Ein stark eingeschränktes Seh- oder Hörvermögen, Epilepsie, psychische Störungen oder andere Krankheiten können die Fähigkeit beeinträchtigen, ein Fahrzeug sicher zu führen. In diesen Fällen kann die Fahrerlaubnisbehörde ein ärztliches Gutachten anordnen, um einen unabhängigen Nachweis der Fahreignung zu erhalten. Der TÜV-Verband fordert jetzt Vereinfachungen, um die Erstellung der Gutachten zu beschleunigen. Das Problem: Aktuell dürfen die Begutachtungen bei bestimmten Erkrankungen nur Fachärzte mit verkehrsmedizinischer Qualifikation durchführen. Aus Sicht des TÜV-Verbands ist diese Einschränkung weder sinnvoll noch notwendig und auch aus dem europäischen Recht nicht ableitbar. "Das Verfahren für die verkehrsmedizinische Begutachtung der Fahreignung muss effizienter und weniger zeitaufwendig werden", sagt Richard Goebelt, Fachbereichsleiter Fahrzeug und Mobilität beim TÜV-Verband, im Vorfeld des 62. Deutschen Verkehrsgerichtstags. "Die bestehenden Vorgaben für die Begutachtungsverfahren sind in der Praxis für die Betroffenen oft eine Tortur." Die Beschränkung auf eine geringe Anzahl an zugelassenen Fachärzten führe zu langen Wartezeiten, großen Schwankungen bei der verkehrsmedizinischen Bewertung und häufigen Mehrfachbegutachtungen. Zeitlich und finanziell besonders belastet sind Betroffene, bei denen mehrere Erkrankungen von verschiedenen Fachärzten abgeklärt werden müssen. Aus Sicht des TÜV-Verbands sollten Ärzte der Begutachtungsstellen für Fahreignung (BfF) mit interdisziplinären Fachkenntnissen für die Begutachtung sämtlicher fahreignungsrelevanter Krankheitsbilder beauftragt werden können.
Verzögerung erhöht Risiken für Verkehrssicherheit
Aufgrund der geringen Dichte an Fachärzten mit verkehrsmedizinischer Qualifikation vergehen in vielen Fällen mehrere Monate, bis eine Begutachtung erfolgt. Während dieser Wartezeit dürfen körperlich und geistig beeinträchtigte Personen weiterhin am motorisierten Straßenverkehr teilnehmen. "Es muss den Betroffenen möglich gemacht werden, sich schnellstmöglich einer Fahreignungsuntersuchung zu unterziehen", sagt Goebelt. "Die lange Wartezeit auf einen Facharzttermin stellt sowohl für den Betroffenen selbst als auch für alle anderen Verkehrsteilnehmer ein nicht vertretbares Risiko für die Verkehrssicherheit dar."
Derzeitiges Verfahren verstärkt emotionalen und finanziellen Stress
Gibt es Zweifel an der Fahreignung, wird in der Regel ein ärztliches Gutachten angeordnet. "Die Vorstellung, den Führerschein abzugeben, ist für Betroffene eine große emotionale Stresssituation und hat meist auch finanzielle Auswirkungen", sagt Goebelt. "Ein ärztliches Gutachten über die körperliche oder geistige Eignung zur Teilnahme am Straßenverkehr sollte daher in möglichst kurzer Zeit vorliegen." Weil die Konsequenzen so gravierend sind, muss das Gutachten nachvollziehbar und verständlich sein.
Mit der Beauftragung von Ärzten der BfF wäre es möglich, allen Betroffenen einen kurzfristigen Termin zur Begutachtung ihrer Fahreignung anzubieten. Die Ärzte verfügen über ein hohes Qualifikationsniveau und eine ausgeprägte fachliche Kompetenz. Indem Befundberichte der behandelnden Fachärzte angefordert werden, wird auch zukünftig die fachärztliche Expertise in die verkehrsmedizinische Gesamtbewertung einfließen.
Die Qualität und Aussagekraft der verkehrsmedizinischen Gutachten wird durch die Tätigkeiten der Ärzte der BfF gestärkt. Die Gutachter an amtlich anerkannten Begutachtungsstellen werden durch ein Qualitätsmanagementsystem kontrolliert und dessen Einhaltung und Effizienz wird durch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) kontinuierlich überwacht. Entscheidend für die Nachvollziehbarkeit der Inhalte eines Fahreignungsgutachtens bleibt neben dem Befund die klare und eindeutige Formulierung des Begutachtungsauftrags selbst. Im Ergebnis werden nicht nur die Qualität der Gutachten, sondern auch die Transparenz und Verständlichkeit für die zuständigen Empfänger weiter verbessert.