Was kommt nach Corona?

Noch weiß keiner, wann die Corona-Pandemie überstanden sein wird. Nur eines ist sicher: Sie wird uns nicht ewig begleiten. Weiterer Schub für die Digitalisierung Genauso sicher ist, dass sie die Wirtschaft verändern wird. Nicht alle sind davon gleichermaßen betroffen. Der Bereich E-Commerce ist ein Segment, das von den Folgen der Krise womöglich profitiert. Die Digitalisierung, da sind sich die Experten einig, wird einen weiteren Schub erhalten. Aber es gibt auch Verlierer: Die Luftfahrt muss sich womöglich dauerhaft auf ein niedrigeres Niveau einstellen. Auch für die Globalisierung - sprich die weltweite Beschaffung von Produkten - befürchten nicht wenige Experten einen Dämpfer. Und was bedeuten diese Änderungen für die Transportwirtschaft? Werden Pufferlager wichtiger? Wird das Vorkrisenniveau wieder erreicht, und wenn ja, wann? Zu diesen Themen und weiteren Fragestellungen haben wir die Meinung der Logistikdienstleister und Verlader im Rahmen der VR-Index-Erhebung zur Frage des Quartals eingeholt. Immer wieder wird als eine Folge der Corona-Krise die Befürchtung geäußert, dass viele kleinere und mittelgroße Firmen die ausbleibende Nachfrage nicht überleben werden und es daher zu einer Konzentration in der Transportbranche kommt. Bei den Logistikdienstleistern gehen 34,2 Prozent davon aus, dass es aufgrund der Krise zu einer Konzentration kommt (siehe Kasten Seite 15, oberer Balken: Summe der Teilnehmer mit den blauen Balken). 36,8 Prozent sind in dieser Frage gespalten, während immerhin fast ein Viertel der Befragten (23,7 Prozent) davon ausgeht, dass eine solche Konzentration eher nicht eintreten wird. Interessant sind im Vergleich dazu die Aussagen der verladenden Wirtschaft: Dort gehen mit 42,0 Prozent deutlich mehr davon aus, dass der Konzentrationsprozess bei den Logistikdienstleistern sich beschleunigt. Aber die recht gleich verteilten Aussagen lassen sich auch so deuten, dass sich die Unternehmen unsicher sind, wie sich die Insolvenzen entwickeln. Von einer Pleitewelle kann ja aktuell keine Rede sein. Dazu hat sicher die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht beigetragen, sodass manche Unternehmen bislang um die Pleite herumgekommen sind. Befürchtet wird jedoch, dass eine Insolvenzwelle mit Auslaufen der Aussetzung der Antragspflicht am 31. Dezember 2020 über die deutsche Wirtschaft hereinbrechen könnte. Pufferlager gewinnen an Bedeutung Deutlicher fallen die Ergebnisse zu den Trends aus, welche Folgen die Pandemie für die Logistikprozesse haben könnte. Die VerkehrsRundschau hat dazu unterschiedliche Fragen gestellt, unter anderem ob Pufferlager zur Stärkung der Lieferfähigkeit wichtiger werden. Sowohl bei den Dienstleistern wie auch bei den Verladern bejaht eine Mehrheit der Befragten diese Aussage. Unter den Dienstleistern sagen 42,1 Prozent, dass dieser Trend eher zutrifft. 14,5 Prozent sind sich sogar ganz sicher, dass Pufferlager in der Nach-Corona-Zeit wichtiger werden. Die verladende Wirtschaft urteilt ähnlich. Mit insgesamt 51,6 Prozent glauben jedoch nicht ganz so viele Unternehmensvertreter, dass Pufferlager wichtiger werden. Aber die Aussagen beider Gruppierungen lassen den Schluss zu, dass das Thema Lagerhaltung an Bedeutung gewinnt. In der Pandemie wurde deutlich, wie anfällig Industriebetriebe sein können, die in der Produktion auf eine Just-in-time-Belieferung setzen. Diese Unternehmen mussten auch deshalb ihre Produktion relativ schnell herunterfahren oder ganz einstellen, weil die benötigten Zulieferteile aufgrund des Lockdowns nicht mehr lieferbar waren. W ird diese Erfahrung dazu führen, dass die Just-in-time-Produktion jetzt auf den Prüfstand kommt? Die Dienstleister haben dazu keine klare Meinung: 36,8 Prozent von ihnen würden dieser These eher zustimmen. Fast genauso viele (31,6 Prozent) sind der Auffassung, dass sich durch die Corona-Krise nichts daran ändern wird. E-Commerce ist ein Profiteur der Krise Bei den Verladern als die direkt Betroffenen sieht das Bild etwas anders aus: Hier halten es 48,4 Prozent der Befragten für möglich, dass die Just-in-time-Produktion hinterfragt wird. Nur 29,0 Prozent sehen das als eher unwahrscheinlich an. Eine Entwicklung, die es schon vor Corona gab, ist die zu umweltfreundlichen Antrieben im Nutzfahrzeugsektor. Die Mehrheit bei den Verladern wie auch fast die Hälfte der Dienstleister gehen davon aus, dass dieser Trend in der Nach-Corona-Zeit noch mal an Bedeutung gewinnen wird. Wobei hier weniger Corona die entscheidende Rolle spielen dürfte, sondern eher die Erwartung, dass das Virus an Bedeutung verliert und die Klimadebatte dann wieder stärker in den Fokus rückt. Ein Trend, der in der Corona-Krise deutlich zu beobachten war, war der zum E-Commerce. Die Befragten gehen nicht davon aus, dass dies nur eine Momentaufnahme war. Unter den Dienstleistern gibt es eine Mehrheit, die erwartet, dass die Nachfrage nach Logistiklösungen für den E-Commerce steigen wird. Bei den Auftraggebern, die letztlich die Entscheidungshoheit über diese Frage haben, sind es sogar fast zwei Drittel der Befragten, die die Auffassung vertreten: Das E-Commerce-Geschäft wird weiter boomen. Die VerkehrsRundschau hat zudem gefragt, mit welcher Entwicklung die Teilnehmer für ihr Unternehmen in der Nach-Corona-Zeit rechnen (siehe Grafik unten). Die Güterverkehrsprognosen - erstellt allerdings vor der Corona-Krise - hatten ja für die Zukunft ein weiteres Wachstum vorhergesagt. Viele Unternehmen teilen diesen Optimismus nicht mehr, wie die Ergebnisse der Exklusivumfrage der VerkehrsRundschau zeigen. Der These, dass das Transportvolumen auf jeden Fall steigen wird, können nur 6,6 Prozent der Dienstleister uneingeschränkt zustimmen. Kein Zweifel, vor der Krise wäre dieser Anteil sicherlich deutlich höher gewesen. Zwar zeigen sich immerhin noch 11,8 Prozent optimistisch und würden sagen, das Volumen steigt eher. Aber der Anteil der Pessimisten ist deutlich höher. 18,4 Prozent halten es für ausgeschlossen, dass das Transportvolumen größer sein wird als vor der Krise. 44,8 Prozent meinen, dass die Mengen eher nicht steigen werden. Interessant ist, dass die Verlader die Lage zwar auch mit einer gewissen Skepsis beurteilen, bei ihnen jedoch die Erwartungen nicht so negativ sind. Nur halb so viele wie bei den Dienstleistern (9,7 Prozent) sind sich sicher: Es ist ausgeschlossen, dass das Transportvolumen größer sein wird als vor der Krise. 38,7 Prozent halten eine solche These für wenig wahrscheinlich und damit 6,1 Prozentpunkte weniger als bei den Dienstleistern. Immerhin ein Viertel (25,8 Prozent) zeigt sich optimistisch und geht davon aus, dass das Transportvolumen nach der Krise steigt. Interessant auch, dass bei der Kontrollfrage, ob das Transportvolumen womöglich sinken wird, der Anteil der Skeptiker sowohl bei den Verladern wie auch bei den Dienstleistern nicht so stark ausgeprägt ist (siehe zweite Frage Kasten Seite 16). Je nach Fragestellung gibt es offenbar zum gleichen Thema leicht unterschiedliche Antworten. Krisenzeiten sind immer wieder auch Anlass für Unternehmer, über ihre Kapazitäten nachzudenken. Eine Option ist, verstärkt Leiharbeiter einzusetzen und dabei auf Werkverträge zurückzugreifen. Doch weder bei den Dienstleistern noch bei den Verladern scheint dies eine Alternative zu sein, auf die man im großen Stil zurückgreifen möchte (siehe Ergebnis dritte Frage Kasten Seite 16). Homeoffice gewinnt an Bedeutung Ein neuer Trend, der auch nach dem Ende der Corona-Krise anhalten wird, kommt nicht wirklich überraschend: Homeoffice wird an Bedeutung gewinnen. Bei den Verladern sind 80,6 Prozent der Befragten dieser Meinung. 19,4 Prozent sind geteilter Meinung. Nicht ganz so eindeutig fällt das Ergebnis bei den Dienstleistern aus, was auch nicht verwundert, da Homeoffice bei Lkw-Fahrern unmöglich ist und beispielsweise bei Disponenten mit Schwierigkeiten verbunden ist. Daher gehen "nur" 68,3 Prozent der Dienstleister davon aus, dass Homeoffice bei ihnen im Unternehmen an Bedeutung gewinnt. Acht Prozent rechnen nicht mit mehr Homeoffice-Arbeitsplätzen nach der Pandemie. Eine spannende Frage ist, wie lange es dauern wird, bis sich der Transportmarkt von Corona wieder erholt und das Vorkrisenniveau erreicht hat. Bei den Transportdienstleistern scheint es frühestens im zweiten Halbjahr 2021 so weit zu sein (32,9 Prozent der Befragten). Ebenso viele nennen erst das Jahr 2022 als Zeitraum, in dem man die 2018er-Werte wieder erreichen könnte. Die Verlader zeigen sich nicht so skeptisch. Fast ein Drittel (29,0 Prozent) geht davon aus, bereits im ersten Halbjahr 2021 das Vorkrisenniveau wieder erreicht zu haben. 25,8 Prozent wollen spätestens im zweiten Halbjahr 2021 wieder bei dem Aufkommen der Vor-Corona-Zeit sein. Und 35,5 Prozent rechnen damit, spätestens 2022 das Niveau zu erreichen. Ausführliche Zahlen und weitere Grafiken zu der Umfrage erhalten die Abonnenten der VerkehrsRundschau im Profi-Portal VR plus (siehe Kasten Seite 15). Mehr zum Thema finden Sie unter #Konjunktur www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Irgendwann wird Corona der Vergangenheit ange -hören. Mit welchen Trends dann zu rechnen ist und wie sich die Mengen entwickeln werden, hat die VerkehrsRundschau in einer Exklusiv-Umfrage ermittelt. Die Frage des Quartals Jedes Quartal befragt die Verkehrs-Rundschau Unternehmen zu aktuellen Themen aus der Logistikbranche. In diesem Quartal haben Fach- und Führungskräfte von insgesamt 105 Logistikdienstleistern und Verladern an der vom Marktforschungsinstitut Kleffmann durchgeführten Untersuchung teilgenommen. cd

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