Textildienstleister Mewa: Saubere Ideen für die letzte Meile

Von der Tanzfläche vor dem riesigen Eingangsbereich klingt Tangomusik herüber. Dutzende Menschen strömen in und aus der City Mall Berlin, einem Einkaufstempel am Leipziger Platz mit Blick auf das neoklassizistische Gebäude des Bundesrates. Wer hier shoppen geht, wird kaum vermuten, dass in der weitläufigen Tiefgarage gerade ein innovatives Projekt startet."Im Rahmen unserer Strategie zur Flotten-Dekarbonisierung und in Erwartung eventueller Verbrenner-Verbote überlegten wir schon länger, ein Pilotprojekt mit E-Antrieben auf der letzten Meile darzustellen", erläutert Kay Simon, Leiter Mobilitätskonzepte und Strategie beim Textildienstleister Mewa. Doch schnell wurde klar, dass man die Bestandskunden nicht aus dem traditionellen Standort, noch hinter dem Flughafen BER gelegen, bedienen kann. "So kamen wir auf die Idee eines City-Hub, welchen wir mit dem Lkw bedienen und aus dem heraus wir mit E-Fahrzeugen unsere Kunden beliefern." Bezahlbar und strategisch günstig In Zeiten steigender Immobilienpreise und extrem hoher Nachfrage bei Logistikflächen war es nicht einfach, bezahlbaren und dennoch strategisch günstig gelegenen Platz zu finden. Die Lösung war die Tiefgarage der City Mall Berlin, die Platz für über 1000 Pkw bietet. Direkt am Aufzug zur Versandzufahrt bot Betreiber Apcoa eine vier Pkw-Plätze umfassende Stellmöglichkeit an. Es ging letztlich um Zweckmäßigkeit und weniger um ein repräsentatives Äußeres, weshalb eine simple Einzäunung genügt. Damit steht ausreichend Platz zur Verfügung, um einen E-Vito, zwei E-Cargobikes sowie mehrere Transportcontainer abstellen zu können. "Eine Etage tiefer kommt der Lkw aus unserem Wäschereibetrieb an. Der Fahrer bringt die auf Rollcontainern gestapelte Berufskleidung via Aufzug eine Etage höher, wo sie in die Container der E-Cargobikes umgeladen wird", erklärt Kay Simon. Von da ab geht es ohne CO2-Emissionen zu den Kunden in der Innenstadt. Ergänzt wird das neue Logistikkonzept durch einen E-Vito für größere Kunden, die entsprechend höhere Mengen bekommen. "Wir haben kalkuliert, dass der Einsatz des E-Cargobikes plus des E-Vito unter dem Strich nicht teurer kommt als die bisherige Lösung mit dem konventionell angetriebenen Sprinter." Auf die Frage, warum man nicht einfach einen E-Sprinter einsetzt, hat Kay Simon ebenfalls eine Antwort: "Im Realversuch Sprinter gegen E-Cargobike kamen wir auf einen Zeitvorteil von rund 15 bis 20 Prozent zugunsten des Transportrades. Die Ursache sind die zunehmenden Staus in Berlin. Wo der Sprinter nur schwer durchkommt und selten direkt vor dem Kunden parken kann, bringt das E-Cargobike enorme Zeitvorteile." Cargobike plus Fahrer leasen Was die E-Cargobikes betrifft, setzt Mewa ebenfalls auf ein neues Konzept: "Logistik as a Service" von Bike-Hersteller ONO. Das Berliner Start-up versteht sich eigentlich als Fahrzeughersteller und hat das elektrisch angetriebene Lastenfahrrad zur Serienreife entwickelt. Inzwischen bieten die Berliner aber auch einigen Kunden die E-Cargobikes im Full-Service-Leasing inklusive Fahrer an. "Damit stoßen wir in eine Marktlücke vor, die den Kunden vom Thema Fahrermangel entlastet", erläutert Benjamin Federmann, CRO von ONO. Wie der Revenue-Officer erzählt, ist der typische Cargobike-Pilot mit dem traditionellen Kraftfahrer nicht zu vergleichen: "Unseren Fahrern geht es auch um Dinge wie Nachhaltigkeit, Spaß an der Bewegung oder planbare Einsätze. Wir bezahlen auf gleichem Niveau wie Berufskraftfahrer, womit man am Monatsende auf einen ordentlichen Verdienst bekommt." Keine Konkurrenz schaffen Um nicht in Konkurrenz mit den Mewaeigenen Fahrern zu kommen, wurden die Chauffeure zunächst befragt, welche Relationen verkehrstechnisch besonders schwierig und zeitaufwendig wären, meint Kay Simon. "Denn wir wollten auf jeden Fall vermeiden, dass es zu einer Konkurrenzsituation zwischen unserem Personal und den Fahrern von 'Logistik as a Service' kommt." Umgestellt wurden nur Kunden, bei denen die Anfahrtssituation mit dem Transporter als problematisch eingestuft wurde. So bleiben bei Mewa alle Fahrerjobs erhalten und das neue Angebot gibt es zusätzlich, betont Simon. Die bisherigen, positiven Erfahrungen in Berlin haben dazu geführt, dass künftig ONO-E-Cargobikes samt zugehörigen Fahrern auch in Hamburg eingesetzt werden. Angestrebt wird eine ähnlich pragmatische Lösung wie in der Bundeshauptstadt. Die grundsätzlichen Erwartungen hat das neue Logistik-Konzept erfüllt und kann vom Prototypen-Stadium jetzt quasi in den Regelbetrieb übergeben werden. "Trotzdem haben wir noch ein paar Hausaufgaben zu erledigen", wie Kay Simon einräumt. "Aktuell passen die kleinen Container der ONO-Bikes noch nicht in unsere bestehende Behälter-Logistik. Wir müssen also von den bei uns standardisierten Rollcontainern umladen. Zudem haben wir noch keine Lösung für unsere großen und vor allem bei Schlechtwetter schweren, weil vollgesogenen Fußmatten." Mit rund acht bis zehn Kilo und dreißig Stück addiert sich ein Gewicht von bis zu 300 Kilo. Die Nutzlast des ONO liegt aktuell bei lediglich rund 240 Kilo. Erwartungen wurden erfüllt Trotz der neuen Herausforderungen sieht Kay Simon die Erwartungen von Mewa an das Projekt als erfüllt an. "Wir sind sauber unterwegs, haben sehr guten Zuspruch von unseren Kunden, müssen keine Abstriche bei der Servicequalität machen - die 'Logistik-as-a-Service'-Fahrer wurden speziell auf die Mewa-Kunden geschult - und wir liegen bei den Kosten auf identischem Niveau, Tendenz fallend." Die gemeinsame Erfolgsgeschichte soll deshalb auch fortgesetzt und sogar noch intensiviert werden. Beide Partner planen gemeinsam bereits die nächsten Städte. Dabei stehen unter anderem erstmals auch europäische Metropolen wie Paris auf der Agenda. Mehr zum Thema finden Sie unter #GrueneLogistik www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Gemeinhin gilt der Einsatz von Elektrofahrzeugen als im Vergleich (zu) teuer. Zudem wird bezweifelt, dass Cargobikes ähnlich effizient sind wie Transporter. Textildienstleister Mewa zeigt in einem Pilotprojekt, dass beides nicht stimmt - wenn sauber geplant wird. Weg vom Diesel Das E-Cargobike ist nur einer von mehreren Schritten zu einer lokal emissionsfreien Belieferung. Aktuell beliefert noch ein dieselgetriebener Zwölftonner das City-Hub in Berlin. Der wird bis Ende des Jahres ersetzt durch einen BAX-7,5-Tonner von BPW mit Kofferaufbau. Diesen Aufbau hat Mewa - optimiert für die eigenen Bedürfnisse - anfertigen lassen. Der Vario-Koffer erlaubt schnelle Zugriffe und hohe Umschlagleistung. Zudem ist die Distribution so angepasst, dass der ursprüngliche größere Lkw durch den deutlich kleineren und kompakteren BAX ersetzt werden kann. Größere Mengen für einen Kunden verteilt aktuell noch ein ebenfalls dieselgetriebener Mercedes Sprinter. Auch da kommt künftig ein kleineres, vor allem aber ebenfalls batterieelektrisch betriebenes Fahrzeug zum Einsatz: ein Mercedes E-Vito. gg

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