DAF-Neuheiten: Update aus den Niederlanden

Optisch setzen die erneuerten DAF auf Understatement. Lediglich zwei kleine neue Chromspangen an der Front, rechts und links über dem DAF-Logo, verraten, dass man vor einem XF, XG oder XG+ der neuesten Generation steht. Dass technisch umso größere Neuerungen passierten, offenbart sich, sobald man den neuen DAF auf die Autobahn lenkt und im Tempomaten die Reisegeschwindigkeit gesetzt hat. Genauer beim Blick auf den Drehzahlmesser, der beim VR-Tester zunächst mal für Stirnrunzeln sorgt: Ungewöhnlich niedrige 940 Touren vermeldet das digital dargestellte Rundinstrument bei Tempo 85, womit wir uns nur knapp 400 Umdrehungen pro Minute über der Leerlaufdrehzahl befinden! Eine Folge der neuen, extrem ins Lange übersetzten 2,05er-Hinterachsübersetzung, die der niederländische Hersteller nun auch für die Modelle mit normaler 70-Zoll-Bereifung anbietet. Mutiert unser, mit nicht weniger als der 530 PS starken Topmotorisierung bestückter XG+ damit etwa zum zahnlosen Tiger? Keinesfalls, beruhigen die DAF-Leute. Vielmehr sei die lange Achse, die mittels neuem Ritzel nochmals weiter auf Haltbarkeit und Effizienz getrimmt wurde, eine klare Empfehlung für den Großteil der Fernverkehrseinsätze, also auch abseits der ebenen Topografie der niederländischen Heimat. Nicht gelogen, wie wir schon nach wenigen Testkilometern bestätigen können. Der MX-13-Reihensechszylinder absolviert den extremen Drehzahlkeller ohne Probleme. Vibrationen oder unangenehme Brummgeräusche? Fehlanzeige! Stattdessen geht es in der gewohnt geräumigen XG+-Kabine gefühlt sogar nochmal leiser zu, weil eine niedrige Drehzahl eben auch eine geringere Lärmentwicklung zur Folge hat. Keine hektische Rückschaltung Auch unsere Befürchtung, dass der voll ausgeladene Sattelzug bereits an kleinsten Hügeln sein Heil in hektischen Gangrückstufungen suchen muss und zur leichten Beute für seine Artgenossen wird, werfen wir schon am ersten Berg über Bord! Im zwölften Gang stemmt das 12,9 Liter große Aggregat ab frühen 900 Touren sein maximales Drehmoment von 2700 Newtonmetern dem Berg entgegen. Erst nachdem die Nadel des Drehzahlmessers unterhalb der 900er-Marke fällt, ringt sich das ZF-Traxon-Getriebe zu einer Rückschaltung durch, bei der dann auch schon mal gleich um zwei Gänge zurückgestuft wird. Eine Folge der aufgefrischten Programmierung der automatisierten Schaltbox, bei der DAF nach eigenen Angaben bewusst auf den letzten Tropfen Dieseleinsparung verzichtet zugunsten einer besseren Fahrbarkeit. Schließlich wäre der Effekt der langen Achse schnell dahin, wenn der Fahrer/die Fahrerin genervt die Eco-Off-Taste am rechten Lenkstockhebel drückt, weil der DAF zum Verkehrshindernis mutiert - gute Entscheidung! Denn das von DAF versprochene Sparpotenzial kann sich trotzdem sehen lassen. Bis zu drei Prozent weniger Dieselkonsum sollen drin sein im Vergleich zu den keinesfalls als trinkfreudige Gesellen bekannten Vormodellen. Hohen Anteil daran haben weitere Neuerungen, die den MX-13-Motor sowie seinen um 2,1 Liter hubraumkleineren Bruder MX-11 betreffen. Von denen ist hinter dem Lenkrad nichts zu bemerken, beide Diesel entwickeln ihre altbekannte Geräuschkulisse und auch an den bestehenden Leistungseinstellungen nahmen die Entwickler keine Änderungen vor. Technische Daten Motoren MX-11: Sechszylinder-Reihenmotor, Common-Rail-Einspritzung, Turbolader, Euro 6e mit SCR-Kat, AGR und DPF, Hubraum: 10.800 cm³, Verdichtung: 19,1:1 370 (nur XF): 367 PS (270 kW) bei 1600/min; max. Drehmoment: 1800 Nm b. 900-1400/min (12. Gang: 1950 Nm b. 900-1125/min) 410 (nur XF): 408 PS (300 kW) bei 1600/min, max. Drehmoment: 2000 Nm bei 900-1400/min (12. Gang: 2150 Nm bei 900-1125/min) 450: 449 PS (330 kW) bei 1600/min; max. Drehmoment: 2200 Nm b. 900-1400/min (12. Gang: 2350 Nm b. 900-1125/min) MX-13: Sechszylinder-Reihenmotor, Common-Rail-Einspritzung, Turbolader, Euro 6e mit SCR-Kat, AGR und DPF, Hubraum: 12.900 cm³, Verdichtung: 19,1:1 430: 428 PS (315 kW) bei 1600/min; max. Drehmoment: 2150 Nm b. 900-1400/min (12. Gang: 2300 Nm b. 900-1125/min) 480: 483 PS (355 kW) bei 1600/min, max. Drehmoment: 2350 Nm b. 900-1400/min (12. Gang: 2500 Nm b. 900-1125/min) 530: 530 PS (390 kW) bei 1675/min; max. Drehmoment: 2550 Nm b. 900-1400/min (12. Gang: 2700 Nm b. 900-1125/min) Neue Miller-Ventilsteuerung Wohl allerdings am Arbeitsverfahren, das auf das sogenannte Miller-Prinzip umgestellt wurde. Dabei schließt das Einlassventil nicht wie bisher beim unteren Totpunkt, sondern etwas später, wenn sich der Kolben bereits wieder in der Aufwärtsbewegung befindet. Das verringert einerseits den Widerstand im Zylinder, weil die Verdichtung später startet, vor allem aber befindet sich so weniger Luft im Kolben. Und weniger Luft bedeutet in der Folge weniger Stickoxide im Abgas. Weshalb DAF die Rate der Energie kostenden Abgasrückführung deutlich reduzieren konnte, was zu einer weiteren Verbrauchsreduzierung beiträgt. Und dass, ohne den Anteil der Harnstoffeinspritzung zu erhöhen, wie die DAF-Leute betonen, wodurch es beim bisherigen AdBlue-Verbrauch bleiben dürfte. Die weiteren Neuerungen an den Motoren lesen sich da fast schon gewöhnlich, weil teils von anderen Herstellern bekannt. Neben neuen Turboladern oder Kurbelwellendichtungen mit niedrigerer Reibung wäre da beispielsweise die im Normalbetrieb nun per Elektromotor angetriebene Kühlmittelpumpe. Die bezieht ihren Strom aus der Bordbatterie, welche die kluge Elektronik vorzugsweise in Rollphasen wieder lädt. Erst wenn hohe Kühlleistung gefordert ist, übernimmt der leistungsfähigere Riemenantrieb. Kameras jetzt serienmäßig Bekanntermaßen großer Einfluss auf den Kraftstoffkonsum kommt einer ausgeklügelten Aerodynamik zu. Daher machten die Verantwortlichen in Eindhoven auch bei diesem Thema Nägel mit Köpfen. Ab sofort verlassen für Langstrecken konfigurierte XF-, XG- und XG+-Modelle die Fa-brik werksseitig mit einem kompletten Spoilerpaket, rollwiderstandsoptimierter Bereifung und dem bisher nur gegen Aufpreis lieferbaren kamerabasierten Spiegelersatzsystem "Digital-Vision-System". Wer die herkömmliche Bespiegelung weiterhin bevorzugt, kann diese auf Wunsch immer noch bekommen, auch wenn die DAF-Verantwortlichen dieses ausdrücklich nicht empfehlen. Ebenfalls inklusive sind die mittlerweile vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Assistenzsysteme. Neu in der DAF-Front integriert sind die beiden Kästchen für das Kurz- und Langstreckenradar, die zusammen mit der neuen Frontkamera in der Windschutzscheibe das Geschehen vor dem DAF noch genauer beobachten und im Falle eines Falles beispielsweise das automatische Abbremsen bis zum Stillstand einleiten können. Ein doppeltes Radar findet sich auch seitlich, das in Fahrtrichtung sieben Meter voraus und bis zu 30 Meter zurück schaut. Ebenfalls neu: Im Falle der Auslösung einer Kollisionswarnung oder gar Notbremsung zeichnet das Radar seine gesammelten Bilder der Situation automatisch auf. Die kann DAF auf Anfrage des Eigentümers oder von Ordnungshütern aushändigen, damit es der Aufklärung eines Unfallgeschehens dient. Neuer Aufmerksamkeitswächter Besser ist es natürlich, wenn es so weit gar nicht erst kommt. Dazu soll der neue Aufmerksamkeits-Wächter beitragen, der mit dem Langstreckenradar in der Front arbeitet. Der ins Frontlangstreckenradar integrierte Assistent beobachtet während der ersten Stunde der Lenkzeit die Spurführung des Fahrers/der Fahrerin und ermittelt auf diese Weise ein Bild von dessen oder deren Fahrstil. Je mehr sich dieser mit fortgeschrittener Lenkzeit zum Negativen verändert, desto mehr nimmt ein im Hauptdisplay sichtbarer Balken ab, bis das System schließlich eine Pause empfiehlt. Den meisten Langstreckenprofis dürfte allerdings das neue Navigationssystem mit vernetzter, lkw-spezifischer Routenführung eine willkommenere Neuheit sein. Das System ist - wie vieles mehr - Teil des Sekundärtouchscreens in der Mittelkonsole, den DAF ab sofort ebenfalls serienmäßig spendiert. Eine weitere Neuheit der aufgefrischten Niederländer, die erst auf den zweiten Blick auffällt.

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