Wie Unternehmen ihre Arbeitsverträge rechtssicher machen

Hat man als Arbeitgeber nach einem mehr oder weniger langwierigen Bewerbungsprozess den passenden Mitarbeiter gefunden, bleibt zum krönenden Abschluss noch, den Arbeitsvertrag zwischen den beiden Parteien abzuschließen. Auch wenn dies mündlich geschehen kann - üblich ist die Schriftform, also ein von beiden Seiten unterschriebenes Papier. "Ein Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf einen schriftlichen Vertrag und kann diesen auch verlangen. Zudem ergeben sich durch das sogenannte Nachweisgesetz gewisse Pflichten für den Arbeitgeber", so Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Fuhlrott Arbeitsrecht in Hamburg. Dieser muss dem Arbeitnehmer innerhalb einer vorgegebenen Frist einen schriftlichen Nachweis über wichtige Inhalte des Arbeitsvertrags zukommen lassen, unter anderem zur Arbeitszeit und zur Vergütung. Darauf hat der Mitarbeiter ebenfalls einen Anspruch. Wann rechtsgültig? "Aber auch, wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt worden sind, ist ein mündlicher Arbeitsvertrag aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes trotzdem schon wirksam", sagt Fuhlrott. Damit ein Arbeitsvertrag rechtsgültig ist, muss sich nur über die wesentlichen Vertragsbestandteile geeinigt werden: die Arbeitsvertragsparteien, den Umfang der Arbeitszeit, die Tätigkeit und den Beginn. "Selbst das Gehalt muss nicht zwingend geregelt sein - das ist zwar eine eher theoretische Diskussion, aber bei Fehlen des Gehalts gilt nicht etwa der Mindestlohn, sondern das, was üblich ist", sagt der Anwalt (Paragraf 612 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB). Auch Urlaub und Kündigungsfristen ergeben sich aus den Gesetzen. Unwirksame Klauseln Aber nun zurück zur Praxis, in der in der Regel ein schriftlicher Vertrag zwischen den beiden Parteien zustande kommt. Er enthält die entsprechenden Klauseln zu Gehalt, Arbeitszeit, die Tätigkeitsbeschreibung und vieles mehr. Da sich durch Gesetzgebung und Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts immer wieder Änderungen ergeben, die für Arbeitsverträge relevant sind, können allerdings bestimmte Klauseln unwirksam oder auch unangemessen sein. Unwirksam sind zunächst Klauseln, die gegen Gesetze verstoßen. Anwalt Fuhlrott nennt ein Beispiel dafür: Wird bei der Angabe der Arbeitszeit die gesetzlich mögliche Höchstarbeitszeit überschritten, ist diese einzelne Klausel unwirksam - es gilt das Gesetz. "Wenn schon der Zweck des Arbeitsvertrags nicht den gesetzlichen Vorschriften entspricht oder sittenwidrig ist, zum Beispiel Schwarzarbeit als Tätigkeit beschreibt, dann ist der gesamte Vertrag unwirksam." Aber das seien eher Ausnahmefälle, da solche Abreden in der Regel nicht schriftlich fixiert würden. AGB-Regeln gelten Da im Normalfall ein Arbeitsvertrag nicht einzeln ausgehandelt wird, sondern Unternehmen meist Muster nutzen, unterliegen Arbeitsverträge einer sogenannten AGB-Kontrolle nach den Regularien des BGB (Paragrafen 305 bis 310). "Das bedeutet, ein Unternehmer darf bestimmte Regelungen im Grundsatz vorsehen, aber diese müssen in ihrer Ausgestaltung angemessen sein." Im Zweifel entscheiden die Arbeitsgerichte oder in letzter Instanz das Bundesarbeitsgericht, ob eine Klausel den Mitarbeiter unangemessen benachteiligt. Fuhlrott nennt als ein Beispiel Ausschlussklauseln: In diesen steht, dass alle Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht werden müssen, sonst erlöschen sie. Auf Arbeitnehmerseite wären das zum Beispiel vom Unternehmen nicht abgegoltene Überstunden. "Arbeitgeber können Ausschlussklauseln zwar grundsätzlich in einen Arbeitsvertrag aufnehmen, müssen aber gewisse Vorgaben einhalten." So muss unter anderem enthalten sein, dass die Klausel für beide Seiten gilt, die Frist zur Geltendmachung mindestens drei Monate betragen und der Mindestlohn von den Ansprüchen ausgenommen sein muss. "Verstößt ein Unternehmen in seinen Arbeitsverträgen nur gegen eine der Vorgaben - etwa, in dem es zum Beispiel eine Frist von zwei Monaten setzt - dann ist die gesamte Klausel unwirksam." In diesem Fall greift dann die rechtlich festgelegte dreijährige Verjährungsfrist der Ansprüche, die man als Arbeitgeber mit solch einer Klausel verkürzen möchte. Aufgepasst bei der Formulierung! Typische unwirksame Klauseln in Arbeitsverträgen "Alle Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten." In dieser Fassung unwirksam. Es dürfen maximal zehn Prozent der Überstunden pauschal abgegolten werden, der Rest muss durch FreizeitAusgleich oder Entgelt gewährt werden. Verpflichtung, das eigene Gehalt nicht zu verraten: unwirksam Verbot jedweder Nebentätigkeit: unangemessen und unwirksam. Nebentätigkeiten dürfen etwa verboten werden, wenn der Mitarbeiter dadurch gegen die Grenzen des ArbeitszeitRechts verstößt oder wenn er bei der Konkurrenz arbeitet. Vertragsstrafen, zum Beispiel bei Nichtantritt der Arbeitsstelle: unangemessen und unwirksam, wenn mehr als ein Bruttomonatsgehalt verlangt wird. Bei vertragswidriger Kündigung gilt Ähnliches. Allerdings nicht während der Probezeit, hier wäre es abhängig von der Länge der Kündigungsfrist entsprechend niedriger. Ausschlussklauseln: unangemessen und unwirksam, wenn unter anderem die Frist kürzer als drei Monate ist. Rückzahlung, etwa von Weihnachtsgeld oder Weiterbildung im Fall, dass der Mitarbeiter kündigt. Wenn nicht differenziert genug gestaltet, können diese unangemessen und unwirksam sein. Zum Beispiel sind Fristen zu setzen, wie lange der Mitarbeiter sich an das Unternehmen binden muss. Überraschende Klauseln sind unangemessen und unwirksam. Ein Beispiel: Wichtige Vertragsinhalte wie eine Befristung dürfen sich nicht unter einer Klausel mit der Überschrift "Verschiedenes" befinden, wo man sie nicht erwartet. Sie benötigen stattdessen eine eigene Überschrift, aus der klar erkennbar ist, was der Inhalt der Klausel ist, etwa "Befristung des Arbeitsvertrags". Quelle: Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrecht der Kanzlei Fuhlrott Arbeitsrecht Verständlichkeit ist ein Muss "Eine unwirksame Klausel ist insgesamt unwirksam - sie wird nicht etwa auf das noch zulässige Maß reduziert", betont Fuhlrott. "Es gilt dann die gesetzliche Regelung." Er nennt als weiteres Beispiel Klauseln über Befristungen: Eine Befristung ohne Sachgrund ist nur für eine maximale Dauer von zwei Jahren möglich. Befristet die Klausel den Vertrag auf drei Jahre, ist diese regelmäßig unwirksam. Dann gilt die Befristung nicht als auf zwei Jahre abgeschlossen, sondern der Vertrag ist unbefristet. Zudem müssen die Klauseln verständlich und eindeutig formuliert sein. "Es gilt das Transparenzgebot: Für jeden muss klar sein, was mit der Formulierung gemeint ist. Ist dem nicht so, kann die Klausel insgesamt unwirksam sein", erklärt der Anwalt. Lasse sich eine Klausel in mehrere Richtungen auslegen, gilt nach dem Gesetz immer die für den Arbeitnehmer günstigere Variante. Regelmäßiges Update wichtig Damit die im Betrieb genutzten Muster auf dem aktuellen Stand sind und keine unwirksamen Klauseln enthalten, empfiehlt Fuhlrott als Faustregel, Arbeitsverträge "nahezu einmal jährlich" auf den Prüfstand zu stellen und gegebenenfalls anzupassen. So ist man beim Einstellen eines neuen Mitarbeiters vertraglich gut aufgestellt. Rein theoretisch müsste man immer, wenn sich durch ein Urteil etwas ändert, schauen, ob es Anpassungsbedarf im Vertrag gibt - was aber natürlich unpraktisch ist. "Es ändert sich ständig etwas. Aktuelle wichtige Beispiele: Ausschlussfristen, Klauseln zum Urlaub und zur Versetzung sind sehr wichtig - hier ,rächen' sich unwirksame Klauseln", hebt Fuhlrott hervor. Nicht alles in den Arbeitsvertrag Während Unternehmen neuen Arbeitnehmern einen entsprechend angepassten Vertrag zur Unterschrift geben können, kommt man an die Altverträge mit einer unwirksamen Klausel nicht so einfach heran. Somit hat die bestehende Belegschaft dann Verträge, in denen die entsprechende Klausel unwirksam ist. "Manche Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber würde ich nicht im Arbeitsvertrag regeln", rät der Anwalt zudem. Zum einen, weil dieser ohnehin schon oft sehr umfangreich sei. Zum anderen: Wenn ein Unternehmen irgendetwas an der Vorgabe ändern muss oder will, müsste es den gesamten Arbeitsvertrag anfassen. "Und da dieser vom Arbeitnehmer unterschrieben ist, können Sie den Vertrag nur mit seinem Einverständnis ändern." Eine Mitteilung lasse sich dagegen jederzeit ändern. Was aber, wenn eine Anpassung der Altverträge angeraten erscheint? "Sie können Alt-Arbeitnehmern einen angepassten Arbeitsvertrag geben und um freiwillige Unterzeichnung bitten", erläutert Fuhlrott den Aspekt. Dies ließe sich gegebenenfalls garnieren im Rahmen der ohnehin anstehenden Gehaltserhöhung, dass "nur diejenigen, die den neuen Vertrag unterschreiben", diese bekommen. Aber es bleibt bei der Freiwilligkeit: Wer nicht unterschreiben will, muss dies auch nicht. Online-Muster nicht empfohlen Von Mustern aus dem Internet rät der Anwalt ab. Zwar würden sich viele gute Musterverträge in Handbüchern oder frei verfügbar im Internet finden, aber ob das Muster auf dem aktuellen Stand sei, ließe sich nicht beurteilen. "Wenn Sie sich nicht bei einem Anwalt beraten lassen, dann sollten Sie zumindest zu Ihrem Verband gehen." Bei Branchenverbänden, die Juristen beschäftigen, könne man davon ausgehen, dass eine ordentliche Qualität und Branchenkenntnis vorliegen und deren Muster regelmäßig überarbeitet werden. Außerdem: "Muster ist eben Muster. Betriebliche Besonderheiten können individuelle Regelungen notwendig machen, deren Vorhandensein in einem Streitfall später viel Geld spart." Das sei der eigentliche Job des Anwalts: Mit dem Unternehmer erörtern, was genau sein Bedarf ist, welche typischen Probleme geregelt werden müssen oder welche Punkte nicht unbedingt wichtig sind. Und wie hoch sind die Kosten für ein Muster vom Anwalt? "Das ist wie immer schwer pauschal zu beurteilen. Wenn ich einem Mandanten ein aktuelles Muster gebe, dazu kurz mit ihm spreche und der Mandant das selbst anpassen will, fällt ein äußerst geringer Aufwand an." Wünscht ein Unternehmer umfangreiche Regeln, etwa Verpflichtungen auf Datenschutz oder passgenaue betriebliche Regeln für ein neues Bonussystem, wird es teurer. "Insoweit ganz pauschal: Von 300 Euro für das Übersenden eines Musters und eine kurze Besprechung bis hin zu 6000 Euro für die komplette Überarbeitung neuer Arbeitsvertrags-Muster für Minijobber, Vollzeitkräfte, Befristungen und unbefristete Arbeitsverträge nebst Entwicklung passgenauer betrieblicher Regelungen ist alles denkbar." "Auffrischen" bedingt sinnvoll Manchmal sei das Renovieren eines alten Hauses zudem umständlicher und teurer, als alles abzureißen und neu zu bauen. "Das kann auch bei Arbeitsverträgen denkbar sein: Einen zehn Jahre alten Arbeitsvertrag zu überarbeiten, ist vielleicht nicht sinnvoll. Stattdessen kann es besser sein, einfach einen komplett neuen Vertrag zu nehmen."

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