Darmstadt/Saarbrücken. Paukenschlag in der deutschen Softwarebranche: Mitten in der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise setzt die Darmstädter Software AG ihre Einkaufstour fort. Das nach SAP zweitgrößte Softwarehaus in Deutschland hat sich 48 Prozent an der Nummer drei gesichert, der IDS Scheer AG in Saarbrücken. Die restlichen Aktien wollen die wachstumshungrigen Darmstädter bis Ende des dritten Quartals übernehmen. Die Software AG lässt sich den Deal 487 Millionen Euro kosten – und holt sich 7500 neue Kunden ins Haus. Gleichzeitig wird eine wettbewerbsfähige Unternehmensgröße mit einem Jahresumsatz von über einer Milliarde Euro erreicht. „Das ist ein Zusammenschluss, der sich auf Wachstum fokussiert. Es entsteht ein Software-Powerhaus der Weltklasse mit Sitz in Deutschland“, frohlockte der Vorstandsvorsitzende der Software AG, Karl-Heinz Streibich. Den Hintergrund der Übernahme erklärt der stets adrett gekleidete Badener mit einem Blick in die Zukunft. Bisher habe jede Branche ihre eigene Anwendungssoftware besessen. In der nächsten Generation seien die Anwendungssysteme prozessorientiert und damit sowohl etwa bei Banken oder auch in der Telekommunikation einsetzbar.Dafür sei das neue Unternehmen nun bestens aufgestellt. „Wir verlängern die Wertschöpfungskette“, betont Streibich. IDS Scheer sei führend in den Bereichen Analyse und Design, die Software AG in der Implementierung. Mit IDS Scheer verstärkt sich die Software AG auf der Produktseite und in der Beratung. „Aris“, das Geschäftsprozesse-Produkt der Saarbrücker, setzt sich aus Beratungsleistung und Produkten zusammen. „Aris ist entscheidend, um mit Beratung und Software die frühe Phase der Wertschöpfungskette abzudecken“, sagt der Finanzvorstand des Darmstädter Softwareherstellers, Arnd Zinnhardt. Auch der Übernahmekandidat gibt sich zufrieden: Firmengründer August Wilhelm Scheer, der auch Vorsitzender des Branchenverbandes Bitkom ist, betont: „Gemeinsam werden Software AG und IDS Scheer AG Deutschland als IT-Standort international noch weiter voran bringen. Dabei passen die beiden Unternehmen sowohl im Produkt als auch im Beratungsbereich strategisch hervorragend zusammen.“ Es ist keine drei Jahre her, dass Streibich seine ehrgeizigen Wachstumsziele der Öffentlichkeit präsentierte. Nach einem Jahresumsatz von 483 Millionen Euro verkündete er Anfang 2007 vollmundig: Spätestens 2011 werde sein Unternehmen die Umsatzgrenze von einer Milliarde Euro knacken. Wenig später gab er die bis dahin größte Akquisition der Firmengeschichte bekannt: Die Darmstädter schluckten das amerikanische IT-Unternehmen WebMethods für rund 400 Millionen Euro. Nun wird das Umsatzziel schon 2010 erreicht, wenn der IDS-Kauf wie geplant über die Bühne geht. Den Aktionären dürfte ein Aufpreis von fast 40 Prozent auf den Schlusskurs von Montag schmecken, nur die Kartellbehörden könnten die Fusion noch stoppen. Weitere Zukäufe dieser Größenordnung planen die Darmstädter nun zunächst nicht. Schließlich sei die Mindestgröße, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, erreicht. „Eine Milliarde ist die Null-Linie, um auf der internationalen Skala bestehen zu können. Wir sind jetzt die Großen unter den Mittelgroßen und Kleinen“, sagte Streibich. Großaktionär Scheer hatte „seiner“» Konzernführung Anfang 2008 vorgeworfen, das Unternehmen nicht im Griff zu haben. Das Unternehmen war ins Wanken geraten. Dann setzte Scheer einen grundlegenden Umbau ins Werk. Im September setzte er überraschend Vorstandschef Thomas Volk vor die Tür und ersetzte ihn durch Peter Gérard, der die Märkte wenig später mit einer Gewinnwarnung schreckte. Der Neue konnte aber bereits in diesem Jahr wieder bessere Nachrichten verkünden. Das Softwareschiff war wieder auf Kurs und peilte zuletzt Zukäufe an. Nun wird IDS Scheer selbst übernommen. (dpa/sv)
Software AG will IDS Scheer schlucken
Mitten in der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise setzt die Darmstädter Software AG ihre Einkaufstour fort