Das Paul Scherrer Institut (PSI) in der Schweiz hat untersucht, wo auf der Welt Wasserstoff am kostengünstigsten produziert werden könnte. Ganz Emissionsfrei geht dies aber auch nicht, so die Forscher.
Aktuell werden weltweit rund 90 Megatonnen Wasserstoff (H2) pro Jahr produziert. Je nachdem, ob die Welt so weiter macht wie bisher oder konsequenten Klimaschutz betreibt, wird der Wasserstoffbedarf laut der Studie 2050 zwischen 111 und 614 Megatonnen pro Jahr betragen. Dabei simulierten die Forscher verschiedene Szenarien. Das günstigste Szenario geht davon aus, dass die Anzahl von sogenannten PEM-Elektrolyseuren stetig ansteigt. Mit diesen lässt sich Wasserstoff aus Strom von erneuerbaren Quellen herstellen.
Die zentrale Frage der Studie war, wo auf der Erde Wasserstoff mithilfe dieser Elektrolyseure hergestellt werden sollte. „Wir haben dazu vor allem ökonomische Kriterien angelegt“, sagt Tom Terlouw, vom Labor für Energiesystemanalysen des PSI. „Sprich, wo ist die Produktion am günstigsten?“
Kanada ist ideal
Dabei stellten sich zwei Faktoren als entscheidend heraus: Wo lässt sich der Bedarf an Ökostrom für die Elektrolyse am effizientesten decken, weil alternative Energieträger wie Wind und Sonne reichlich vorhanden sind? Und wo gibt es genügend geeignetes Land, um die zur Produktion notwendigen Anlagen aufzustellen?
Eine der besten Regionen für die künftige Wasserstoffproduktion sind zum Beispiel große Teile Kanadas: „Dort existieren viele freie Flächen, die sehr windig und daher ideal zum Aufstellen von Windturbinen sind“, sagt Terlouw. „Noch dazu gibt es viel Wasser und stabile politische Verhältnisse – zwei Kriterien, die wir jedoch in dieser Studie noch nicht näher betrachtet haben.“
Daneben spiele auch die Verfügbarkeit von Wasser für die Elektrolyse eine Rolle und ob es sich um ein Land handelt, aus dem man zuverlässig Wasserstoff importieren könne. Wenn man diese beiden Kriterien außen vor lässt, bieten auch die zentralen USA gute Bedingungen sowie Teile Australiens, der Sahara, Nordchinas und Nordwesteuropas. Entweder weil es dort viel Sonne zur Produktion von Solarstrom gibt oder viel Wind und freie Fläche zum Aufstellen von Windenergieanlagen und der Wasserstofffabriken.
Weltweiter Handel und politische Kooperation
Weniger gut zur Produktion eignen sich mitteleuropäische Industrieländer wie die Schweiz oder Deutschland, weil dort kaum verfügbare Flächen für Windräder vorhanden sind und die Sonneneinstrahlung relativ gering ist. Auch andere dicht besiedelte Regionen und Länder wie Japan oder weite Küstenabschnitte der USA und Chinas könnten nur zu vergleichsweise hohen Kosten produzieren, so das Ergebnis der Studie.
Diese Diskrepanz müsste eine Wasserstoffökonomie durch weltweiten Handel bewältigen. Dafür allerdings benötige man weitere Energie und politische Kooperation, heißt es weiter.
Klimawirkung auf Null reduzierbar?
Die Studie betrachtet weitere Nebeneffekte: Auch eine funktionierende Wasserstoffökonomie werde noch Restemissionen an Treibhausgasen produzieren, sagt Terlouw. Die Studie beziffert diese Restemissionen auf fast eine Gigatonne CO2-Äquivalenten pro Jahr. Aktuell bewegen sich die Gesamtemissionen um die 40 Gigatonnen.
„Die Klimawirkung ganz auf null zu reduzieren, wird nicht möglich sein“, bestätigt Christian Bauer Projektleiter vom Labor für Energiesystemanalysen des PSI. Das liege vor allem daran, dass auch die Produktion und Verteilung von Wasserstoff mit Emissionen einhergeht.
Zum einen geraten geschätzte 2,5 Prozent des Wasserstoffs durch Lecks und Undichtigkeiten in die Atmosphäre, wo der Wasserstoff indirekt selbst als Treibhausgas wirkt, so das PSI. Denn er fördert die Bildung von Treibhausgasen wie Methan und Ozon.
Zum anderen weisen Elektrolysesysteme sogenannte graue Emissionen auf, welche bei der Herstellung und dem Transport der benötigten Materialien anfallen, selbst wenn die fertigen Anlagen letztlich mit Ökostrom betrieben werden. „Viele Anlagen und Maschinen, die in der Wasserstoffökonomie zum Einsatz kommen, werden in Ländern hergestellt, deren Produktion auch in absehbarer Zeit noch großenteils auf fossilen Energieträgern basiert“, berichtet Terlouw.
Akzeptanz in der Bevölkerung
Außerdem stelle sich die Frage der sozialen Akzeptanz. Küstenlandschaften könnten um Beispiel von Wasserstoffproduktionsanlagen eingenommen werden. In wasserarmen Gebieten müsste das Meerwasser vor der Elektrolyse zunächst entsalzt werden, was zusätzliche Energie und Land erfordert.
„Solche Faktoren haben wir in dieser Arbeit noch nicht berücksichtigt“, räumt Christian Bauer ein. „Dazu sollen weitere Studien folgen. Wir wollen mögliche Wege der Energiewende aufzeigen. Ob und wie konsequent wir sie dann beschreiten, ist am Ende eine gesellschaftlich-politische Frage.“