Streit um den Papierkrieg

Mit der Auftaktsitzung der Mindestlohnkommission Ende Februar haben in der Koalition die Streitereien über die Aufgaben des neunköpfigen Gremiums begonnen. Nach Ansicht des arbeitsmarktpolitischen Sprechers der CDU/CSU-Fraktion, Karl Schiewerling, muss die Kommission prüfen, ob die als zu bürokratisch kritisierten Dokumentationspflichten erforderlich sind. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) widersprach: Ohne Dokumentation könne der Mindestlohn umgangen werden. Der Vorsitzende der Kommission, Hamburgs früherer Bürgermeister Henning Voscherau (SPD), legte Wert auf Neutralität. Wir sind völlig weisungsfrei. Die Kommission könnte sich auch mit der Dokumentationspflicht beschäftigen, sei allerdings in erster Linie zuständig für die Untersuchung der längerfristigen Auswirkungen des Mindestlohns. Nach dem Mindestlohngesetz müssen Arbeitgeber Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer innerhalb einer Woche aufzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre aufbewahren. Diesen Papierkrieg kritisieren viele Unternehmer. Die Dokumentationspflicht entfällt nach derzeitiger Rechtslage bei Arbeitnehmern, die mehr als 2958 Euro brutto monatlich verdienen. Die Unionsfraktion will die Entgeltschwelle auf 1900 Euro Monatsgehalt herabsetzen. Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) begrüßte diesen Vorstoß. Hauptgeschäftsführer Karlheinz Schmidt verwies im Gespräch mit der VerkehrsRundschau auf das Arbeitszeitgesetz mit einer zulässigen Arbeitszeit von 48 Stunden pro Woche. Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro begründet ein Monatsgehalt von 1632 Euro. Für Arbeitnehmer, die im Monat mehr verdienten, sei es faktisch unmöglich, den Mindestlohn zu unterschreiten. Hier dürften keine zusätzlichen Dokumentationspflichten entstehen. Auch der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) hält die Entgeltschwelle von 2958 Euro für deutlich zu hoch, wie Hauptgeschäftsführer Frank Huster in einem VerkehrsRundschau-Interview betonte. Nahles dagegen verteidigt die Obergrenze, da viele Beschäftigte, etwa in der Gastronomie oder auf den Bau, auch mit dem Mindestlohn auf ein solches Einkommen kämen. Gerade in der Saison, da werden so viele Stunden gekloppt und deswegen ist das auch eine vernünftige Grenze, sagte die Ministerin. CDU warnt vor Wettbewerbsverzerrung Der CDU-Verkehrspolitiker Oliver Wittke versprach, seine Fraktion werde mit allen Mitteln verhindern, dass es über den Mindestlohn zu einer weiteren Wettbewerbsverzerrung zulasten deutscher Fuhrunternehmen kommt. Im Übrigen sei es ein unhaltbarer Zustand, dass ausländische Unternehmen täglich über 3000 Meldungen über die Einsatzplanung von Fahrpersonal an die Bundesfinanzdirektion Köln senden. Anderseits gebe es keine nachvollziehbare Kontrollstrategie, sodass dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet sei. Zurückhaltend äußerte sich die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Kirsten Lühmann. Dokumentationspflichten habe es schon immer gegeben, betonte sie auf Anfrage der Verkehrs- Rundschau. Jetzt könnten diese Aufzeichnungen außer für die Lohnzahlungen auch für den Nachweis für die Zahlung des Mindestlohns verwendet werden. Wir werden uns dafür einsetzen, dass übermäßige Bürokratie vermieden wird. Bis April soll Nahles einen Sachstandsbericht zum Mindestlohn vorlegen, der zu Jahresbeginn in Kraft getreten war.

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