Die Befragung mit etwas über 1000 Teilnehmern haben die Wirtschaftsuniversität Wien und Camion pro in Zusammenarbeit mit der Griffith University in Australien durchgeführt. Unter anderem waren darunter Fragen zu Arbeitsverhältnis, Lebensumfeld und Arbeitsbedingungen der Fahrer.
Arbeitgeber aus Litauen und Polen
Die überwiegend männlichen Befragten kommen mit rund 92 Prozent hauptsächlich aus der Ukraine oder Weißrussland. Rund 67 Prozent von ihnen sind bei litauischen Arbeitgebern beschäftigt, 28 Prozent bei polnischen.
Gut 70 Prozent der Befragten gaben an, dass sie pro Arbeitseinsatz acht bis zwölf Wochen oder länger am Stück von zu Hause weg sind. 95 Prozent verbringen ihre Wochenruhezeit eigenen Angabe zufolge in der Fahrerkabine des Lkw. 63 Prozent der Umfrageteilnehmer haben keine Arbeitslosenversicherung, nur rund acht Prozent haben eine Rentenversicherung.
Willkürliche Kürzung des Lohns kommt vor
63 Prozent der Befragten geben an, dass sie mehr als 800 Euro an Spesen und Diäten pro Monat erhalten. 27 Prozent bekommen kein fixes Gehalt, bei 25 Prozent der Befragten liegt das fixe Gehalt bei 400 Euro oder weniger.
Bei fast der Hälfte der Befragten basiert das Gehalt auf mündlichen Zusagen des Arbeitgebers. 34 Prozent gaben an, dass ihr Lohn oft durch willkürliche Abzüge gekürzt wird. 35 Prozent der Fahrer machen die Aussage, dass ihr Arbeitgeber ihnen gefälschte Dokumente zur Verfügung stellt.
Außerdem beschäftigte sich die Umfrage auch mit den Auswirkungen der Coronapandemie auf die Fahrer. Demnach gaben fast 60 Prozent an, weniger zu verdienen als vor der Pandemie.
Distribution der Umfrage über Social Media
Die gesamte Auswertung der Umfrage soll in eine Studie einfließen, federführend ist Wolfram Groschopf vom Institut für Transportwirtschaft der Wirtschaftsuniversität. Die Studie will die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Fahren aus Drittstaaten und von Praktiken moderner Sklaverei untersuchen. Camion pro habe die Distribution, die Lieferung informeller Kanäle übernommen und am Fragebogen mitgearbeitet, erläuterte Groschopf auf Nachfrage.
Den Link zur Umfrage teilte der Verband über Social-Media-Kanäle und in Chatrooms. Die Befragung haben die Partner in russischer Sprache angeboten. Nach einem Pretest mit kleinerer Teilnehmerzahl und Optimierung der Fragebögen erfolgte die Hauptbefragung zwischen Mai und Juli 2021. Aus dieser stellte Groschopf erste Kernergebnisse auf dem Symposium „Moderne Sklaverei in der europäischen Transportwirtschaft“ des Verbands Ende April vor.
Zu geringe Kontrollen
Auch Ismail Ertug, Mitglied des Europäischen Parlament, äußerte sich kurz auf dem Symposium zu den ersten Ergebnissen: „Dieses Problem ist nicht allein eine Problematik der Bezahlung, Bezahlung ist in den meisten Fällen das untergeordnete Problem.“ Es sei eine Problematik der Arbeitsbedingungen.
Raymon Lausberg, Hauptinspektor und Leiter der Transportgruppe der Autobahnpolizei in Battice, Belgien, berichtete aus der Kontrollpraxis der belgischen Polizei. „Stand heute mit meiner kleinen Dienststelle sind wir bei 87 Prozent Beanstandungen bei Sozialdumping. Das ist einfach nur erschreckend.“ Die Kontrollen seien zu gering. „Wenn ich sehe mit welcher Schnelligkeit auch hohe Bußgeldbeträge bezahlt werden, dann denke ich, wird es einfach in Kauf genommen, mal erwischt zu werden.“ (mwi)