Thesen 2014

Thesen 2014 Das Ende des Wettrüstens Die Leistungsklasse jenseits der 500 PS ist so gut wie tot. Diese sicher provokante These untermauern die LKW-Hersteller gerade mit sehr langsamen Produktanläufen im ganz schweren und starken Segment. Ausgerechnet Topgear-Motorjournalist und PS-Fetischist Jeremy Clarkson erklärte kürzlich, dass eigentlich kein Mensch PKW mit 700 oder gar 1000 PS Leistung benötige. Ein Golf GTI mit 220 PS bringt seiner Meinung nach genau so viel Spaß, zumal man dessen Potenzial auch erfahren kann, ohne auf eine Rennstrecke gehen zu müssen. Beim LKW beginnt das Kraft- und Spaßpotenzial zwar erst jenseits der 500 PS, dafür geht das Sparpotenzial dann schnell gegen null, was übrigens auch für die Stückzahlen gilt: Dank der immer früher und fülliger anliegenden Drehmomentwerte kristallisiert sich für die meisten Unternehmer die Leistungsklasse zwischen 440 und 480 PS als Optimum heraus, mittlerweile auch gern gekoppelt an kleinere Antriebsstränge mit weniger als elf Litern Hubraum. Ein weiterer Beleg für die neue Bescheidenheit ist die Tatsache, dass aus dem PS-Wettrüsten, an dem früher alle LKW-Marken teilnahmen, ein Zweikampf zwischen Scania und Volvo wurde – den allein der schwedische Staat mit immer neuen Zuggesamtgewichten unterstützt: Nach 60 und 70 Tonnen probt man aktuell den 90-Tonner, allerdings in erster Linie für die Sonderanwendung Holztransport. Wie wenig Bedeutung den LKW der Klasse über 600 PS beigemessen wird, sieht man auch an der Tatsache, dass die Hersteller ihre Topmotorisierungen zur Euro-6-Einführung zwar (fast) alle präsentierten, die Markteinführung aber verhalten verläuft. Gleiches gilt für die Schwerlastzugmaschinen, bei denen das Angebot der Ausführungen bis 250 Tonnen Gesamtzuggewicht aktuell extrem dünn ist. MAN wird erst mit dem neuen 15,6-Liter wieder ins Segment einsteigen, Mercedes den SLT erst Ende Januar vorstellen. Sonst bleiben nur Scania und Volvo. Deren 730- und 750-PS-Schwerlast-Versionen in Euro 6 laufen bislang nur als Einzelstücke und Vorserien-Kundenfahrzeuge. Dass für 400 Tonnen Gesamtzuggewicht auch der 560 PS starke Cursor 13-Motor genügt, beweist die Iveco-Tochter Astra mit einer Schwerlastzugmaschine für den Kongo: Den starken Triebwerken steht eine schwache Zukunft bevor. ❙❚■ Gregor Soller Zur Person Gregor Soller ist im Zentralressort Test + Technik für Anhänger, Aufbauten und Baufahrzeuge zuständig. Der Diplom-Designer (geboren 1972 in München) arbeitet seit 2003 als Redakteur für die VerkehrsRundschau. Ihre Meinung zur These an: gregor.soller@springer.com

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