Was wäre wenn ...

Deutschland hat gewählt. Herausgekommen ist ein Ergebnis, das es so noch nicht gegeben hat. Kein eindeutiger Wahlgewinner und vor allem: Eine Zweierkoalition scheint ausgeschlossen. An der Fortführung der großen Koalition aus CDU/CSU und SPD zeigen die Parteien zumindest derzeit kein gesteigertes Interesse. Also läuft alles auf eine Dreier-Koalition heraus, bei der Bündnis 90/Die Grünen und die FDP mit im Boot sitzen. Derzeit werden der SPD als die Partei mit den meisten Stimmen die besten Chancen eingeräumt, mit den beiden Juniorpartnern eine Regierung zu bilden. Auch wenn die Vergangenheit gezeigt hat, dass es häufig anders kommt, als man denkt; auch wenn noch offen ist, auf welche Inhalte sich ein Dreier-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP verständigen werden; und auch wenn zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses die Vertreter einer möglichen Ampelkoalition sich noch nicht einmal getroffen haben: Wir versuchen, Antworten zu geben auf fünf Fragen, die die Logistik betreffen, wenn die Ampel kommen sollte. Und bei diesen Spekulationen steht vor allem das Thema Klimawandel im Mittelpunkt. ? Muss die Transport- und Logistikbranche mit steigenden Belastungen rechnen? Ja. Aber das wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit auch bei allen anderen Regierungskoalitionen, die vor der Wahl als möglich angesehen wurden, der Fall gewesen. Maßgeblicher Treiber ist der Klimawandel. Alle im Bundestag vertretenen Parteien mit Ausnahme der AfD haben sich schon vor der Wahl zur Bekämpfung des Klimawandels bekannt. Das Bundesverfassungsgericht hatte im April das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung als verfassungswidrig erklärt und Nachbesserungen gefordert. Damit war klar: Alle Branchen in Deutschland werden stärker als bislang Anstrengungen zum Klimawandel unternehmen müssen - und die Politik wird diesen Wandel auch mit Instrumenten forcieren, die eine Belastung für die Wirtschaft bedeuten. ? Droht dem Diesel-Lkw früher als bislang geplant das Aus? Noch steht ja kein Datum für das Ende des Dieselantriebs im Nutzfahrzeugsektor fest. Die Grünen fordern bis 2030 ein Ende für Verbrennermotoren im Pkw-Segment. Zu Lkw haben sie sich in dieser Frage noch nicht geäußert. Sicher werden sie stärkeren Druck auf eine Umstellung ausüben als die anderen Parteien. Aber die Macht des Faktischen können auch sie nicht außer Kraft setzen: Wenn die Nutzfahrzeugindustrie noch keine ausreichenden Angebote zu wirtschaftlich vernünftigen Konditionen machen kann, dann können und werden auch die Grünen nicht einfach ein Verbot des Dieselantriebs im Schwerlastsegment festzurren. So oder so, die Unternehmen in der Logistikbranche sind gut beraten, sich intensiv mit der Dekarbonisierung zu befassen. Denn mit den Grünen in der Regierung wird das Tempo in der Debatte um CO2-Einsparungen zunehmen. ? Werden mehr Güter auf die Schiene verlagert? Das ist unzweifelhaft das Ziel der Grünen. Das haben aber auch die verkehrspolitischen Sprecher der SPD und FDP vor der Wahl gegenüber der VerkehrsRundschau verkündet (siehe VR 18, Seite 18 und unter www.verkehrsrundschau.de/plus/wahlumfrage2021). Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Grünen auch hier mehr Druck ausüben - vor allem, wenn sich die Dekarbonisierung im Nutzfahrzeugsektor verzögert. Nicht auszuschließen, dass dann zum Beispiel eine Regelung kommt, nach der alle neuen Sattelauflieger so ausgerüstet sein müssen, dass sie sich für eine Verladung auf die Schiene eignen. Deshalb gilt auch hier, dass es nicht schaden kann, sich als Verlader oder Transportdienstleister mit alternativen Verkehrsträgern zu befassen. Deren Bedeutung wird mit großer Wahrscheinlichkeit zunehmen. Fragt sich nur, in welchem Ausmaß. ? Droht das deutsche Transportgewerbe international den Anschluss zu verlieren bei all den Maßnahmen zum Klimawandel? Die Gefahr ist nicht auszuschließen aufgrund der mit dem Klimaschutz verbundenen Belastungen. Aber andererseits wird es auch Erleichterungen geben: Die Maßnahmen aus dem EU-Mobilitätspaket, die in den nächsten Jahren in Kraft treten, sind eher eine Belastung für die osteuropäischen Fuhrunternehmen. Und es gibt da ja auch noch die FDP. Die wird darauf achten, dass die deutsche Wirtschaft im internationalen Wettbewerb aufgrund der Klimapolitik einer deutschen Regierung nicht ins Hintertreffen gerät. Aber ja: Es gilt für die Branche und ihre Vertreter, wachsam zu sein, wie groß die Belastungen ausfallen. ? Ach ja, wer wird der nächste Bundesverkehrsminister? Eine Frage, die derzeit sicher nicht ganz oben auf der Tagesordnung steht. Aber auch keine ganz unwichtige Frage, weil ein Bundesverkehrsminister Einfluss nimmt auf die großen Linien in der Verkehrspolitik. Unser Tipp: In einer Ampelkoalition wird der Nachfolger von Andreas Scheuer entweder aus der FDP oder von den Grünen kommen. Für die SPD könnten andere Ressorts interessanter sein. In der FDP wäre der jetzige Generalsekretär der FDP, Volker Wissing, ein Kandidat. Davor war Wissing Wirtschafts- und Verkehrsminister in Rheinland-Pfalz. Und bei den Grünen werden immer wieder Cem Özdemir und Anton Hofreiter genannt. Aber wie erwähnt, noch sind das alles (wilde) Spekulationen.

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