Urlaubsrecht: Wenn die Erholung einfach verfällt

Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt 20 Arbeitstage, wenn an fünf Tagen die Woche gearbeitet wird, bei einer Sechstagewoche liegt der Mindestanspruch bei 24 Urlaubstagen. "Diesen muss man gewähren", so Doris-Maria Schuster, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partner der Kanzlei Gleiss Lutz. Gesetzliche Basis dafür ist das Bundesurlaubsgesetz. Arbeits- und Tarifverträge erhöhen den Mindesturlaub in der Regel. Anspruch je nach Situation Im Fall von Teilzeit kommt es darauf an, wie sich die Arbeitszeit des Mitarbeiters auf die einzelnen Werktage verteilt. Dies verdeutlicht die Arbeitsrechtlerin an einem Beispiel: Wenn ein Lkw-Fahrer an allen fünf Tagen der Arbeitswoche halbtags für das Unternehmen unterwegs ist, hat er den gleichen Anspruch an Urlaubstagen wie ein Vollzeitbeschäftigter der Fünftagewoche: der Einfachheit halber in diesem Fall 25 Tage im Jahr. Arbeitet er an drei Tagen der Fünftagewoche, hat er zwei Fünftel weniger Urlaubsanspruch, im konkreten Beispiel also zehn Tage weniger. Komplizierter wird es, wenn der Fahrer auf Abruf beschäftigt ist: In einer Woche kann er etwa fünf Tage unterwegs sein, in der nächsten drei und in der darauffolgenden vielleicht sogar gar nicht. "Dann besteht bei der Urlaubsgewährung die Schwierigkeit, wonach der Urlaub zu bemessen ist", so Schuster. Man nutze daher üblicherweise Referenzzeiträume, maßgeblich kann dann etwa das letzte halbe Jahr sein. Der Urlaub sollte zusammenhängend genommen werden und der Arbeitgeber soll mindestens zwei Wochen zusammenhängenden Urlaub gewähren. "Das sind die beiden Grundregeln, alles andere ist frei vereinbar oder wird häufig in Betriebsvereinbarungen geregelt." Mindestmaß an frei verfügbaren Tagen Das Unternehmen sollte zudem die Urlaubswünsche seiner Mitarbeiter berücksichtigen. Außerdem lässt sich nicht der gesamte Jahresurlaub als Betriebsurlaub verplanen, ein Mindestmaß an frei verfügbarem Urlaub muss gewährt werden. Die Daumenregel hier seien ebenfalls rund zwei Wochen, so Schuster. Allerdings lässt sich der Urlaub, egal ob Zeitpunkt oder Dauer, unter bestimmten Umständen auch ablehnen, oder das Unternehmen braucht den vollen Urlaub nicht zu gewähren (Paragraf 7 Bundesurlaubsgesetz). Das ist möglich, wenn diesem etwa dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. "Klassiker sind ein hoher Krankenstand oder eine aktuell hohe Zahl an Kündigungen, die nicht so schnell ausgeglichen werden können, sowie Auftragsspitzen", erklärt Schuster. Möglich ist laut der Anwältin auch, die Ruhezeit des Fahrers in seinen Urlaub zu legen, also, dass mit Stunde eins der Ruhezeit auch zugleich der Urlaub beginnt. Hinweispflichten im Blick behalten Ist der Urlaub erst einmal bewilligt, kann der Arbeitgeber ihn nicht einfach wieder streichen. "Das geht nur einvernehmlich, wenn der Mitarbeiter auch zustimmt." Nur in extremen Notfallsituationen, die nicht anders als durch Urlaubsabbruch zu regeln sind, ist keine Zustimmung nötig. Gleiche Grundsätze gelten für den Fall, dass der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter aus dem Urlaub zurückholen möchte. Wird der Mitarbeiter im Urlaub krank, so zählen diese Tage nicht zum Urlaub und stehen ihm als Urlaubsanspruch wieder zur Verfügung. Allerdings muss er sich unverzüglich beim Arbeitgeber krankmelden und ein ärztliches Attest vorweisen. Nach Ende der Krankheit sollte das Unternehmen seinen Mitarbeiter darauf hinweisen, dass dieser den Urlaub nehmen soll und wann der Urlaub zu verfallen droht, wie die Anwältin erklärt. Tut er dies nicht, erlischt der Anspruch trotz Überschreiten der Verfallsfrist erst 15 Monate nach Ende des betroffenen Kalenderjahres. Diese 15-Monats-Regel beruht auf einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs, wie die Expertin ausführt. Eine weitere wichtige Änderung ergibt sich aus einem neueren Urteil des Bundesarbeitsgerichts. Sie betrifft die Hinweispflicht des Arbeitgebers auf noch bestehende Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer im laufenden Jahr. Laut Schuster galt bislang die Bringschuld des Mitarbeiters: Wenn dieser den Urlaub nicht beantragte und nahm, verfiel er einfach. Nun muss der Unternehmer seinen Fahrer darauf hinweisen, dass noch Urlaubsansprüche bestehen, idealerweise auch, in welcher Höhe diese liegen und dass der Anspruch verfällt, wenn er ihn nicht nimmt. Unterbleibt ein solcher Hinweis, verfällt der Urlaub nicht, sondern wird auf das nächste Jahr übertragen. Wichtigste Regeln im Urlaubsrecht Der Arbeitnehmer hat grundsätzlich Anspruch, den Urlaub dann zu erhalten, wann er ihn wünscht. „Der Unternehmer muss Lage und Dauer des Urlaubs und damit die zeitlichen Wünsche des Mitarbeiters berücksichtigen“, so Rechtsanwältin Doris-Maria Schuster von der Kanzlei Gleiss Lutz. Spätestens Mitte oder gegen Ende des Jahres sollte das Unternehmen seinen Mitarbeiter darauf hinweisen, dass er noch einen offenen Urlaubsanspruch hat, dass er diese Tage bis zu einer festgelegten Frist nehmen muss, um sicherzustellen, dass sie nicht verfallen. Erteilt das Unternehmen diesen Hinweis nicht, dann führt das laut der Anwältin dazu, dass der nicht in Anspruch genommene Urlaub des Mitarbeiters am Ende der Frist nicht verfällt. Reicht der Mitarbeiter keinen Urlaub im Laufe des Kalenderjahres ein, so muss der Arbeitgeber ihn dazu noch einmal auffordern. „Oder er muss ihn im Zweifel selber festlegen“, erklärt Schuster. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die nicht in Anspruch genommenen Urlaubstage nach einer Frist verfallen. Mehr zum Thema finden Sie unter #Arbeitsrecht www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Im Transportwesen gelten die gleichen Grundsätze für den Urlaubsanspruch des Personals wie im übrigen Urlaubsrecht. Nach einem neueren Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist es wichtig, die Arbeitnehmer auf nicht genommenen Urlaub und Verfallsfristen hinzuweisen.

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