, über wie viele Kapazitäten er in vier Wochen verfügt. Der Lkw kann da in der Wartung sein, der Fahrer krank. Das ist das Schöne an der Logistik: Sie ist jeden Tag neu, auch wenn wir versuchen, alles planbar zu machen. Wie gesagt, in Teilen hilft das: zum Beispiel dynamische Zeitfenster, Übermittlung der ETA-Daten der Lkw. Wirklich helfen würde uns lediglich, wenn wir wüssten, wie hoch die Bestände bei unseren Handelskunden sind. Vor allem, wenn wir wüssten, ob der bestellte Orangensaft wirklich so dringlich binnen 24 Stunden ausgeliefert werden muss. Das würde alles entspannen. Wir hätten dadurch deutlich mehr Vorlauf: In der Produktion, vor allem in der Logistik. Wir kennen es aber nicht anders. Wir beherrschen die geforderte Taktung, auch bei Aktionsware. Wir wissen aber nie, wann die Mengen letztlich auf uns zukommen. Diese Volatilität wird aber weiter zunehmen, da es immer mehr Aktionen gibt. Aber dafür gibt es ja die Logistik (lacht). Mehr zum Thema im Dossier Lebensmittellogistik www.verkehrsrundschau.de/dossiers Daten + Fakten Steffen RiedelSteffen Riedel ist Leiter Logistik bei Eckes-Granini Deutschland in Nieder-Olm. Der 39-Jährige ist seit 2005 in dem Unternehmen tätig: zunächst als Leiter Transportlogistik, dann als Leiter Auftrags- & Lieferservice und seit 2015 in der heutigen Position.Eckes-Granini ist ein auf Fruchtsäfte spezialisiertes Unternehmen, das 1857 gegründet wurde. 2018 erwirtschaftete Eckes-Granini mit 1747 Mitarbeitern 974 Millionen Euro Umsatz und ist damit nach eigenen Angaben in seinem Segment Marktführer in Europa. Zum Portfolio zählen Marken wie Granini, Pago und hohes C. Das Unternehmen ist in 16 Ländern Europas tätig. eh Fumo Solutions Warum Eckes-Granini auf Fumo Solutions setztEckes-Granini setzt in seiner Outbound-Logistik unterschiedliche Tools von Fumo Solutions ein: Mit den Audits zum Compliant Shipper und Compliant Carrier überprüft man die eigene Organisation und die der eingesetzten Carrier. Mit dem Fumo Cockpit kontrolliert und dokumentiert man die Auftraggeberpflichten. Hinweis der Redaktion: Fumo Solutions gehört wie die VerkehrsRundschau zu Springer Fachmedien München."Fumo informiert uns bei gesetzlichen Änderungen und Neuerungen", sagt Steffen Riedel, Leiter Logistik von Eckes-Granini."Wir achten zwar sehr penibel darauf, alle umzusetzen. Es kann aber stets passieren, dass man ohne Fumo etwas übersieht." Fumo unterstütze auch bei den regelmäßigen Schulungen, und spätestens bei den jährlichen Audis erfahre er, wo die Firma unter Umständen nachbessern müsse. Vorteil von Fumo Cockpit sei, so Riedel, dass er alle erforderlichen Dokumente seiner Carrier nun zentral und geprüft auf der Fumo-Plattform hinterlegt habe. Jeder Standort könne so auf diese Unterlagen online zugreifen. Früher benötigte er dafür drei dicke Handordner. eh

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