VR-Fahrbericht mit dem MAN-Wandlergetriebe "Powermatic"

Der Aha-Effekt stellt sich hier schon nach wenigen Metern ein: Keinerlei Rucken, keinerlei Klacken ist vernehmbar, wenn dieser MAN TGM seine Fahrstufen wechselt. Grund dafür ist das neue "Powermatic"-Getriebe, das die Münchener jüngst in die Preislisten ihrer TGL- und TGM-Verteiler aufnahmen. Hinter der Bezeichnung steckt eine Achtgang-Wandlerautomatik von ZF, die das zuletzt in die Jahre gekommene automatisierte Getriebe (ebenfalls von ZF) ablöst. Der neue Wandler ist mit allen Motorisierungen der beiden Baureihen kombinierbar, also auch mit dem 4,6-Liter-Einstiegs-Vierzylinder des leichteren TGL. Von der Bedienung her bleibt durch den Wechsel im Maschinenraum alles beim Alten. Einfach den paddelförmigen rechten Lenkstockhebel auf "D", den Fuß dann aber besser sofort aufs Bremspedal, denn der Kriechmodus lässt den TGM wandlertypisch sofort losrollen. Einmal in Fahrt, offenbart die Powermatic ihren Quantensprung vom bisherigen Getriebe. Kein Vergleich, wie der Wandler auf Zack ist. Ein leichtes Lupfen des Gasfußes beim Beschleunigen genügt und sofort leitet das elektronische Gehirn der Schaltbox eine Hochschaltung ein. Erfordert die aktuelle Verkehrssituation volle Power, steht die im umgekehrten Fall per blitzschneller Rückstufung sofort zur Verfügung. Dabei vergisst der hydrodynamische Drehmomentwandler seine guten Manieren zu keiner Zeit, sondern wechselt über die integrierte Lamellenkupplung die Fahrstufen stets nahezu unmerklich und trotzdem in einem Tempo, an das automatisierte Schaltungen bauartbedingt nicht herankommen. In Zahlen geschehen die Gangwechsel satte 30 Prozent schneller, zumindest gibt der Hersteller ZF diesen Wert an und verspricht zusätzlich eine spürbare Verbrauchseinsparung. Sensibel steuerbar Über den rechten Lenkstock könnte man jederzeit manuell ins Schaltgeschehen eingreifen - als nötig haben wir das während unserer ersten Testfahrt aber in keiner Situation erachtet. Höchstens beim Herausbeschleunigen, beispielsweise nach Ortsdurchfahrten, könnte der Automat ab und an eine Gangstufe höher wählen und mehr auf die 1150 Newtonmeter Drehmoment vertrauen, die der D08- Sechszylinder in seiner zweitstärksten Form mit 290 Pferdestärken zur Verfügung stellt. Wobei man das im wahrsten Sinne des Wortes selbst im Fuß hat, denn wenn man das Gaspedal in solchen Situationen bewusst streichelt, erhält man diesen gewünschten Effekt - zumindest im ökonomischen "Efficiency"-Fahrprogramm, das auf niedrigste Drehzahlen gepolt ist. Ist dagegen die Nennleistung gefordert, kann man diesen per Kick-down über das Fahrpedal einfordern oder man schaltet über den Rädelschalter am rechten Lenkstockhebel auf den "Performance"-Modus um, was selbstredend nur in bestimmten Situationen geschehen sollte. Nur temporär zum Einsatz kommen dürfte wahrscheinlich auch das wählbare Offroad-Programm. Darüber hinaus hinterlegen die MAN-Ingenieure spezielle Branchenfahrmodi, beispielsweise für Notfalleinsatz-Fahrzeuge oder Abfallsammler. Damit letztere und andere Aufbauten entsprechend in Wallung kommen, bietet MAN am Getriebe angebrachte Nebenabtriebsmöglichkeiten an, wahlweise in der "Drei-Uhr"- oder in der "Elf-Uhr"-Position. Noch ein Wort zu den 290 PS unseres Testfahrzeugs. Zumindest, wenn der MAN nicht regelmäßig vor schwere Anhänger gespannt werden soll, geht dieses Leistungsangebot absolut in Ordnung. Zumindest kam während unserer Testfahrt mit vollen 18 Tonnen Gewicht zu keinem Zeitpunkt der Wunsch nach mehr Leistung auf. Im Gegenteil würden wir uns vielleicht sogar mit der 250 PS starken Einstiegseinstellung des Reihen-Sechszylinders bescheiden, wenn dafür die Powermatic an Bord wäre. Nicht im Serienumfang Anders als in der schweren Lkw-Klasse gehört die Automatik bei MAN nämlich nicht zum Serienstand. Wer das entsprechende Kreuz bei der Bestellung auslässt, bekommt seinen TGL oder TGM weiterhin mit manueller Handschaltung geliefert. Grund dafür ist laut Hersteller-Aussage das äußerst preissensible Marktumfeld, in dem sich Verteiler-Lastwagen traditionell befänden. Da dürfte die Powermatic ungeachtet ihrer Qualitäten vielen Kunden schlicht und einfach zu teuer sein. Nach unserer Meinung wäre das aber Sparen an der falschen Stelle. Denn vor allem im stressigen Verteilerverkehr sorgt die dauerhafte Ruheposition des linken Beins und der rechten Hand dafür, dass der Fahrer/die Fahrerin auffallend fitter durch den Arbeitstag kommt. Technische Daten Motor Sechszylinder-Reihenmotor, Common-Rail-Einspritzung, instufiger Turbolader, Euro 6e mit SCR-only und Partikelfilter, Hubraum: 6867 cm3, Leistung: 290 PS (213 kW) bei 2200 min, maximales Drehmoment: 1150 Nm bei 1200-1700/min, Serviceintervall: maximal 80.000 km Getriebe Wandlerautomatik-Getriebe (MAN Powermatic 08.13 OD), Hersteller: ZF; 8 Vorwärtsgänge, 1 Rückwärtsgang, Hinterachsübersetzung (Testfahrzeug): i = 4,62