Elektro- und Wasserstoff-Lkw: Zukunft des Transports in Deutschland?

Langsam aber sicher kommt sie in Schwung, die Nachfrage nach Elektro-Lkw. Wirft man einen Blick in die jüngste Jahresstatistik des Automobilverbands European Automobile Manufacturers' Association (ACEA), erweist sich Deutschland sogar als Haupttreiber bei den Zulassungen von batterieelektrisch angetriebenen Lkw. Ein Teil der Wahrheit ist aber auch: Wir reden von Stückzahlen, die einem Marktanteil von unter zwei Prozent entsprechen (siehe Kasten). Immerhin: Das Fahrzeugangebot abseits des E-Lkw-Marktführers Volvo steigt. Daimler Truck produziert sein Elektro-Flaggschiff eActros 600 jetzt in Serie, während MAN seine elektrische Sattelzugmaschine eTGX ebenfalls seit einigen Monaten an die ersten Kunden ausliefert. Der allererste eTGX ging im Oktober letzten Jahres übrigens über Nutzfahrzeugvermieter BFS Business Fleet Services an den Kunden Dräxlmaier, einen Batteriehersteller. Inzwischen hat BFS, einer der größten MAN-Partner, 13 eTGX im Fuhrpark. "Alle laufen bei Kunden in der Vermietung", berichtet Alexandra Stegmaier, Marketingleiterin der StegmaierGroup, zu der BFS gehört. Auch Dachser hat kürzlich zwölf MAN eTGX in Dienst gestellt, die Lowliner-Fahrzeuge kommen im Bereich der Volumentransporte zum Einsatz. Der Einsatz der ersten eTGX bei dem Logistikdienstleister erfolgte ebenfalls durch einen Vermieter, nämlich die TIP Group. "Mit der positiven Entwicklung bei den Reichweiten und dem steigenden Angebot an Lademöglichkeiten, entscheiden sich immer mehr Transportunternehmen für elektrische Maschinen", berichtet Marcus Burmeister, Commercial Excellence Manager bei der TIP Group in Deutschland. Mit der erfolgreichen Etablierung der elektrischen Sattelzugmaschinen von Volvo ziehen demnach weitere Marken in die TIP-Mietflotte ein, wie der MAN eTGX und Mercedes eActros 600. Auch intern wird bei TIP batterieelektrisch gefahren: Kürzlich wurden zwei MAN eTGX in die interne Flotte als Trailer-Shuttle integriert. 100 eActros 600 für Charterway Auch der Fernverkehrs-Lkw von Mercedes-Benz dürfte künftig öfter auf den Straßen zu sehen sein. So plant die Marke mit dem Stern in diesem Jahr die Aufnahme von mehr als 100 eActros 600 in die Mietflotte von Charterway. Seit Anfang 2025 gehört das hauseigene Mietgeschäft zum Serviceportfolio der Finanzdienstleistungstochter Daimler Truck Financial Services (DTFS), nachdem Charterway bislang als Tochter der Daimler Truck AG firmierte. Mit Charterway und DTFS wachse zusammen, was zusammengehört, sagt Florian Peterl, Geschäftsführer DTFS Deutschland. "Künftig bekommen unsere Kunden in Deutschland alles aus einer Hand - von der Tagesmiete über Leasing bis zum Mietkauf." Für die Kunden sei der interne Übergang aber folgenlos, so der Finanzierungsdienstleister: Die Mietverträge und Dienstleistungen von Charterway blieben bestehen, Services wie Versicherungen und Wartungsverträge würden nahtlos weitergeführt. Auch Scania Rent bietet eine große Auswahl an Elektro-Lkw, neben Fahrzeugen für städtische Lieferungen auch Spezialfahrzeuge wie batterieelektrische Abrollkipper. "Unsere vollelektrischen Rent-Fahrzeuge eigenen sich auch dafür, sie in der Praxis auf Herz und Nieren zu testen", sagt Jörg Seelbach, Leiter Scania Rent bei Scania Deutschland/Österreich. Optional könne ein Fahrzeug im Anschluss an die Mietdauer komplett übernommen werden. "Ohne hohe Anfangsinvestitionen können Unternehmen somit von der nachhaltigen BEV-Technologie profitieren", so Seelbach. E-Lkw-Zulassungen 2024 in Deutschland deutlich gestiegen 1035 batterieelektrisch angetriebene Lkw (BEV) über 16 Tonnen wurden 2024 in Deutschland zugelassen, was einem Plus von über 70 Prozent entspricht. Bei den insgesamt gut 60.000 in Deutschland zugelassenen Lkw ab 16 Tonnen bewegte sich der Anteil von BEV damit bei 1,7 Prozent. EU-weit wurden 2024 bei den schweren BEV 3328 Fahrzeuge zugelassen, was einem Plus von lediglich 29 Prozent entspricht. Auch bei den leichteren BEV zwischen 3,5 und 16 Tonnen spielt die Musik auf dem deutschen Markt: Mit 2378 zugelassenen Fahrzeugen (plus 52 Prozent) fährt mehr als jeder zweite leichte E-Lkw in der EU in Deutschland. Bemerkenswert: Europaweit gingen die Zulassungen in dieser Fahrzeugklasse 2024 um 21 Prozent auf 4188 Fahrzeuge zurück. Insgesamt sanken die Zulassungen von BEV in allen Lkw-Fahrzeugklassen in der EU um 4,6 Prozent. Entsprechend verharrte der europaweite Marktanteil von E-Trucks ab 3,5 Tonnen bei 2,3 Prozent. Keine Förderung mehr Apropos hohe Investitionen. Bislang sorgte das mittlerweile ausgelaufene KsNI-Programm dafür, dass ein Großteil der Mehrinvestitionen in E-Lkw aus dem Fördertopf gezahlt wurde. Noch steht trotz des neu geschaffenen finanziellen Spielraums - Stichwort: Sondervermögen - aber in den Sternen, ob und in welchem Umfang die neue Regierung den Unternehmen bei der Transformation ihrer Fuhrparks unter die Arme greifen wird. Bei TIP spielt das Auslaufen der Förderung offenbar eine geringere Rolle: "Die Stückzahl an elektrischen Sattelzugmaschinen in der TIP-Miete wächst stetig an - auch ohne die staatliche Förderung", betont Burmeister. Zudem sind die Anschaffungspreise offenbar etwas gesunken. "Man kann feststellen, dass die Hersteller sich bezüglich der Einkaufspreise bereits bewegt haben. Sicher nicht zuletzt dadurch, dass die OEM immer stärker unter Absatzdruck geraten", berichtet der TIP-Experte. Langfristig anmieten Wichtigstes Entscheidungskriterium für jeden Unternehmer seien nach wie vor die Kosten, weiß auch Burmeister: "Es muss sich rechnen." Daher biete man jedem Kunden eine umfangreiche TCO-Berechnung, unter Berücksichtigung der reellen Kosten für Strom, Diesel, Maut, Steuern und sonstigen Betriebskosten. Die Mietraten von geförderten und nicht geförderten Elektro-Lkw seien mittlerweile auf einem vergleichbaren Niveau, so Burmeister - in Abhängigkeit zur Vertragslaufzeit. "In jedem Fall lohnt es sich, langfristig anzumieten, denn die monatlichen Raten reduzieren sich bei Langzeitmietverträgen enorm." Für die Haltedauer der Fahrzeuge erwartet TIP eine Verlängerung von bisher vier Jahren auf rund sieben Jahre. H2-Lkw via Pay-Per-Use Aber nicht nur mit batterieelektrischen Lkw können Unternehmen emissionsfrei unterwegs sein. Die Nutzung von Wasserstoff-Lkw zu bezahlbaren Konditionen will Hylane ermöglichen. Bei einer nutzungsbasierten Miete im sogenannten "Pay-Per-Use-Modell" zahlen die Kunden nur für die tatsächlich gefahrenen Kilometer. Mittlerweile hat das Start-up bereits über 100 H2-Lkw in der Flotte. "Die meisten unserer Fahrzeuge sind in Deutschland im Einsatz, aber auch zunehmend darüber hinaus. Erste Fahrzeuge fahren bereits in Frankreich, den Niederlanden, Belgien und Luxemburg oder sind im grenzüberschreitenden Verkehr dorthin im Einsatz", berichtet Hylane-Gründerin und Geschäftsführerin Sara Schiffer. Hylane hat sowohl Brennstoffzellen-betriebene Sattelzugmaschinen (SZM) von Iveco als auch Motorwagen von Hyundai im Portfolio. Bei den Motorwagen könne man mittlerweile eine noch größere Variantenvielfalt anbieten - von verschiedenen Achskonfigurationen bis hin zu Anhängerbetrieb und unterschiedlichen Aufbauten. "Dadurch eröffnen sich immer breitere Einsatzmöglichkeiten, die nicht nur den regionalen Verteilerverkehr mit Kofferfahrzeugen abdecken, sondern auch zunehmend für Langstreckeneinsätze mit Wechselbrücken geeignet sind", so Schiffer. Gerade in der aktuellen wirtschaftlichen Unsicherheit steige das Interesse am Hylane-Modell. "Es gibt aktuell keinen günstigeren und gleichzeitig komfortableren Weg, Wasserstoff-Lkw zu nutzen als über unser Mietmodell", betont Schiffer. Viele Unternehmen scheuen demnach Investitionen in neue Antriebe. "Wir übernehmen Finanzierungs-, Technologie-, Ausfall- und Restwertrisiken und machen den Umstieg so risikoarm und komfortabel wie möglich", fasst sie die Vorteile zusammen.