Die staatlichen Hilfspakete während der Corona-Krise haben viele Unternehmen vor einer existenziellen finanziellen Schieflage gerettet. Trotzdem haben viele Unternehmen immer noch mit den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie zu kämpfen und sehen sich zudem mit den Herausforderungen der jüngsten, sich teils überlappenden Krisen konfrontiert, wie die Wirtschaftsprüfer von Schultze und Braun sowie der MTG Wirtschaftskanzlei wissen.
Neuer Stichtag 31. Oktober 2023 - Fristverlängerung bis 31. März 2024 im Einzelfall möglich
„Über drei Jahre nach dem Start der Überbrückungshilfe I steht bei vielen nach wie vor krisengebeutelten Unternehmen die Überprüfung und die mögliche Rückzahlung von gewährten Hilfen an“, sagt Stefan Schwindl, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei der MTG Wirtschaftskanzlei. „Alle Unternehmen, die Überbrückungshilfen erhalten haben, sind dazu verpflichtet, selbst aktiv zu werden. Bis zum 31. Oktober müssen sie eine Schlussabrechnung einreichen oder eine Fristverlängerung bis zum 31. März 2024 beantragen.“
Stichtage unbedingt einhalten, sonst sind Hilfen ganz zurückzuzahlen
„Auf dem Online-Portal, über das die Schlussabrechnungen eingereicht werden müssen, wird darauf hingewiesen, dass die Einreichung oder die Fristverlängerung nur noch bis zum 31. Oktober möglich ist. Nach einer ersten Fristverschiebung auf Ende August 2023 dürfte die zweite Fristverschiebung daher sehr wahrscheinlich die finale sein“, so Schwindl, der bereits zahlreiche Mandanten im Zusammenhang mit ihrer Schlussabrechnung beraten und unterstützt hat.
Wichtig ist: Die Schlussabrechnung muss zwingend von einem prüfenden Dritten abgegeben werden, also einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer. Die prüfenden Dritten sind es auch, die die Fristverlängerung bis Ende März 2024 beantragen können, die automatisiert genehmigt werden soll. Unabhängig von einer möglichen Fristverlängerung gilt jedoch: Den Stichtag 31. Oktober oder 31. März 2024 zu reißen, ist nicht ratsam. Und auch ein Aussitzen führt im Fall der Schlussabrechnung nicht dazu, dass die Rückzahlung nach dem Motto „Wo keine Schlussabrechnung, da keine Rückforderung“ entfällt. Die Hilfen sind in den beiden genannten Fällen vielmehr in voller Höhe zurückzuzahlen.
Rückzahlungen vermeiden oder die Höhe der Rückzahlung reduzieren
„Über die Angaben in der Schlussabrechnung können die Unternehmen eine Rückzahlungspflicht entweder ganz vermeiden oder zumindest die Höhe der Rückzahlung reduzieren, wenn sie Hilfen erhalten haben, aber insoweit nicht bezugsberechtigt waren“, sagt Rechtsanwältin Dr. Elske Fehl-Weileder, die bei der Kanzlei Schultze & Braun tätig ist. „Umso dringlicher ist es für Geschäftsleiter, sich mit der Schlussabrechnung so bald wie möglich zu befassen – gerade auch wegen des großen operativen und administrativen Aufwands für die Einreichung der Schlussabrechnung.“
Die Schlussabrechnung dient dazu, die ursprünglich im Antrag für die finanziellen Hilfen gemachten Angaben zu überprüfen. Da die Zeit für die Beantragung mitunter knapp gewesen ist und es schnell gehen musste, basieren diese Angaben in vielen Fällen auf Schätzungen. Anhand der Differenz zwischen den Zahlen in der Schlussabrechnung und den Angaben im Antrag bemisst sich die Höhe einer etwaigen Rückzahlung. „Es ist also wichtig, genau zu prüfen, wie die Zahlen für die Schlussabrechnung aussehen“, erläutert Schwindl. „Hinzu kommt, dass sich die Förderbedingungen der Überbrückungshilfen kontinuierlich geändert haben, was bei der Schlussabrechnung ebenfalls berücksichtigt werden muss.“
Nachweis erforderlich: War der Umsatzrückgang Corona-bedingt oder nicht?
Erhaltene finanzielle Hilfen müssen die Unternehmen auch dann zurückzahlen, wenn der Umsatzrückgang nicht durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie begründet war. Zu belegen, dass der Umsatzrückgang Corona-bedingt war, ist jedoch alles andere als einfach. Eindeutig Corona-bedingt ist der Rückgang lediglich, wenn das Unternehmen in der Pandemie schließen musste – Stichwort Lockdown.
Musste es das nicht, wird der Nachweis eines Corona-bedingten Umsatzrückgangs mitunter zu einer großen Herausforderung. Materialengpässe, der Mangel an Fachkräften oder wenn Aufträge nicht bearbeitet werden konnten, zählen nicht per se als Gründe für einen Corona-bedingten Umsatzrückgang. Zahlreiche Abgrenzungsfragen führen dazu, dass sich Unternehmer, Geschäftsleiter, aber auch Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei der Frage „War der Umsatzrückgang Corona-bedingt?“ in den Schlussabrechnungen in einem rechtlichen Bereich bewegen, zu dem es bis dato noch keine Rechtsprechung gibt.